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Stand: 29.10.2014 von Martin Vitt
Haben Sie sich einen Geldschein schon einmal genauer angesehen? Diesen sozusagen unter die Lupe genommen, nicht um die Sicherheitsmerkmale zu prüfen, sondern den Aufbau dieses "Tauschmittels" sich bewusst zu machen. Sie werden überrascht sein, dass Johann Wolfgang von Goethe das Papierstück bereits in seinem "Faust II" ausführlich behandelt hat.
Buchbesprechung: Geld und Magie von Hans C. Binswanger

Hans Christoph Binswanger, Schweizer Wirtschaftswissenschaftler und Doktorvater von Josef Ackermann (ehemals Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank) nahm sich des Themas an und beschrieb in seinem Buch "Geld und Magie" eine Deutung, wie unsere moderne Wirtschaft funktioniert, angelehnt an Goethes Faust. (Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Buch von Binswanger)

Worum geht es, was sind die Hauptthesen im Faust und was hat das alles mit Geld und Gold zu tun?

Schon Voltaire wusste, dass Papiergeld keinen Wert hat. Er schreibt: "Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück - Null." Doch was ist geschehen, als sich die Subsistenz- und Versorgungswirtschaft gewandelt hat und daraus die heutige Geld- und Erwerbswirtschaft entstanden ist?

Es macht Freude und ist erschreckend zugleich, dass bereits Goethe in seinem Drama Dinge prophetisch voraussieht und beschreibt, wie Papiergeld nur ein Schwindel ist. Er erklärt das Geldwesen als eine Fortsetzung der Alchemie mit anderen Mittel. Versuchten einst die Alchemisten aus Blei, also einem niederen Metall, mit Hilfe des Steins der Weisen Gold herzustellen, gelingt dies heute ohne aufregende Alchemistenküche.

Binswanger schreibt dazu: "Der erste Teil des Faust handelt von der ersten Aufgabe der neuzeitlichen Alchemie, der Herstellung des Trinkgoldes in der Hexenküche, von der Wiederverjüngung und der Manneskraft; es ist das Drama der Liebe. Im zweiten Teil des Faust steht die zweite Aufgabe im Vordergrund, die Herstellung des künstlichen Goldes im Sinne des Geldes, die in der Notengeldschöpfung am Kaiserhof beginnt; es ist das Drama der Wirtschaft." (Seite 14 + 15)

Dieses Drama gilt es nun, näher zu beleuchten. Dabei wird Faust II als Grundlage genommen, den alchemistischen Prozess der Geldwirtschaft zu verstehen. Binswanger vertritt eine nachvollziehbare These:"Heute wird die Alchemie als Aberglaube abgetan.... Ich behaupte etwas anderes: Die Versuche zur Herstellung des künstlichen Goldes wurden nicht deswegen aufgegeben, weil sie nichts taugten, sondern weil sich die Alchemie in anderer Form als so erfolgreich erwiesen hat, dass die mühsame Goldmacherei im Laboratorium gar nicht mehr als nötig erschien." (Seite 21)

Der Wunsch der Alchemisten ging anders in Erfüllung als wir dachten. Es ist schon bemerkenswert, dass Königshäuser ihre "echten" Alchemisten entließen, als Berater auf die Bühne der Wirtschaft auftauchten, die das Papiergeld kannten und den Herrschern die Gründung einer Bank empfohlen. Denn: "Für das eigentliche Anliegen der Alchemie im Sinne der Reichtumsvermehrung ist ja nicht entscheidend, dass tatsächlich Blei zu Gold transmutiert wird, sondern lediglich, dass sich eine wertlose Substanz in eine wertvolle verwandelt, also. z.B. Papier in Geld." (Seite 21f)

Dieser Vorgang wird wunderbar in Faust II dargestellt. Es ist eine teuflische Idee, die Mephisto durch Faust dem Kaiser vorschlägt. Ein Plan zur Papiergeldschöpfung, einen Zettel der jeder annimmt und akzeptiert und der gleichzeitig den Kaiser von allen Geldsorgen befreit. Wie funktioniert nun die Gestaltung von Reichtum aus dem Nichts? Zum einen wird erklärt, dass auf dem Grund und Boden des Reiches ja genug Gut und Gold vergraben ist. Es ist nun nicht nötig, dieses auszugraben, sondern nur zu versichern, seitens des Kaisers, dass dieses bei Bedarf sogleich zu heben sei. Dafür wird ein Zettel gefertigt, der ausweist, dass er durch die Unterschrift des Kaisers gedeckt ist. So liest denn auch der Kanzler:

"Zu wissen sei es jedem, der´s begehrt:
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
Sogleich (!) gehoben, diene zum Ersatz."
(Seite 27)

Zum anderen ist das "Blättchen" leichter als Goldmünzen. Es ist leicht im "Busen" neben dem Liebesbrief zu tragen, und der Priester und der Soldat erkennen den bequemen Besitz gerne an.

Somit wird Papiergeld, durch Unterschrift und mit einem Versprechen, das nicht zu halten ist, begründet und ausgegeben. Mit Erfolg. Somit hat der alchemistische Prozess eine neue Art der Goldgewinnung gefunden.

Doch noch ein zweiter Aspekt, vielleicht entscheidender als der Trick, aus dem Nichts Geld zu machen, wird im Faust eingehend behandelt. Es ist der Unterschied in der Bewertung des höchsten Gutes.

Bekanntlich geht Faust eine Wette mit Mephistopheles ein. Dieser Wette liegt eine Bedingung zu Grunde. Erst wenn Faust ausspricht, dass er die höchst mögliche Steigerung in seinem Leben erfährt, dann bekommt Mephistopheles seine Seele. In Faust 1 versucht es der Teufel mit dem Gefühl der Liebe. Sie ist zwar der in der Gegenwart der "höchste Augenblick", hat aber keine Dauer. Und so endet das Liebesdrama mit dem Tod von Gretchen.

Dagegen ist der zweite Versuch, eine Vision des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts zu schaffen, vielversprechend. Faust ist begeistert von der Eroberung und Bewirtschaftung eines sumpfigen Geländes, er freut sich über den Fortschritt, die Natur für sich zu bändigen und das Meer zurückzudrängen. Und nach seinem Ausspruch:

"Solch ein Gewimmel möcht ich sehn,
auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblick dürft ich sagen:
» Verweile doch, du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn «
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick."
(Seite 17)

...stirbt Faust und hat die Wette und seine Seele verloren. Weder die Liebe noch Künste konnten ihm Sinn vermitteln, nur die wirtschaftliche Tat, ein alchemistischer Prozess der Schaffung aus dem Nichts, konnte ihn beglücken.

Schaut man sich mit diesem Blick auf Goethes Faust die heutige Wirtschaft und Finanzkrise an, begreift man, wie wichtig der Goldstandard für ein funktionierendes Geldsystem ist.

Denn nur wenn ein Gegenwert vorhanden ist, können die Spekulationsblasen, von Menschen ausgelöst, die sich wie Faust fühlen und benehmen, verhindert werden. "Fiat money", das aus dem Nichts gewonnene Geld dagegen ist und bleibt ein "alchemistischer Prozess", der einem Blei als Gold verkaufen will.

Quelle: Binswanger, Hans Christoph, Geld und Magie, 3. Auflage Murmann Verlag 2009

Autor: Martin Vitt
Autor und Rheingoldexperte
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