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Stand: 18.05.2021
Zweimal in 25 Jahren ist in Deutschland im 20. Jahrhundert die Währung zusammengebrochen. Die äußeren Umstände scheinen sich auf den ersten Blick zu ähneln. Doch im Detail sind die Unterschiede groß. Währungsreformen 1923 und 1948: Ursachen, Folgen - und was wir heute daraus lernen müssen.
Währungsreform 1923 und 1948
Das Wichtigste in Kürze
  • Währungsreform 1923: Alte Strukturen quasi während des Betriebs erneuert
  • Währungsreform 1948. Echter Neustart nach "Stunde Null"
  • Nach 1948 gab es in Deutschland zwei Staaten und zwei Währungen
  • In der BRD (="Westen") die D-Mark, in der DDR (="Osten) die Ostmark
Lies hier:

Definition: Was heißt "Währungsreform"?

Wird per Gesetz das Geldwesen eines Staates neu geordnet, dann spricht man von einer Währungsreform. Meist trägt die neue Währung dann auch einen neuen Namen. Werden dagegen nur die Preise zu einem neuen Kurs umgerechnet, dann spricht man auch von einer Währungsumstellung.

Die Gründe können vielfältig sein. Meist sind einschneidende politische Entwicklungen die Ursache. Die Umrechnung ist umfassend, sie gilt also gleichermaßen für Guthaben wie Schulden, für Bargeld wie Bankeinlagen.

Währungsreform 1923

Schon 1921 hatte die kriegsbedingte Inflation Fahrt aufgenommen, als im Londoner Ultimatum die Höhe der alliierten Reparationsforderungen festgesetzt wurden. Spätestens ab 1922 – da wurde der Reichsbank von den Alliierten erheblich mehr Eigenständigkeit zugestanden – hätte zumindest der Versuch unternommen werden können, die Dinge unter der Vorgabe der Schadensbegrenzung anzugehen. Aber die Notenpresse lief auf Hochtouren.

Hyperinflation

Ab Mitte 1923 kam es zu einer bis heute in Ihrem Ausmaß einmaligen Hyperinflation in einem entwickelten Staat. Die Reichsbank fuhr die Notenausgabe hemmungslos hoch, bis man wortwörtlich mit dem Drucken der Geldscheine nicht mehr hinterher kam. Diese grotesken Auswüchse zwangen zum Handeln. Havenstein, Präsident der Reichsbank seit 1908, starb Ende 1923. Er hatte mehr oder minder tatenlos zugesehen wie sich die Inflation aufbaute und sich selbst auf eine Position des „Befehlsempfängers“ zurück gezogen.

Beeinflusst wurde die folgende Reform durch die Tatsache, dass es sich bei der Reichsbank um ein privates, auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen handelte. Ein nicht unerheblicher Teil der Anteile befand sich in ausländischer Hand. Die Gewinne flossen zur Hälfte den Anteilseignern zu. Bei einer derartigen Interessenlage war an einen kompletten Neuanfang „in neuer Besetzung“ nicht zu denken. Es ging um Wiederherstellung des Zustandes vor dem Krieg. Was der Mark ja vor allem fehlte, war Vertrauen. Das Vertrauen der Konsumenten genau so wie das der Investoren. Letzten Endes hatten aber auch die Reichsbankeigner und die (Reparations-) Zahlungsempfänger ein Interesse daran, dass "es" in Deutschland einigermaßen funktionierte.

Nach Überlegungen unter anderem zu Regionalwährungen oder der Deckung durch Getreide, verfiel man auf deutscher Seite schließlich auf einen sehr kreativen Plan, wie die Währungsreform durchgeführt werden sollte. Eine Binnenwährung sollte in einem ersten Schritt die Preisinflation im Inland stoppen. Die Aufgabenstellung war:

  • Beseitigung der völlig „pulverisierten“ Währung (Mark) und
  • die Installation eines funktionsfähigen Geldwesens.

Die Idee der "Rentenmark" war geboren.

100 Billionen Mark 1924: 100 Billionen Mark entsprachen 100 Rentenmark
100 Rentenmark 100 Rentenmark

Rentenmark

Mehr oder weniger aus psychologischen Gründen sollte zunächst eine Ersatzwährung her, die ausschließlich für den Binnenmarkt gedacht war. Man „erfand“ somit die Rentenmark. Diese sollte die Geldmenge kontrahieren, die Preise stabilisieren und die Basis für eine neue Währung bereiten. Am 15. Oktober 1923 wurde die Deutsche Rentenbank gegründet. Die materielle Deckung stellte (mangels Gold) eine Grundschuld auf den gewerblich und landwirtschaftlich genutzten Boden des Reiches dar. Objektiv gesehen natürlich eine völlig sinnlose Deckung, denn eine Auszahlung war schlicht unmöglich. Aber es war eine feste Größe. Eine Ausweitung der Geldmenge war nicht möglich. Darauf kam es an.

Das durch diese Grundschuld gedeckte Grundkapital belief sich auf 3,2 Milliarden sogenannte Rentenmark, die durch Schuldverschreibungen zu einem Zinssatz von 6 % ausgedruckt wurden. Auf dieser Basis dieser Grundschuld stellte die Rentenbank Rentenbriefe aus, die wiederum auf Goldmark (nicht zu verwechseln mit der "Goldmark Goldmünze") lauteten. Auch hier dürfte die Psychologie eine erhebliche Rolle gespielt haben, denn diese Goldmark stellte eine mehr oder minder hypothetische Größe dar.

Durch die Belastung der Wirtschaft in exakt der Höhe, welche als neue Recheneinheit benutzt wurde, entsprach die Geldmenge wieder der Wirtschaftsleistung. Die Rentenbriefe konnten als „Deckung“ für die Geldschöpfung verwendet werden und die Rentenbank gab darauf fußend Rentenbankscheine heraus, die auf Rentenmark lauteten. Diese Währung wurde am 15. November 1923 eingeführt. Die Rentenmark war nicht das gesetzliche Zahlungsmittel, wurde aber allseits und eben auch von staatlichen Stellen und Banken, akzeptiert. Sie verbreitete sich im Handumdrehen.

Ruhrbesetzung, passiver Widerstand, überall aufflammende Aufstände (Hitlers Putschversuch fällt in diese Zeit), völlige Knebelung durch den Friedensvertrag – innen- wie außenpolitisch war das Reich in einer höchst prekären Lage. Allein mit der Gründung der Rentenbank und dem fantasievollen Deckungskonstrukt war es nicht getan. Die Rentenmark musste die Wirtschaftslage stabilisieren, für ein normales Preisgefüge sorgen – und sollte am Ende eine Rückkehr der Reichsbank als Notenbank ermöglichen.

Hjalmar Schacht, mittlerweile Präsident der Reichsbank, und Hans Luther (zu diesem Zeitpunkt Finanzminister) setzten einen heutzutage unfassbar harten Sparkurs der Reichsbank durch. Die Reichsbank legte die Notenpresse völlig still. Sie diskontierte keine Reichsschuldtitel mehr. Die Geldvermehrung wurde gestoppt. Diese und weitere, ebenso drastische, wirtschaftspolitische Maßnahmen führten zu einer raschen Normalisierung des Wirtschaftslebens. Die innenpolitische Lage beruhigte sich ebenfalls. Das „Wunder der Rentenmark“ fand statt.

Die Rentenmark, die Goldmark (die Rentenbriefe lauteten auf Goldmark) und die Mark (in der „alten“ Papierform); schließlich die Reichsmark. Ein wirrer Stammbaum zum Teil gleichzeitig existierender Währungen. Das ist ein Ausdruck für den Zeitdruck unter dem man damals stand. Hier noch einmal die Eckpunkte:

Die Rentenmark wurde auf den historischen Gegenwert von 0,35842 Gramm Feingold festgelegt (wie ehemals die Goldmark). Der Dollar lag zuletzt bei 4,2 Billionen Mark Wechselkurs. Per Verordnung (und aus dem Bauch heraus, wie Schacht es später schreibt) galt ein Umtauschkurs von 1 Rentenmark gleich 1 Billion Mark. Das führte zu dem klassischen Vorkriegsverhältnis von 1 US-Dollar = 4,2 (Renten-) Mark. Letzteres war allerdings ein theoretischer Wert: die Rentenmark durfte nicht ins Ausland, nicht einmal an Ausländer abgegeben werden.

Reichsmark

Das Bankgesetz vom 30. August 1924 regelte das Währungssystem mit der Einführung der Reichsmark endgültig. 1 Reichsmark entsprach 1 Rentenmark. Die Reichsbank war wieder die Notenbank des Reiches. Sie stand allerdings unter gewisser Aufsicht: ein Teil des Direktoriums bestand aus Vertretern der Siegermächte. Für den internationalen Zahlungsverkehr wurde später die Golddiskontbank als Tochter der Reichsbank gegründet und sogar mit dem Privileg der Notenausgabe ausgestattet (das sie aber nie wahrgenommen hat).

Obwohl 1925 der Umtausch in Reichsmarkscheine abgeschlossen sein sollte, liefen vor allem Rentenmarkscheine noch für viele Jahre um. Die Reichsbank selber gab noch lange Rentenmarkscheine aus, weil sie nicht alle Rentenbankkredite wie geplant tilgen konnte.

1923: Gewinner und Verlierer

Verlierer waren im weitesten Sinne alle Gläubiger, sowie diejenigen, die regelmäßig fixe Geldeinkünfte bezogen. Also Arbeiter, Angestellte, Beamte oder Pensionäre, sofern die Geldbezüge nicht im selben Schritt angepasst wurden. Das Geld, das sie bekamen, wurde immer schneller immer weniger wert. Aus demselben Grund zählten auch Sparer, Vermieter und Halter von zuvor erworbenen Staatsanleihen zu den Verlierern.

Gewinner waren alle, die Schulden hatten oder Schulden machten um Sachwerte damit zu kaufen. Schulden wurden zurückgezahlt mit Geld, das weniger wert war. Ganze Firmenimperien entstanden so, wie namentlich das von Hugo Stinnes. Besitzer von Sachwerten zählten ganz allgemein zu den Gewinnern. Vor allem war aber der Staat der große Gewinner. Die durch den 1. Weltkrieg aufgelaufenen Schulden des Kaiserreichs konnten zum Spottpreis getilgt werden.

Die Währungsreform 1923/24 blieb nicht nur wegen des „Wunders der Rentenmark“ im kollektiven Gedächtnis. Auch die Geschichten märchenhafter Gewinne und totaler Vermögensverluste blieb den Deutschen (und nicht nur ihnen) in Erinnerung. Bis zu einem Präzedenzfall-Urteil vom 28. November 1923 in Leipzig hielt man nämlich strikt am Nominal-Prinzip fest: Mark ist Mark. Vorkriegsschulden (Hypotheken, Gewerbeschulden etc.) konnten also 1:1 mit den bereits tüchtig abgewerteten Mark-Scheinen getilgt werden. Die Staatsschulden wurden so praktisch in nichts aufgelöst, die einfachen Sparer faktisch enteignet. Als die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hatte, waren die Ersparnisse zahlloser Familien vernichtet. Die Inlandsschulden des Reiches auch: Insgesamt hatte der Kaiser Anleihen in Höhe von 164 Milliarden Mark emittieren lassen. Jetzt waren das 16,4 Pfennige.

Die Währungsreform 1923/24 war eine „Operation am offenen Herzen“ und bei „laufendem Betrieb“. Niemand wusste, was geschehen würde – aber der mit heißer Nadel gestrickte Plan ging auf. Die stabilisierte Reichsmark auf der Basis einer 40%igen Gold-/Devisendeckung (d. h. als Gold-Deckung war nicht nur physisches Gold, sondern auch auf Gold lautende Devisen möglich) war von großer Bedeutung für einen wirtschaftlichen Aufschwung, der allerdings wenige Jahre später durch die Weltwirtschaftskrise erneut in sich zusammenfiel.

Währungsreform 1948

Nach dem 2. Weltkrieg sah die Lage im Vergleich zu 1923 nur auf den ersten Blick ähnlich aus. Es gab aber nun überhaupt keinen handlungsfähigen deutschen Staat mehr. Diesmal ist gar kein „Patient“ mehr da, den man hätte „operieren“ können. Von einem Wiederaufbau der staatlichen Strukturen konnte keine Rede sein. Der fast nahtlos nach Beendigung des „heißen“ heraufziehende „Kalte Krieg“ rückte eine gesamtstaatliche Lösung für Deutschland schließlich für Jahrzehnte in weite Ferne.

Das internationale Währungsgefüge war bereits 1944 mit dem „Bretton Woods“ Abkommen völlig neu aufgestellt worden. Der Dollar wurde zum Anker, um den herum die beteiligten Währungen mit festen Wechselkursen etabliert waren. Nach dem Zerfall der Vier-Mächte-Regierung formierten sich die Macht-Blöcke der Welt neu. Und die Grenze führte mitten durch Deutschland. In dieser Situation wollten die westlichen Siegermächte (v. a. die USA) keine Weimarer Verhältnisse schaffen. Ein ausschließlich gedemütigtes Deutschland gäbe einen schlechten Verbündeten ab. Plötzlich hatte man es eilig.

Währungsreform im Westen

Am 5. Juni 1947 präsentiert der amerikanische Außenminister George C. Marshall das European Recovery Program, das als „Marshall-Plan“ bekannt wurde. Im Grunde ein gigantisches Wiederaufbau-Programm für ganz Westeuropa. Damit wuchs auch in den besetzten Zonen die Notwendigkeit administrativer und exekutiver Strukturen in einem Umfang, der von den (Militär-)Regierungen nicht mehr geleistet werden konnte. 

Am 23. Juli 1947 beschloss die britische und amerikanische Militärregierung eine „Sonderstelle Geld und Kredit“ einzurichten, um deutsche Experten hinzuziehen zu können. Vorsitzender wurde Ludwig Erhard, der „Vater des Wirtschaftswunders“. Die Sonderstelle sollte sich insbesondere mit diesen Fragen beschäftigen:

  • die Beseitigung des Geldüberschusses
  • der günstigste Zeitpunkt für den Währungsschnitt
  • die allgemeinen Voraussetzungen der Geldreform
  • die geplante Finanzreform und im Zusammenhang damit der Besitz- und Lastenausgleich
  • das Problem der Schuldenregelung und die Planung einer Kreditpolitik
  • die künftige Entwicklung der öffentlichen Haushaltspolitik

Natürlich unterstand die Sonderstelle zu diesem Zeitpunkt den Militärregierungen und Erhard wurde von diesen auch ernannt. Das machte ihn im Gremium selbst unabhängig, weil er eben nicht von den Mitgliedern gewählt wurde. Im März 1948 kam von den Amerikanern der Dodge-Colm-Goldsmith-Plan auf den Tisch, der in weiten Teilen Erhards Vorschläge aufgriff und die meisten Parameter der kommenden Reform schon umreißt. 

Der Name (Deutsche Mark) wird hier vorgeschlagen, aber auch technische Details: die prinzipielle Umstellung aller Forderungen im Verhältnis 10:1 („Forderungen“ beinhaltet auch das umlaufende Bargeld); die Annullierung der Reichsschuldtitel (für Banken und Versicherungen wurden zunächst teilweise reduzierte neue Reichsschuldtitel ausgegeben). Preise, Löhne und Mieten sollten 1:1 umgewandelt werden.

Erhard war klar, dass die neue Währung auch einen „güterwirtschaftlichen Unterbau“ benötigen würde, weil „wenn man für das neue Geld nichts kaufen kann, dann ist die neue Währung unhaltbar“ (so äußerte er sich gegenüber dem US-Währungsreform Experten Tennenbaum).

Die institutionelle Voraussetzung für die Währungsreform geschah durch die Errichtung der Bank deutscher Länder (BdL) als „Bank der Landeszentralbanken“ am 1.3.1948 durch gleichlautende Gesetze der amerikanischen und britischen Militärregierung. Mit dem Militärgesetz Nr.60 erhielt die BdL das Recht zur Notenausgabe.

Im April 1948 legte die Sonderstelle den „Homburger Plan“ vor. Erhard war seit Ende März auf den Posten des Direktors der „Verwaltung für Wirtschaft“ berufen worden, der Plan trägt aber mehr als deutlich seine Handschrift. Im Homburger Plan wurde die „Roadmap“ der Währungsumstellung vorgestellt und weitere Details angesprochen. Am 20. April kam es dann zum kuriosen „Konklave von Rothwesten“. Die Amerikaner brachten die Mitglieder der Sonderstelle in einem Bus mit undurchsichtigen Scheiben (wegen des großen öffentlichen Interesses) nach Rothwesten, wo sie für 49 Tage abgeschirmt waren um die tatsächlichen, realen Schritte für die Reform zu organisieren. In einigen Teilen folgten die Alliierten den deutschen Vorschlägen nicht – möglicherweise um zu unterstreichen, dass das Gremium der Sonderstelle keine exekutive Gewalt besitzt. Verzichten konnten sie mangels eigener Experten vor Ort auf die deutschen Fachleute nicht.

Etwa zeitgleich wurde deutlich, dass sich all diese Anstrengungen wohl kaum auf alle vier Besatzungszonen würden anwenden lassen. Die Sowjetunion war offenbar an keiner weiteren Zusammenarbeit interessiert – auf jeden Fall an keiner unter amerikanischer Federführung. Fragen der Reichsschuld, zum Volksvermögen, zur Produktivität, zur Konsumgüterherstellung wurden von da an nur noch auf die drei Westzonen bezogen.

Schon am 20. Juni 1948 wurde das erste Währungsreformgesetz in Kraft gesetzt. Damit wurde die D-Mark für die Westzonen das neue Zahlungsmittel. Die amerikanische Besatzungsmacht brachte Banknoten im Nennwert von 5,7 Mrd. DM in den Verkehr (die in den USA schon ab Herbst des vergangenen Jahres gedruckt worden waren). Es gab für jeden Bürger 60 DM „Kopfgeld“, wovon 40 DM sofort ausgezahlt wurden. Die Unternehmen erhielten 60 DM als „Geschäftsbetrag“ pro Arbeitnehmer. Das Altgeld wurde mit dem Verhältnis 100 zu 6,5 umgetauscht. Die meisten privaten Reichsmarkverbindlichkeiten wurden im Verhältnis von 10:1 in D-Mark gewandelt. Insgesamt wurden 93,5 % des alten Reichsmarkvolumens aus dem Verkehr gezogen.

Das neu eingeführte Geld wurde von der Bevölkerung sofort angenommen. Es trat der sogenannte „Schaufenster-Effekt“ ein, in dessen Folge der Schwarzmarkt praktisch im Handumdrehen verschwand und gehortete Waren wanderten über Nacht zum Verkauf in die Läden. Damit wurde (weitgehend) Erhards Wirtschaftspolitik durch einen ersten Erfolg gekrönt.

Natürlich gab es auch Schattenseiten. Besitzer von Sachwerten wurden begünstigt, während die Reform Geldwertbesitzer praktisch enteignete. Nicht nur wegen der „Streichung“ von Guthaben an sich, sondern vor allem auch, weil Bodenbesitz, Eigentum von Produktionsmitteln und Waren ja von der Neuordnung unberührt geblieben waren. Beteuert wurde denn auch von Anfang an quer durch alle Parteien, dass ein gerechter Lastenausgleich um diese Schieflage abzuschwächen zu den dringlichsten Aufgaben gehöre. Es dauerte aber noch. 1952 trat in der Bundesrepublik Deutschland das Lastenausgleichsgesetz in Kraft. Damit wurden, vor allem durch Abgaben auf Grund- und Immobilienbesitz, Aufbaudarlehen für Ausgebombte, Siedlungshilfe für Flüchtlinge und Investitionshilfen zur Existenzgründung ermöglicht.

Währungsreform im Osten

Schon seit einiger Zeit war das Verhältnis der Siegermächte nicht mehr gut. Die Sowjetunion kündigte praktisch die Zusammenarbeit auf. Frankreich hätte zunächst Deutschland am liebsten gedemütigt wie nach dem ersten Weltkrieg, aber die Briten und vor allem die USA dachten pragmatischer. Als die Gräben zwischen den Vier-Mächten immer tiefer wurden, begann in der Bi-Zone (unter Militärregierung GBs und den USA) mit Hochdruck die Arbeit an einer wirtschaftlichen Gesundung Westeuropas. Das Bretton-Woods-System zementierte die geldpolitische Hegemonie des Dollars und die Dollar-Hilfen, die im Rahmen des Marshall-Planes auch an Großbritannien und Frankreich flossen, machten Frankreich abhängig und so schlossen sich die Franzosen bald den anglo-amerikanischen Plänen an.

Das Misstrauen gegenüber der Sowjetunion wurde geschürt, als die darauf bestand, in ihrer Besatzungszone eigene Banknoten auszugeben. Daraufhin setzte man die Währungsreform, an der ja schon seit 1946 gebastelt wurde, in der sogenannten Tri-Zone schnell in Gang. Und die Sowjetunion zog nur Tage später mit einer eigenen Währung für ihre Besatzungszone nach. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) erließ eine Anordnung aufgrund derer vom 24. bis 28. Juni in der Sowjetischen Besatzungszone ebenfalls eine Währungsreform durchgeführt wurde. Zu deren Vorbereitung gab es keine Expertenkommission und keine deutsche Beteiligung. Man orientierte sich in weiten Teilen am Procedere der Westzonen: Das gesamte Bargeld, sowie Sichtguthaben auf Girokonten wurde im Verhältnis 10:1 auf Deutsche Mark Ost (später (1957) Mark der DDR) umgestellt. Davon konnten (ähnlich wie im Westen das „Kopfgeld“) 70 Reichsmark 1:1 in die neue DM-Ost (umgangssprachlich auch Ostmark) getauscht werden. Spareinlagen bis 100 Reichsmark wurden 1:1, bis 1.000 Reichsmark 5:1, darüber 10:1 getauscht.

Zunächst erhielten die alten Reichsmarkscheine einfach einen Aufkleber (man hatte noch keine neuen Noten gedruckt); erst Ende Juli kamen die neuen Scheine der Deutschen Notenbank als DM-Ost in Umlauf. Das Wirtschaftswunder blieb jedoch aus. Lebensmittel blieben rationalisiert, der Schwarzmarkt trocknete nicht aus. Die Sowjetunion beschränkte sich wirtschaftlich zunächst vor allem auf das Demontieren. Die Voraussetzungen einer Genesung waren erheblich schlechter als in der Tri-Zone. Nur eine Neuordnung des Geldwesens bringt, das mussten die Menschen in der „Ostzone“ erleben, nicht zwangsläufig eine Verbesserung des Lebensstandards.

1948: Gewinner und Verlierer

Hier ist die Einschätzung nicht so einfach. Denn es muss unterschieden werden zwischen der Westzone und dem Osten; zudem hatte man von 1923 gelernt. Grundsätzlich galten aber die Schulden des 3. Reichs als erloschen.

Für die Westzone kann man zunächst festhalten, dass generell Besitzer von Sachwerten begünstigt waren, Sparer dagegen verloren. Allerdings relativiert sich der Verlust, da kurz danach das "deutsche Wirtschaftswunder" einsetzte und es für alle bergauf ging. Bereits 1950 lag das reale Einkommen eines durchschnittlichen Arbeiterhaushaltes über Vorkriegsniveau. Zudem wurden im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes bald auch Vermögende, also auch Immobilienbesitzer, zur Kasse gebeten.

Für die sowjetische Besatzungszone muss man festhalten, dass hier sowieso eine politisch gewollte Umgestaltung der alten Besitz- und Vermögensverhältnisse vollzogen wurde.

Währungsreformen 1923 und 1948: Unterschiede

1923/24 wurde quasi im „laufenden Betrieb“ an der neuerlichen Etablierung der alten Strukturen gearbeitet. Natürlich auch im Interesse der privaten und auf Gewinn ausgerichteten Reichsbank. Die Regelungen finden sich in verschiedenen Gesetzen und Bestimmungen über Monate verteilt.

1948 lief kein „Betrieb“ mehr. Eine neuerliche Einsetzung der Reichsbank als Notenbank eines deutschen Staates schien angesichts der Rolle der zuletzt während der Hitler Diktatur quasi verstaatlichten Bank undenkbar. Die Reichsmark war endgültig tot. Es wurde ein neues System geschaffen. Eines, das kompatibel zum Bretton-Woods-System sein sollte. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zur Währungsreform 1923 bestand darin, dass nach der "Stunde Null" zwei getrennte Reformen des Geldwesens stattfanden. Dies war Ausdruck für das Auseinanderdriften der Siegermächte nach dem 2. Weltkrieg. Die Trennung in zwei Wirtschaftsräume war der erste Schritt zur politischen Aufteilung Deutschlands in zwei Staaten auf deutschem Boden.

Fazit

Manche Währungen gibt es schon seit Ewigkeiten, wie den Dollar oder das Pfund Sterling. Andere Währungen halten kaum eine Generation. Bei den Währungsreformen 1923/24 sowie 1948 in Deutschland war beide Male ein verlorener Krieg voraus gegangen. Dies ist ein wichtiger Faktor. Inflation ensteht ja nicht nur durch die Ausweitung der Geldmenge, sondern auch durch ein schrumpfendes Warenangebot. Beides war in den Kriegszeiten zu beobachten. Die Finanzierung der beiden Kriege erfolgte über Verschuldung (= Ausweitung der Geldmenge). Die Produktion wurde umgestellt auf kriegswichtige Güter, zudem fand, vor allem im 2. Weltkrieg, eine gigantische Vernichtung von Waren, Gegenständen und Ressourcen statt. Die Bedeutung von Geld, also die freie Preisbildung, wurde in weiten Teilen außer Kraft gesetzt, indem wichtige Güter wie etwa Lebensmittel nur gegen Bezugsscheine erhältlich waren. Weiter kommt hinzu, dass in unsicheren Zeiten mit hoher Inflation sowieso eine Tendenz zum Horten von Waren besteht.

Und so sind sich Historiker in weiten Teilen einig, dass beide Währungsumstellungen ein Erfolg waren. Beide Male gelang es den Karren aus dem Dreck zu ziehen, in welchen die Kriegstreiber zuvor reingefahren waren. 1948 (West) gilt gemeinhin als Startschuss für das (westdeutsche) "Wirtschaftswunder". Auch 1924 erfolgte mit der neuen Währung ein deutlicher Aufschwung in die "goldenen 20er Jahre". Dass dieser Aufschwung 1929 ein jähes Ende fand, dafür gibt es andere Gründe.

Natürlich gab es bei diesen Währungsreformen Gewinner und Verlierer. Was die Enteignung von Sparguthaben angeht, so muss man aber relativieren. Denn dieser Prozess hatte bereits Jahre zuvor mit den jeweiligen Kriegen eingesetzt. Die Währungsreformen waren somit nur der letzte Punkt einer langen Entwicklung. Schon in den Jahren zuvor "kaufte" Geld nur noch schlecht oder gar nicht mehr. Die Währungsreformen waren also nötig als "Reset"-Button hin zu einer wieder funktionierenden Marktwirtschaft.

Nun wiederholt sich Geschichte nicht. Sie gibt uns nur den Auftrag, daraus für die Zukunft zu lernen.


Quellen
  • Gesamtverzeichnis zum Bundes- und Reichsgesetzblatt
  • Dehlinger, Dr.; Systematische Übersicht über 76 Jahrgänge Reichsgesetzblatt (1867 - 1942), Kohlhammer Verlag (1943)
  • Stephen Zarlenga - Der Mythos vom Geld
  • Akten der Reichskanzlei; Währungsfrage; Kabinettssitzung 10. September 1923; Bundesarchiv
  • Blaich, Der Schwarze Freitag. Inflation und Wirtschaftskrise, München 3. Auflage 1994.
  • Krohn, Stabilisierung und ökonomische Interessen. Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches 1923-1927
  • Netzband/Widmaier, Währungs- und Finanzpolitik der Ära Luther 1923-1925, Basel/Tübingen 1964.
  • Stucken, Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914 bis 1963, Tübingen 1964.
  • Deutsches Historisches Museum: Währungsreform
  • Staatliche Münzsammlung München: Münzlexikon (u. a. Papiermark, Reichsmark, Rentenmark)
  • Braun, Währungsreform, 1923/24, in: Historisches Lexikon Bayerns (10.06.2016)
  • Grau, Andreas/Haunhorst, Regina/Würz, Markus: Marshall-Plan und Währungsreform, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
  • Bundeszentrale für politische Bildung; Informationen zur politischen Bildung
  • Handbuch für Sozialkunde (Bd. 1); Duncker&Humblot 1956
  • Hetzel, Robert L.; German Monetary History in the First Half of the Twentieth Century
  • Bundesbank; Fünfzig Jahre Deutsche Mark (Beck, 1998)
  • Informationen zur politischen Bildung Nr. 256 "Deutschland in den fünfziger Jahren"
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von Willi-Krueppel | 02.09.2022, 12:36 Uhr Antworten

Warum wird nicht näher erläutert welche Aktien man im Depot haben sollte? Warum werden nicht die Branchen oder Aktiengesellschaften genannt die sich im Aufschwung ( sagen wir in den folgenden 2 Jahren) nach dem Tiefpunkt wieder gut erholt haben?

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Stand: 12:05:15 Uhr