Gold: 2.233,64 € -0,06 %
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Stand: 03.01.2023 von Hannes Zipfel
Der Goldpreis startet positiv in ein Jahr, das wie kein anderes in den letzten Dekaden zahlreiche Unwägbarkeiten bereithält: Krieg, Sanktionsspirale, Inflation, Deglobalisierung, Zins- und Liquiditätsschock, die hoffentlich letzte massive Corona-Welle in China einhergehend mit einer hohen Rezessionswahrscheinlichkeit in vielen Volkswirtschaften.
2023: „In Gold am besten aufgehoben“

Für ein solches Umfeld multipler Risiken ist eine Anlage in Gold als Krisenschutz erfahrungsgemäß prädestiniert.

In der ersten Börsenwoche des neuen Jahres stehen bereits wichtige Datenveröffentlichungen auf dem Kalender, die für Edelmetallanleger beachtenswert sind:

  • Montag: Einkaufsmanagerindex Deutschland verarbeitendes Gewerbe (Dez.: 47,1 | Nov.: 46,2)
  • Dienstag: Verbraucherpreisanstieg (VPI) Deutschland Dezember ggü. Vorjahresmonat (akt.: 8,6 % | Nov. 10,0 %)
  • Mittwoch: Einkaufsmanagerindex Deutschland Dienstleistungen (Dez.: 49,0 | Nov.: 46,1), Sitzungsprotokoll der letzten US-Notenbanksitzung v. 14. Dez. 2022 („Fed-Minutes“)
  • Donnerstag: US-Rohöllagerbestände KW 52 2022 in Mio. Barrel (e: -1,52 | KW 51: 0,718), US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (e: 230k | KW: 225 k)
  • Freitag: US-Beschäftigte außerhalb der Landwirtschaft (NFPR) Dezember 2022 (e: 200k | Nov.: 263k)

Goldpreis startet positiv ins neue Jahr

Das Jahr 2022 beendete der Goldpreis am Spot-Markt mit einem Stand von 1.697,40 Euro pro Unze. Damit verbucht das gelbe Edelmetall im Jahr 2022 ein Plus von 96,40 Euro pro Unze bzw. +6,0 Prozent.

Aktuell befinden sich die Notierungen wieder jenseits der Marke von 1.700 Euro bei 1.746,18 Euro pro Unze bzw. 2,9 Prozent höher als zum Jahresultimo 2022:

Goldpreis in Euro

Generell sind aus saisonaler Sicht die ersten beiden Monate eines Jahres positiv für den Goldpreis, sodass sich die jüngste Aufwärtsbewegung in den nächsten Wochen noch fortsetzen kann, bevor ab März eine Korrektur einsetzten könnte.

Goldpreis saisonales Kursverlaufsmuster

Ein möglicher Auslöser für nochmals rückläufige Gold-Kurse dürfte die weitere Straffung der Geldpolitik trotz rückläufiger Inflationsraten und einer sich weltweit dynamisch abschwächender Wirtschaftsdynamik sein.

Fed-Protokoll wird mit Spannung erwartet

Bereits am Mittwoch um 20:00 Uhr wird das Minutenprotokoll der letzten Zinssitzung der US-Notenbank (Fed) veröffentlicht (Fed-Minutes). Das Sitzungsprotokoll des Federal Open Market Committee (FOMC) wird jeweils zwei Wochen nach der letzten Sitzung publiziert.

Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung der geldpolitischen Diskussion der Fed-Mitglieder. Neben detaillierten Projektionen zur Inflations- und Konjunkturentwicklung in den USA enthält es außerdem konkrete Hinweise auf künftige geldpolitische Entscheidungen.

Sollte das Protokoll hawkish ausfallen, also den sehr restriktiven Kurs der Fed bestätigen, könnte es zu erneuten Schwächeanfallen an den Aktien-, Anleihe- und Rohstoffmärkten kommen, wohingegen der US-Dollar davon profitieren dürfte. Auf jeden Fall ist ab der Wochenmitte mit erhöhten Kursschwankungen zu rechnen.

2023: „Blutbad an den Finanzmärkten“

Der weltweit bekannte Ökonom Nouriel Roubini warnt in einem Time-Essay vor einem

„Blutbad an den Finanzmärkten“

und befürchtet

„Das vor uns liegende Jahrzehnt könnte eine stagflationäre Schuldenkrise werden, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben"

Der an der New York University lehrende Professor und Gründer der Beratungsfirma Roubini Global Economics LLC, zu deren Kunden neben vermögenden Privatanlegern und institutionellen Investoren auch diverse Notenbanken gehören, glaubt, dass Anleger auf absehbare Zeit in Gold am besten aufgehoben sind.

Bisher war Roubini nicht als überschwänglicher Gold-Fan in Erscheinung getreten, sondern ein Anhänger des klassischen 60/40-Modells (60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen).

In Anbetracht der seiner Meinung nach verfehlten US-Geldpolitik sowie der im Vergleich zu früheren Krisen enormen Schuldenlast bei gleichzeitiger Stagflation (Inflation und wirtschaftliche Stagnation) sind weitere Gewinneinbußen bei den Aktiengesellschaften sowie Preisrückgänge bei Dividendentiteln, Anleihen und Immobilien das wahrscheinlichste Szenario.

Die Besonderheit der seiner Meinung nach vor uns liegenden schweren Krise begründet Roubini wörtlich folgendermaßen:

„In den 1970er Jahren hatten wir Stagflation, aber keine massiven Schuldenkrisen, weil die Verschuldung niedrig war. Nach 2008 hatten wir eine Schuldenkrise, gefolgt von niedriger Inflation oder Deflation, weil die Kreditklemme einen negativen Nachfrageschock ausgelöst hatte. Heute sind wir mit Angebotsschocks konfrontiert, während die Verschuldung viel höher ist, was bedeutet, dass wir auf eine Kombination aus Stagflation im Stil der 1970er Jahre und Schuldenkrisen im Stil von 2008 zusteuern, also auf eine stagflationäre Schuldenkrise.“

Eine solche stagflationäre Schuldenkrise könnte je nach Ausprägung unabsehbare Folgen für das Finanzsystem und die Realwirtschaft weltweit haben. Daher befürchtet Roubini einen „Unfall“ im offiziellen Bankensystem oder im Schattenbankensystem, zu dem u. a. auch Hedge-Fonds gehören.

Die US-Notenbank könne die aus ihrer extrem restriktiven Geldpolitik resultierenden Gefahren nicht vollständig überblicken, geschweige denn, sie kontrollieren.

Roubini rechnet daher noch in der ersten Jahreshälfte mit einem konzertierten Umsteuern der wichtigsten Zentral- und Notenbanken zur Stabilisierung der Finanzmärkte, der Aufrechterhaltung der Schuldentragfähigkeit für private und öffentliche Schuldner sowie zur Abwendung einer neuerlichen globalen Finanzkrise.

Die Inflation würde dann wieder aus dem Fokus der Geldpolitiker geraten, zumal die Zwischenwahlen in den USA bereits gelaufen sind, die ein wichtiger Grund für den Start der restriktiven Geldpolitik der US-Fed waren.

Inflationsdynamik in Deutschland rückläufig

Die Inflationsrate (VPI) in Deutschland betrug nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes (DeStatis) im Dezember 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat +8,6 Prozent.

Damit fällt die Inflationsrate unter anderem aufgrund des Sondereffektes der Dezember-Soforthilfe deutlich niedriger aus als in den Vormonaten.

Im Dezember 2022 wirkte sich die einmalige Übernahme des Monatsabschlags für Gas und Wärme durch den Bund preissenkend aus. Der konkrete Effekt der sogenannten Dezember-Soforthilfe lässt sich anhand der vorläufigen Ergebnisse noch nicht beziffern. Nähere Informationen dazu veröffentlicht DeStatis mit den endgültigen Ergebnissen am 17. Januar.

Ab Januar 2023 könnten die mannigfaltigen Ankündigungen von Preiserhöhungen in diversen Branchen die Teuerung trotz Basiseffekt weit über der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent p. a. halten.

Im November 2022 hatte die Inflationsrate in Deutschland noch bei +10,0 Prozent gelegen, im Oktober sogar bei 10,4 Prozent.

Wie DeStatis weiter mitteilt, sinken die Verbraucherpreise auf Monatsbasis gegenüber November 2022 voraussichtlich um 0,8 Prozent.

Im Jahresdurchschnitt 2022 wird die Inflationsrate bei +7,9 Prozent erwartet.

Diese Durchschnittszahl ist u. a. relevant für an die Inflationsrate gekoppelte Mietverträge und für Tarifverhandlungen.

Für einkommensschwache Haushalte stellt die Teuerungsdynamik im Dezember trotz Abschwächung nach wie vor eine große Herausforderung dar, weil v. a. die Preissteigerungen für Nahrungsmittel, Energie und Waren des täglichen Bedarfs erneut sehr hoch ausfielen:

Jährliche Veränderung des Verbraucherpreisindex

Die aktuell noch niedrigen Wohnungskaltmieten werden durch Inflationsindexierung und die vielerorts höheren Grundsteuern im kommenden Jahr stärker ansteigen als zuletzt mit lediglich 1,9 Prozent auf Jahresbasis.

Speziell in Europa ist auch 2023 wegen des Krieges in der Ukraine und der nach wie vor gestörten Lieferketten mit erhöhter Inflation zu rechnen.

Der Spielraum der Europäischen Zentralbank (EZB), diese mit Zinserhöhungen und dem Abbau ihres Anleiheportfolios einzudämmen, ist wegen der hohen Verschuldung in der Eurozone begrenzt. Zudem ist die aktuelle Inflationsentwicklung nicht primär nachfragegetrieben, sondern Folge eines Angebotsschocks, dem mit Geldpolitik nicht beizukommen ist. Oder um es klarer zu formulieren: Die EZB stellt mit ihrer Geldpolitik weder Hustensaft für Kinder her, noch kann sie zusätzlichen Strom erzeugen.

Daher bleiben speziell für Europa die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. Im Konsens erwarten die Bankenanalysten eine Rezession im Euroraum im ersten Semester (zwei Quartale in Folge mit schrumpfender Wirtschaftsleistung) bei gleichzeitig anhaltend hoher Teuerungsdynamik.

Dieses ungünstige ökonomische Umfeld macht es auch für deutsche Anleger plausibel, dem Rat von Prof. Roubini zu folgen und Gold mit ins Anlagekalkül einzubeziehen.

Weitere wichtige Daten-Termine, Details und Prognosen sowie historischen Zeitreihen finden Sie hier.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Beitrittskriterium | 04.01.2023, 11:50 Uhr Antworten

Die Kroaten sorgen für den Goldpreisanstieg, denn sie sehen gerade was Einführung von Neuem für das Altbewährte bedeutet.

von Fritzthecat | 03.01.2023, 21:35 Uhr Antworten

Dirk Müller 2010: " Wir stehen vor dem finanziellen Endspiel"
Friedrich und Weik 2012: " Der Ultimative Finanzcrash steht unmittelbar bevor"
Nouirel Roubini 2023: " Blutbad an den Finanzmärkten"
Otte, Von Greyerz, Krall.......
Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Alle liegen sie entweder vollkommen oder aber zumindest im Wesentlichen daneben.
Ich möchte die aktuellen Krisen nicht verharmlosen, ich möchte aber darauf hinweisen, dass die " Dreispeichenregel" noch nie verkehrt war.Fakt ist: Wer diesen Herren glauben schenkte verzichtete in den vergangenen Jahren auf Rendite und ob Gold im Ernstfall tatsächlich die Wirkung zeigt muss sich erst noch herrausstellen.
So und jetzt dürfen die Aktienbasher auf mich einprügeln ;-))

6 Antworten an Fritzthecat anzeigen

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