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Stand: 20.07.2016 von © Gold.de Redaktion MA/GW
Eigentlich war man überzeugt, einen neuen Preisrekord für Rohdiamanten aufstellen zu können. Doch jetzt hat sich herausgestellt: Der zweitgrößte, jemals gefundene Rohdiamant aller Zeiten ist wahrscheinlich ein Ladenhüter.
Der zweitgrößte Rohdiamant aller Zeiten ist ein Ladenhüter

Mit einem Mindestpreis von 70 Millionen Dollar für einen Rohdiamanten sollte ein "Meilenstein in der Geschichte von Diamanten" überschritten werden. So jedenfalls bewarb das Auktionshaus Sotheby's in London noch Anfang Juni in einer mittlerweile vom Netz genommenen Mitteilung die Versteigerung des so genannten "Lesedi La Rona"-Diamanten, einem rund drei Milliarden Jahre alten und in etwa Tennisball-großen rohen Edelstein, der im November vergangenen Jahres aus einer Mine in Botswana geborgen wurde. Doch die am vorvergangenen Mittwoch (29.06.16) exklusiv für diesen äußerst ungewöhnlichen Diamanten abgehaltene Auktion geriet offenbar zu einem Flop. Keines der abgegebenen Gebote erreichte auch nur annähernd die untere Preisgrenze von mindestens 70 Millionen Dollar. Das gab der anbietende Minenbetreiber Lucara Diamond noch am selben Tag in einer ungewöhnlich kurz gehaltenen Pressemitteilung bekannt.

Preisrekord? Auktion des "Lesedi La Rona" enttäuschend und peinlich

Nach der für den Minenbetreiber enttäuschend verlaufenen Auktion wolle man den 1.109 Karat schweren Edelstein (1 Karat = 0,2 Gramm) nun selbst behalten, hieß es lapidar seitens des Präsidenten und Geschäftsführers von Lucara Diamond, William Lamb. Das Auktionshaus Sotheby's in London hingegen, das die Versteigerung des extrem seltenen Diamanten zuvor in einer Katalogbeschreibung (2016) als "sehr großes Privileg" beschrieben hatte, verzichtete im Nachhinein nicht nur gänzlich auf eine sonst übliche Stellungnahme, sondern löschte zugleich die Inhalte einer Seite, die zuvor mit großem Tamtam die Erwartung geschürt hatte, dass bei der Versteigerung des "Lesedi La Rona" womöglich ein neuer Preisrekord für Rohdiamanten aufgestellt werden könnte.

Dass dem jetzt wider Erwarten nicht so war und sich gleichsam die Befürchtung durchsetzt, dass sich der wahrlich spektakuläre Rohdiamant nun ebenso als spektakulärer Ladenhüter erweisen könnte, scheint den Veranstaltern der Auktion nach ihren großen Ankündigungen im Vorfeld doch sehr peinlich gewesen zu sein.

Warum ist der zweitgrößte Rohdiamant ein Ladenhüter?

Doch tatsächlich ist es letzten Endes nicht peinlich, sondern vor allem verwunderlich, dass der zweitgrößte Rohdiamant aller Zeiten keine Abnehmer zum ausgerufenen Mindestpreis gefunden hat. Denn erst im vergangenen Mai hatte ein deutlich kleinerer Rohdiamant - mit rund 813 Karat immer noch ein extrem seltener Gigant und zugleich der sechstgrößte je gefundene Diamant  - den bisherigen historischen Preisrekord von mehr als 63 Millionen Dollar erzielt. Dies entsprach einem Kaufpreis von rund 77.500 Dollar pro Karat. Dieser Diamant war wie der "Lesedi La Rona" ebenfalls ein weißer Rohdiamant des Typs IIa in Schmucksteinqualität und wurde nahezu zeitgleich (innerhalb nur einer Woche) aus der gleichen Mine (die Karowe Mine) in Botswana geborgen. Dazu kommt, dass es sich bei dem jetzt bei Sotheby's in London verschmähten  "Lesedi La Rona" um den derzeit größten, weltweit existierenden Diamanten handelt. Zugleich war letzterer auch der größte Diamantenfund seit mehr als 100 Jahren. Schon hier drängt sich die Frage auf, warum ein solches Prachtstück zumindest vorläufig zum Ladenhüter werden sollte?

Debakel um Rohdiamant sorgt für Kurssturz von Lucara Diamond

Doch man darf sich noch ein bisschen weiterwundern. Denn laut den mittlerweile gelöschten Angaben von Sotheby's soll der "Lesedi La Rona" das Potenzial haben, die größten und qualitativ hochwertigsten Einzelsteine hervorzubringen, die jemals einem einzigen Rohdiamanten hätten abgetrotzt werden können. Wäre bei der jüngsten Versteigerung auch nur der ausgerufene Mindestpreis von 70 Millionen Dollar erreicht worden, hätte sich dies auf einen Karatpreis von rund 63.000 Dollar belaufen. Nicht unbedingt ein Schnäppchen, aber immerhin deutlich billiger als der im Mai verkaufte Rohdiamant. Und ein Investor mit dem dafür nötigen Kaliber hätte mit dem Weiterverkauf der gespaltenen und geschliffenen Einzelsteine mehrere hundert Millionen verdienen können. Doch nein, der schmucke Rohdiamant konnte die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Und das Debakel bei der Auktion des historischen Brockens hat jetzt weit reichende Folgen. Gleich am Tag nach dem Versteigerungsflop reagierte die Aktie von Lucara Diamond an der Börse von Toronto (TSX:LUC) mit einem Kurssturz von mehr als 15 Prozent. Für den Minenbetreiber dürfte es jetzt nicht leicht werden, den "Lesedi La Rona" in naher Zukunft zu einem vernünftigen Preis an den Mann zu bringen.

Karowe Mine fördert viele große Diamanten

Die Gründe dafür dürften nicht zuletzt im eigenen Erfolg des Minenbetreibers zu suchen sein. Denn seit dieser vor vier Jahren die Karowe Mine in Botswana in Betrieb genommen hat, werden dort serienmäßig außergewöhnlich große Diamanten gefördert. Durchschnittlich werden in der Mine in jedem Quartal rund 100.000 Karat ans Tageslicht gebracht. Das ist an sich nichts Außergwöhnliches. Nach Unternehmensangaben wurde die Produktion für das laufende Jahr 2016 auf gut 350.000 Karat taxiert. Freilich handelt es sich dabei nicht ausschließlich um große Diamanten, doch der Anteil von großen Diamanten ab 100 Karat an der gesamten Fördermenge ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich und stark gestiegen. Das ist natürlich sehr erfreulich für den Minenbetreiber, der regelmäßig auch Rohdiamanten mit mehr als 200 Karat für jeweils bis zu acht Millionen Dollar anbieten kann. Den Statistiken des Minenbetreibers Lucara Diamond zufolge wurden zudem auch mehrere hundert rohe Edelsteine in den Preisklassen zwischen 250.000 und fünf Millionen Dollar verkauft.

Rohdiamanten: Noch größer, noch wertvoller

Doch während noch vor wenigen Jahren schon der Fund eines Rohdiamanten mit 100 Karat für Schlagzeilen sorgte, hat man sich in der Branche mittlerweile an die Giganten aus der Karowe Mine gewöhnt. Ja, man wartet geradezu darauf, bis dort womöglich schon morgen ein weiterer historischer Gigant nach Milliarden von Jahren an die Oberfläche geholt wird. Und der könnte ja noch größer und noch wertvoller sein. Allerdings: Wenn die gescheiterte Auktion vom 29. Juni etwas gezeigt hat, dann ist es, dass der globale Markt zumindest derzeit nicht in der Lage zu sein scheint, allzuviele von solchen großen Diamanten zu absorbieren. Weltweit sollen ja bekanntlich bis heute nur sechs geschliffene Diamanten existieren, die 100 Karat oder mehr auf die Waage bringen. Und solche kann ein gewiefter Juwelier im günstigen Fall bereits aus einem Rohdiamanten mit 200 Karat herausarbeiten. So geschehen zuletzt im April 2015, als ein daraus geschliffener 100,20-Karat Diamant für 25 Millionen Dollar ins Rennen ging. Aber einen übergroßen Rohdiamanten wie den "Lesedi La Rona" mit seinen mehr als 1.100 Karat wirtschaftlich zu akkommodieren ist ein gewaltiges Projekt, das finanziell einen langen Atem und Risikobereitschaft erfordert. Für 70 Millionen Dollar wollte sich bei Sotheby's in London jedenfalls niemand darauf einlassen. Früher oder später wird sich voraussichtlich noch ein Käufer für den imposanten Rohdiamanten finden lassen. Ein neuerlicher Preisrekord für den formidablen Ladenhüter dürfte allerdings auf lange Sicht ausbleiben.

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