Auf den Deflationsschock folgt die Inflation
Gemäß den aktuellen Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat haben sich die EU-Verbraucherpreise im März zum Vorjahr um lediglich 0,7 Prozent erhöht. Rechnet man die Energie- und Lebensmittelpreise heraus, fällt der Preisanstieg mit 1,2 Prozent etwas höher aus. Der durch die Weltrezession momentan kollabierende Ölpreis hinterlässt seine Spuren in der Statistik.
Vor Jahresfrist lag die Rate mit 1,3 Prozent leicht höher.
Doch es gibt bereits Entwicklungen, die einen massiven Gegentrend zur krisenbedingten Inflationsabschwächung einleiten. Beim täglichen Einkauf im Supermarkt aber auch beim Kauf von Goldmünzen und Silbermünzen wird die Knappheit bei bestimmten Produkten bereits durch signifikant steigende Preise spürbar. Unterbrochene Lieferketten und in Teilbereichen überdurchschnittlich hohe Nachfrage treiben partiell die Preise nach oben.
Die wichtigste Entwicklung für zukünftig massiv steigende Preise bei Vermögenswerten (Aktien, Anleihen, Gold etc.), Rohstoffen, Waren und Dienstleistungen geht jedoch von den historisch niedrigen Zinsen und der Geldschwemme der Zentralbanken aus, die von den Fiskalpolitikern lediglich unter hohem bürokratischen Aufwand in die Wirtschaft weitergeleitet wird.
Der Begriff Inflation leitet sich übrigens von dem lateinischen Wort „Inflatio“, also „Aufblähen“ ab. Damit wird auch die Ursache steigender Preise beschrieben, nämlich das künstliche Aufblähen der Geldmenge durch Geldschöpfung aus dem Nichts.
Heutzutage wird der Begriff Inflation mit der Teuerung von Waren und Dienstleistungen gleichgesetzt, was jedoch eigentlich nur die Folge von Geldmengeninflation ist.
Sobald die Geldmenge sich stärker ausweitet als die angebotene Menge an Waren und Dienstleistungen und diese Geldmenge auch nachfragewirksam wird, kommt es zu Teuerung.
Viele Anbieter aus den sekundären und primären Sektoren (Industrie und Services) werden die jetzige Krise wirtschaftlich nicht überleben. Das führt zu einem Konzentrationsprozess, also weniger Anbietern. Steigende Preise sind so leichter durchsetzbar. Die Großen werden noch größer und viele kleine und mittelgroße Betriebe werden aus dem Wettbewerb ausscheiden.
Wie ausgeprägt dieser Prozess sein wird, hängt von der Dauer der Einschränkungen durch die Covid-19-Seuche ab. Dass die wirtschaftlichen Folgen gravierend sein werden, hat der Internationale Währungsfonds in seinem kürzlich veröffentlichten „World Economic Outlook“ bereits bestätigt: Die Ökonomen des IWF erwarten den heftigsten Konjunktureinbruch seit über 100 Jahren.
Nullzinsen und Geldschwemme bleiben uns erhalten
Ohne die staatlichen Hilfen, finanziert von den Notenbanken, wäre die Weltwirtschaft bereits kollabiert. Transferleistungen und Notkredite in Billionenhöhe (weltweit aktuell 9,8 Bio. US-Dollar vom 1. Januar bis zum 12. April) sowie historisch beispiellose 105 weltweite Zinssenkungen vom 1. Januar bis zum 16. April haben den Kollaps verhindert.
Soweit, so gut. Momentan ist das Preisniveau bedingt durch geringere Einnahmen bei Unternehmen und Privathaushalten noch gedämpft, wie auch die jüngsten Daten von Eurostat bestätigen.
Doch an den Finanzmärkten zeigen sich bereits die inflationären Effekte der extremen Zins- und Geldmengenpolitik der Notenbanken. Die Aktienmärkte haben über die Hälfte ihrer Verluste im Zuge des Corona-Crashs schon wieder aufgeholt und der Goldpreis in Euro erreichte in dieser Woche neue historische Höchststände.
Kommt es nun wie geplant zu einem sukzessiven Wiederhochfahren der Wirtschaft, wird sich auch die Nachfrage erholen. Globale Lieferketten bleiben aber beschädigt oder müssen zu höheren Gesamtkosten substituiert werden.
Auf der anderen Seite werden die Zinsen nicht wieder steigen können, da die Verschuldung im Zuge der Coronakrise ebenfalls in historischer Dimension und Geschwindigkeit auf allen Ebenen explodiert ist.
Steigende Kapitalkosten sind daher nicht mehr tragbar, weshalb die Notenbanken die Wirtschaft über Null- und Negativzinsen auch Jahre nach der Corona-Krise alimentieren müssen.
Genauso wie nach der Weltfinanzkrise, die ökonomisch deutlich weniger Schaden angerichtet hatte.
Das Gleiche gilt für die Geldmenge, die der hoch verschuldeten Wirtschaft nicht wieder entzogen werden kann. Der Versuch der US-Notenbank Fed ihre durch die Gelddruckprogramme „QE1“ bis „QE3“ aufgeblähte Bilanz neun Jahre nach der Finanzkrise wieder zu schrumpfen, mündete nur neun Monate später, ab Oktober 2018, in einen veritablen Aktiencrash.
Erst die Abkehr von der Zins- und Geldmengennormalisierung im Dezember 2018 stoppte den Ausverkauf und führte zu einer Erholung der Verbraucherstimmung in den USA und zu neuen Rekordpreisen bei Aktien. Im August 2019, noch lange vor der Coronakrise, erreichte auch der Goldpreis in Euro ein Allzeithoch.
Die Bilanzsumme der US-Notenbank hat sich nach dem Abbruch des geldpolitischen Normalisierungsversuchs seit Ende 2018 von ca. 4 Billionen US-Dollar auf aktuell über 6 Billionen US-Dollar um weitere 50 Prozent aufgebläht.
Asymmetrische Inflation oder breiter Teuerungsschub?
Im Zuge der Finanzkrise wurden wie jetzt weltweit massiv die Zinsen gesenkt, um die damals bereits stark verschuldeten Wirtschatsubjekte zu entlasten und die Neukreditvergabe anzukurbeln.
Dies geschieht auch in der aktuellen Krise.
Neu ist, dass die Notkredite und Finanzhilfen nicht wie damals primär in Bankenfässern ohne Boden verschwinden, sondern direkt in die Realwirtschaft fließen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer breiten Teuerung. Nach der Weltfinanzkrise verteuerten sich vor allem Vermögenswerte.
Die offiziellen Inflationsraten blieben niedrig.
Über die Immobilienpreise kam die Teuerung jedoch auch in der breiten Bevölkerung an. Zumindest diese Entwicklung ist auch in Folge der Coronakrise zu erwarten.
Sollte es allerdings im Zuge der aktuellen Schuldenexplosion zu einer Staatsschuldenkrise in den Schwellenländern und den Staaten Südeuropas kommen, sind weitere desperate Maßnahmen der Notenbanken sehr wahrscheinlich.
Das Gleiche gilt für den Fall einer Pleitewelle im Unternehmenssektor oder in Privathaushalten.
Umso aggressiver die Notenbanken darauf reagieren, umso größer wird die Gefahr des geldpolitischen Kontrollverlustes und noch wichtiger, des Vertrauensverlustes in die Fiat-Währungen. Wenn das geschieht, kann es zu einer Flucht aus dem digitalen Giralgeld und dem Fiat-Papiergeld in jede Art von Sachwerten bis hin zu Konsumgütern kommen.
In diesem Fall würde sich das Inflationsphänomen schnell von einigen Teilbereichen der Wirtschaft auf alle Waren, Güter, Rohstoffe und sogar Dienstleistungen ausweiten. Ein Phänomen, das in Deutschland in der letzten Krise in dieser Dimension vor 100 Jahren auftrat (1914 bis 1923).
Fazit und Ausblick
Die Wahrscheinlichkeit, dass auf den weltweiten Wirtschaftseinbruch, bedingt durch die Corona-Krise, eine sich beschleunigende Inflation folgt, ist sehr hoch. Vor allem dann, wenn die zusätzliche Verschuldung noch radikale Maßnahmen durch die Notenbanken erfordert.
Diese Radikalität könnte sehr schnell das Vertrauen in das von den Zentralbanken emittierte Geld zerstört. Auslöser dafür kann zum Beispiel eine neue Schuldenkrise in Südeuropa sein, von der diesmal aber nicht nur das ökonomisch eher unbedeutende Griechenland, sondern Schwergewichte wie die G7-Staaten Italien und Frankreich sowie die fünftgrößte EU-Volkswirtschaft Spanien betroffen wären.
Ein Lichtblick sind in diesem Szenario die hohen Goldreserven der Bundesbank, die zum Teil in den letzten Jahren wieder auf deutsches Hoheitsgebiet repatriiert wurden sowie die Tatsache, dass über zwei Drittel der Deutschen Gold besitzen. Damit ist zumindest ein gewisser Schutz des über Jahrzehnte erarbeiteten Vermögens der Deutschen teilweise gesichert.