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Stand: 20.02.2023 von Jörg Bernhard
Seit einigen Wochen scheint sich im globalen ETF-Sektor folgender Trend abzuzeichnen: Unter nordamerikanischen Investoren wird ein stärkeres Kaufinteresse verzeichnet als unter europäischen Geldanlegern.
Goldabflüsse im europäischen ETF-Sektor höher als in Nordamerika

Trendwechsel im Marktsegment ETFs?

Aktuelle Daten des World Gold Council haben nämlich für die Monate Dezember und Januar, nach sieben Monaten mit Netto-Abflüssen, erstmals wieder Zuflüsse von immerhin 8,7 bzw. 9,0 Tonnen registriert.

Zum Vergleich: Trotz Russlands Krieg gegen die Ukraine und der erhöhten Rezessionsgefahr gab es in Europa im selben Zeitraum Abflüsse von 13,9 Tonnen (Dezember) bzw. 33,0 Tonnen (Januar) zu vermelden. Noch stärker kommt der Stimmungswechsel zum Ausdruck, wenn man die Zahlen für das vergangene Jahr zum Vergleich heranzieht. Hier fiel das Abgabeinteresse in Nordamerika mit 74,6 Tonnen um ein Vielfaches höher als in Asien (21,3 Tonnen) bzw. Europa (14,7 Tonnen) aus.

In diesem Jahr stellt sich die Lage jedoch völlig anders dar, da lediglich eine Region nennenswerte ETF-Zuflüsse zu verzeichnen hat: Nordamerika.

Während sich in dieser Region die Bestände von Gold-ETFs seit dem Jahreswechsel um 11,1 Tonnen erhöht haben, gab es in Asien und Europa im selben Zeitraum weiterhin Abflüsse zu vermelden, die sich summa summarum auf 45,2 Tonnen (Europa) bzw. 10,5 Tonnen (Asien) belaufen (siehe Tabelle).

ETFs feiern 20. „Geburtstag“

In der Vergangenheit war seit der Einführung dieser Form von „Papiergold“ eine Gesetzmäßigkeit offensichtlich: Ging es mit dem Goldpreis bergauf, war auch bei den ETF-Beständen stets eine Aufwärtsbewegung zu beobachten. Während insbesondere unter asiatischen Goldkäufern (vor allem im Schmucksektor) ein steigender Goldpreis meist zu einer nachlassenden Nachfrage geführt hat, war unter ETF-Investoren eher das Gegenteil der Fall.

Mit steigendem Goldpreis verspürten sie offensichtlich einen wachsenden Wunsch, via Gold Vermögens- Krisen- bzw. Inflationsschutz zu betreiben – wahrscheinlich, weil sie den Aufwärtstrend nicht verpassen bzw. diesem weiterhin folgen wollten.

Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten kann man ETF-Investoren somit eine deutlich geringere Preissensitivität attestieren als den Schmuckkäufern. Während unter Investoren Gold mit steigendem Preis immer interessanter zu werden scheint, schrecken hohe Goldpreise die Schmuckkonsumenten eher ab.

In den vergangenen Jahren gewann die globale Entwicklung physisch hinterlegter Gold-ETFs (bzw. ETCs) enorm an Bedeutung. Mittlerweile gibt es ETFs seit genau 20 Jahren. Laut World Gold Council verzeichneten sie im ersten Jahrzehnt Zuflüsse von null auf über 2.700 Tonnen. Von Februar 2013 bis heute stellte sich ein weiterer Zuwachs auf 3.435 Tonnen ein.

Es ist davon auszugehen, dass die meisten Investoren – insbesondere bei großen Goldkäufen – aufgrund des deutlich höheren Aufgelds bzw. der höheren Geld/Brief-Spanne Barren und Münzen meiden und deshalb auf Papiergold in Form von ETFs setzen werden. Dem Goldpreis dürfte dies relativ egal und das langfristige Aufwärtspotenzial somit weiterhin vorhanden sein.

Goldzuflüsse bzw. -abflüsse seit Ende Dezember

Region Zu- /Abflüsse
Nordamerika (Tonnen) 11,1
Europa (Tonnen) -45,2
Asien (Tonnen) -4,8
Rest der Welt (Tonnen) 1,7
Insgesamt (Tonnen) -37,2
Quelle: World Gold Council; Stand: 20.02.23

Ausblick für die laufende Woche

Die jüngste Goldpreisschwäche hat gezeigt, dass Zinsen und Dollar weiterhin eine enorm wichtige Rolle bei der Preisfindung an den Goldmärkten spielen. In diesem Zusammenhang dürften sich die Investoren nun für das am Mittwochabend zur Veröffentlichung anstehende Fed-Protokoll besonders stark interessieren, wenngleich die jüngste Inflations- und Konjunkturentwicklung darin noch gar nicht enthalten ist.

Diese haben nämlich zu einem Anziehen der US-Renditen und einer markanten Dollarstärke geführt, was dem gelben Edelmetall gar nicht gut bekommen ist.

Was viel schwerer wiegt, ist allerdings der Umstand, dass die Hoffnung auf eine weniger restriktive US-Geldpolitik stark gelitten hat. Das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group zeigt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von fast 72 Prozent an, dass die Fed Funds Ende des Jahres das aktuelle Niveau um 50 oder mehr Basispunkte übertreffen werden.

Zur Erinnerung: Vor einem Monat lag dieser Wert bei unter zwei Prozent. Dies alles dürfte dem Ruf von Gold als langfristigem Krisen- und Inflationsschutz aber kaum schaden, was sich unter anderem an den rekordhohen Goldimporten der Türkei ablesen lässt.

Autor: Jörg Bernhard
Freier Wirtschaftsjournalist

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