WGC meldet Nachfrageexplosion im ETF-Sektor
Am vergangenen Dienstag lieferte der World Gold Council (WGC) diesbezüglich ausgesprochen interessante Daten (siehe Tabelle). Im ersten Halbjahr haben sich nämlich die Goldbestände physisch besicherter Exchange Traded Funds (ETF) um 734,0 Tonnen erhöht.
In den Monaten März und April sind mit 152,7 bzw. 177,6 Tonnen besonders hohe Zuflüsse registriert worden.
Mit 458,0 Tonnen (62,4 Prozent) wurde ein Großteil der Nachfrage von nordamerikanischen Investoren generiert.
Aber auch in Europa führte die corona-bedingte Verunsicherung zu massiven ETF-Zuflüssen im Volumen von 238,5 Tonnen (32,5 Prozent).
Goldzuflüsse im ETF-Markt seit 2017
Region |
2017 (Tonnen) |
2018 (Tonnen) |
2019 (Tonnen) |
2020 (Tonnen) |
Nordamerika |
95,8 t |
-8,6 t |
205,2 t |
449,0 t |
Europa |
180,7 t |
99,6 t |
187,9 t |
238,5 t |
Asien |
-4,7 t |
-5,4 t |
-0,2 t |
22,9 t |
Rest der Welt |
-0,6 t |
-10,6 t |
10,6 t |
14,6 t |
Insgesamt |
271,2 t |
75,0 t |
403,6 t |
734,0 t |
Quelle: World Gold Council
Diesseits des Atlantiks floss am meisten Gold in diese drei Länder:
- Frankreich (38,1 Tonnen)
- Deutschland (30,1 Tonnen)
- Schweiz (19,0 Tonnen).
Und selbst Asiaten, die normalerweise den Besitz von Goldschmuck sowie Goldbarren und Goldmünzen bevorzugen, verspürten mit 22,9 Tonnen (2019: minus 0,2 Tonnen) einen deutlich erhöhten Goldappetit. Wenn man bedenkt, dass im Krisenjahr 2009 auf Gesamtjahressicht „lediglich“ 646 Tonnen in ETFs geflossen sind, kommt dadurch das Ausmaß der diesjährigen Kapitalflucht sehr gut zum Ausdruck.
Doch es gab vom WGC noch weitere Rekorde zu vermelden. Mit weltweit fast 3.621 Tonnen markierten die Goldbestände der ETFs einen neuen Rekordwert. In Dollar gerechnet entspricht dies für das erste Halbjahr einem Wertzuwachs von fast 40 Milliarden Dollar.
Von einer Massenflucht in Gold kann jedoch noch nicht gesprochen werden, schließlich entspricht dies nicht einmal dem Marktwert des DAX-Unternehmens Henkel.
Niedrige Opportunitätskosten sprechen für Gold
Das World Gold Council sieht die anhaltenden Anleihekäufe der großen Notenbanken und die damit einhergehenden niedrigen Renditen als einen wichtigen Grund für die deutlich gestiegene Nachfrage im Marktsegment der Gold-ETFs. Die seit dem Jahreswechsel markant gesunkenen Opportunitätskosten, die den Verzicht der Goldbesitzer auf Zinseinnahmen darstellen, haben die Anziehungskraft von Gold deutlich erhöht.
Normalerweise gilt in der Kapitalmarkttheorie folgende Gesetzmäßigkeit:
Je höher die Zinsen einer Anleihe ausfallen, desto höher kann das damit verbundene Risiko eingeordnet werden.
Im Umkehrschluss könnten Goldbesitzer nun die These aufstellen:
Gold zahlt keine Zinsen, weil damit kein Risiko verbunden ist.
Das stimmt natürlich nicht, aber in den gegenwärtig turbulenten Krisenzeiten stimmt an den Kapitalmärkten derzeit einiges nicht.
Ausblick für die laufende Woche
In den nächsten Handelstagen dürften sich die Akteure an den Goldmärkten vor allem für anstehende Konjunkturdaten aus China und den USA stark interessieren. Eine regelrechte Datenflut ist aus China zu erwarten.
Vor allem die für Donnerstag angekündigten Zahlen zum BIP-Wachstum (Q2), die Juni-Zahlen zur Industrieproduktion und zum Einzelhandel (Juni) sowie die Arbeitslosenrate könnten neue Impulse liefern.
Jenseits des Atlantiks sorgen aktuelle Inflationsdaten, aktuelle Zahlen zur Industrieproduktion, der Fed-Konjunkturbericht „Beige Book“, die Einzelhandelsumsätze sowie diverse wichtige Stimmungsindizes für erhöhte Spannung.
Derzeit sieht es danach aus, dass die chinesische Wirtschaft über die besseren wirtschaftlichen Perspektiven verfügt. Mit dem Anstieg des Goldpreis auf 1.800 Dollar haben sich die charttechnischen Aussichten weiter verbessert. Sollten auf dem erhöhten Niveau chartinduzierte Käufe einsetzen, könnte der Krisenschutz schneller als von vielen Kapitalmarktexperten erwartet ein neues Rekordhoch erzielen.
Zur Erinnerung: Auf Basis von Schlusskursen stellte sich im Spätsommer 2011 ein Allzeithoch von fast 1.909 Dollar ein, während intraday sogar ein Rekordwert von über 1.920 Dollar erzielt worden war.
In diesem Jahr hat der Krisenschutz eindrucksvoll aufgezeigt, dass Zuwächse von 100 Dollar relativ schnell möglich sind.