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Stand: 31.05.2022 von Jörg Bernhard
An den Goldmärkten bot sich in diesem Monat an, ein altes Börsenmotto folgendermaßen umzuändern: „Sell in May and pray“, schließlich rutschte die Krisenwährung zeitweise unter die Marke von 1.800 Dollar und somit unter die 200-Tage-Linie.
Goldpreis: Ausverkauf der Institutionellen gestoppt?

Berechtigte Hoffnung auf Entwarnung

Der Verkaufsdruck kam in den vergangenen Wochen aus zwei wichtigen Marktsegmenten – von den Terminmärkten sowie aus dem ETF-Sektor. Mittlerweile sieht es aber danach aus, dass man auf ein Ende des Ausverkaufs hoffen darf. So endete zum Beispiel an der wichtigsten Terminbörse für Gold (Commodity Exchange) ein seit fünf Wochen anhaltender Ausverkauf von Gold-Futures unter Großspekulanten (Non-Commercials).

In der Woche zum 24. Mai haben sie laut aktuellem Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde ihre Netto-Long-Position (per Saldo optimistisch gestimmt) von 175.400 auf 183.800 Kontrakte (+4,8 Prozent) nach oben geschraubt.

Zur Erinnerung:
Zum Jahreswechsel war hier noch ein deutlich höherer Wert von 213.150 Futures gemeldet worden.

Beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares, der unter institutionellen Investoren besonders beliebt ist, gab es ebenfalls einen Stimmungswechsel zu beobachten. In der ersten Monatshälfte gab es bei dessen gehaltener Goldmenge nämlich einen beträchtlichen Rückgang von 1.094,55 auf 1.049,21 Tonnen (minus 45,43 Tonnen) zu vermelden.

Danach setzte jedoch markantes Kaufinteresse ein, was zu einer Erholung der Goldbestände auf 1.069,81 Tonnen (Stand: 27. Mai) geführt hat.

Sowohl die Terminmärkte als auch der ETF-Sektor gelten als wichtige Einflussfaktoren auf den Goldpreis.

Seit sich hier die Stimmung wieder aufgehellt hat, drehte auch das gelbe Edelmetall in deutlich höhere Preisregionen.

Baissemarkt bei Gold unwahrscheinlich

Angesichts der deutlich gestiegenen Teuerungsraten, die sich aller Voraussicht nach erst einmal nicht verflüchtigen werden, scheint das „Smart Money“ (Institutionelle Investoren) wieder verstärkt Gefallen am altbewährten Inflationsschutz Gold zu finden.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Marktphasen, in denen Gold von einer Verkaufswelle an den Aktienmärkten nicht profitieren konnten.

Nur ein Beispiel:
Im Herbst 2008 geriet aufgrund der Lehman-Pleite – trotz seiner Eigenschaft als Krisenwährung – auch der Goldpreis massiv unter Druck. Damals gab es sozusagen einen „Everything-Ausverkauf“ zu beobachten.

Im Tief stürzte das gelbe Edelmetall damals innerhalb von lediglich vier Monaten um 25 Prozent ab (siehe Chart).

Weil vor allem institutionelle Investoren in Niedrigzinsphasen häufig auf „Pump“ spekulieren, mussten sie sich zur Verlustbegrenzung bzw. zum Kompensieren von Verlustpositionen selbst vom Krisenprofiteur Gold trennen.

Bei vielen Terminspekulanten kam es zudem zu Zwangsliquidierungen, weil die Margin-Anforderungen (Sicherheitsleistungen) nicht mehr erfüllt waren. Von nachhaltiger Dauer war der Absturz des Goldpreises bekanntlich nicht.

Im November 2008 war die Feinunze Gold zeitweise für weniger als 730 Dollar zu haben – ein „Schnäppchenpreis“, der in den Jahren danach nie wieder erreicht wurde.
Goldpreis - Chart-2022

Ausblick für die laufende Woche

Die Angst vor einer drohenden Stagflation – also einer hohen Inflation bei stagnierender Wirtschaft – beschäftigt weiterhin die Investoren rund um den Globus. In dieser Woche erfahren sie, wieviel Kaufkraft im Mai in Deutschland, Frankreich, Italien, der Türkei und der Eurozone vernichtet wurde.

Laut von Trading Economics veröffentlichten Umfragen unter Analysten soll sich die Inflation in sämtlichen Regionen leicht beschleunigt haben. Daneben dürfte aber auch die anstehende Datenflut zum US-Arbeitsmarkt für erhöhte Aufmerksamkeit sorgen.

Als Höhepunkt gilt der für den Freitag angekündigte Monatsbericht des US-Arbeitsministeriums. Analysten rechnen mit einer von 3,6 auf 3,5 Prozent reduzierten Arbeitslosenrate sowie einem Rückgang bei der Anzahl neu geschaffener Stellen von 428.000 (April) auf 320.000.

Angesicht der aktuell kursierenden Ängste hinsichtlich Inflations-, Stagflations- Rezessions- und Kriegsgefahr, hat man trotz steigendem Dollar und gestiegener Zinsen den Eindruck, dass die Krisenwährung Gold derzeit eher unter- als überbewertet ist.

Wer nicht dazu gezwungen wird, Gold zu verkaufen, sollte es „freiwillig“ und aus Sicherheitsgründen nicht aus der Hand geben.
Autor: Jörg Bernhard
Freier Wirtschaftsjournalist
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