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Stand: 05.10.2022 von Jörg Bernhard
Die ersten neun Monate 2022 verliefen für den Goldpreis ausgesprochen turbulent. Dies war vor allem auf gestiegene Zinsen, beschleunigte Teuerungsraten, den starken Dollar sowie Russlands Invasion in der Ukraine zurückzuführen.
Goldpreis: Durchwachsene Bilanz nach neun Monaten

Gold – Dollarstärke verhindert Schlimmeres

Im ersten Quartal kletterte der Goldpreis – bedingt durch den Einmarsch russischer Truppen in das Nachbarland Ukraine – kurzzeitig über die Marke von 2.000 Dollar. Während auf Dollarbasis kein neues Rekordhoch markiert wurde, stellte sich Anfang März in Euro gerechnet ein Allzeithoch von über 1.900 Euro (intraday) ein.

Summa summarum verbuchte der Goldpreis in den ersten neun Monaten (in Dollar) zwar einen Verlust von 9,1 Prozent, europäische Goldbesitzer erzielten hingegen – dank der massiven Euroschwäche – (in Euro gerechnet) eine positive Performance in Höhe von 5,6 Prozent (siehe Tabelle).

Für die ab März zu beobachtende technische Korrekturphase waren mehrere Faktoren verantwortlich.

  1. Erstens: Aufgrund der beschleunigten Inflation schraubte die US-Notenbank Fed die Leitzinsen im Rekordtempo nach oben. Seit Mitte März gab es fünf Zinserhöhungen um insgesamt 300 Basispunkte zu vermelden, während die Europäische Zentralbank erst im Juli ihren ersten Zinsschritt gewagt hat und seither auf eine Gesamterhöhung von 125 Basispunkte kommt.
  2. Zweitens: Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise gefährdet aufgrund der starken Importabhängigkeit vor allem die europäische Wirtschaft. Weil die USA über eigene Vorkommen an Rohöl und Erdgas verfügen und die Fed hinsichtlich ihrer Geldpolitik autonomer agieren kann als die EZB, die stets auf die unsolide finanzierten und hochverschuldeten Mitgliedsländer Rücksicht nehmen muss, erlebte der Dollar eine rasante Rally.
Diese trieb den Dollarindex kurz nach der Italien-Wahl auf ein neues 20-Jahreshoch.

Gold - trotz gestiegener Volatilität weniger riskant als Aktien

Signifikant bergauf ging es seit dem Jahreswechsel allerdings mit dem CBOE-Goldvolatilitätsindex (GVZ). Diese vom US-Terminbörsenbetreiber Chicago Board Options Exchange berechnete Risikokennzahl zog im Jahresverlauf zwar von 14,6 auf 19,5 Prozent an, Volatilitätsindizes auf den S&P-500 (VIX: 31,6 Prozent), den Dow-Jones (VXD: 26,4 Prozent) sowie den Nasdaq-100 (VXN: 36,6 Prozent) fallen – ungeachtet des Diversifikationseffekts – mitunter deutlich höher aus.

Einerseits eröffnet eine überdurchschnittlich hohe Volatilität eine attraktive Renditechance, andererseits gilt in diesem Zusammenhang aber auch folgende Regel:

Je höher die Volatilität, desto höher das Verlustrisiko.

Derzeit verfügt die Weltleitwährung Dollar als „sicherer Hafen“ zweifellos über eine stärkere Anziehungskraft als Gold – ob dies aber auf lange Sicht so bleibt, darf bezweifelt werden.

Zum einen bieten Staatsanleihen aus den USA und der Eurozone nämlich erheblich weniger Zinsen als von der Inflation „aufgefressen“ wird. Zum anderen dürften viele Länder versuchen, ihre Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren. Dies ist unter anderem durch ein Aufstocken der Goldreserven möglich, schließlich kann man Gold nahezu überall in der Welt zu Geld machen.

Gold in den ersten neun Monaten 2022

30.09.2022 Performance 2022 Jahrestief (Datum) Jahreshoch (Datum)
Goldpreis in Dollar (Feinunze) 1.660,60 -9,1 % 1.622,10 (27.09.22) 2.049,77 (09.03.22)
Goldpreis in Euro (Feinunze) 1.695,00 5,6 % 1.664,66 (16.09.22) 1.880,75 (09.03.22)
CBOE-Gold-Volatilitätsindex (Prozent) 19,52 33,6 % 14,73 (14.01.22) 31,70 (08.03.22)
Quelle: gold.de; cboe.com; Stand: 30.09.2022

Ausblick für die laufende Woche

Nachdem die wichtigsten Notenbanker der Welt noch vor wenigen Monaten die Inflation „gebetsmühlenartig“ als temporäre Erscheinung eingeordnet haben, werden sie mittlerweile nicht müde, ihren Kampf gegen die massive Geldentwertung zu betonen.

Wer hätte noch vor einem Jahr eine deutsche Inflationsrate im zweistelligen Prozentbereich für möglich gehalten? Nun hat sie sich innerhalb dieses Zeitraums von 4,1 auf 10,0 Prozent p.a. mehr als verdoppelt. Gemessen daran kann man die diesjährige Entwicklung des Inflationsschutzes Gold durchaus als „enttäuschend“ bezeichnen.

Allerdings sollten Anleger dabei nicht vergessen, dass dieser Schutz auf lange Sicht sehr gut funktioniert hat.

Paradoxerweise wird die nächste Bergfahrt des Goldpreises wohl erst dann einsetzen, wenn die Inflation den Rückwärtsgang eingelegt hat und sich damit die Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen erübrigt.

In den kommenden Tagen dürfte die Datenflut vom US-Arbeitsmarkt für erhöhte Spannung sorgen. Laut einer von Trading Economics veröffentlichten Umfrage erwarten Analysten für September eine unveränderte Arbeitslosenrate von 3,7 Prozent und bei der Zahl neu geschaffener Stellen ein Minus von 315.000 auf 250.000.

Autor: Jörg Bernhard
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