Gold: 2.246,10 € 0,49 %
Silber: 26,78 € 0,94 %
Stand: 01.11.2022 von Hannes Zipfel
Eine heiße Woche steht dem Goldpreis bevor. Zum ersten Mal in der Geschichte der mächtigsten Notenbank der Welt, der US-Fed, könnte es zu einem 75-Basispunkte-„Glut“ bei den Leitzinssteigerungen kommen. Das dem deutschen Wort „Glut“ gleichlautende Substantiv wird im US-Ableger des europäischen Fußballs, dem Soccer, verwendet, um eine Serie von fünf Toren in Folge zu beschreiben.
Goldpreis-Entscheidung: Die Woche des

Folgende Datentermine in dieser Woche haben für die Kurse der Edelmetalle ebenfalls, wenn auch eine untergeordnete Relevanz:

  • Montag: China Einkaufsmanager Gesamtindex für Oktober (e: 49,0 | Sep.: 50,9), Verbraucherpreisindex Oktober Einkaufsmanagerindex Deutschland Oktober gesamt (akt.: 10,7 % | e: 10,2 %)
  • Dienstag: USA ISM Einkaufsmanager-Index Verarbeitendes Gewerbe Oktober (e: 49,9 | 49,9)
  • Mittwoch: Leitzinsentscheidung US-Notenbank Oktober (e: +0,75 BP | Sept.: +0,75 BP), Deutschland Einkaufsmanager Gesamtindex für Oktober (e: 45,7 | Sep.: 45,7), 19:30 Uhr MEZ Pressekonferenz der Fed
  • Donnerstag: USA ISM Einkaufsmanager-Index Dienstleistungen Oktober (e: 55,57 | Sep.: 56,7)
  • Freitag: EZB-Präsidentin Lagarde spricht über Inflation und Konjunktur

Das große Bild entscheidet

Während in den USA die Inflationsdynamik nachzulassen scheint, rückt die Zeit für eine Zinswende auch aus konjunkturellen Gründen in Amerika näher. Beides würde auch mit einem schwächeren US-Dollar einhergehen und wäre gut für den Goldpreis und die anderen edlen Metalle.

Unabhängig von den Daten wird die US-Notenbank Fed im Rahmen des Federal Open Market Comitees (FOMC) unter der Leitung von Präsidenten „Jay“ Powell die Zinsen zum fünften Mal in Folge um 75 Basispunkte anheben – ein Novum in der über 100-jährigen Geschichte der Washingtoner Institution. Im amerikanischen Fußball (Soccer) wird eine derart seltene Serie als „Glut“ bezeichnet“.

The Glut

Interessanterweise ist ein in der Volkswirtschaft gängiges Synonym für „Glut“ auch ein drastisches Überangebot. In diesem Fall dürften es die Zinssteigerungen sein, von denen die Fed in viel zu kurzer Zeit dem Markt zu viel zumutet.

Ein Blick auf das Verhältnis zwischen Schulden und Wirtschaftswachstum ist diesbezüglich vielsagend (4,5 US$ neue Schulden für 1 US$ Wachstum im Q3‘22 | Quelle: Bureau of Economic Analysis, Fed of St. Louis)

Notenbank-Nerds zählen jede Wortwiederholung im Fed-Statement

Der geldpolitische Begleittext des Federal Open Market Committee (FOMC) gibt einen Überblick über die Beschlüsse der Federal Reserve zur Festsetzung des Leitzinses und anderer wichtiger Refinanzierungskonditionen für die sogenannten „Primary Dealers“, also die Banken, die direkt mit der Fed Geschäfte machen können.

Darüber hinaus enthält der Begleittext wirtschaftliche und monetäre Informationen über die zukünftigen Entscheidung der Fed: Wie oft kommt z. B. das Wort „Verlangsamung“, „Risiken“, „Inflationsdynamik“ oder „Abwärtsrisiken“ vor. All das wird akribisch aufgelistet gezählt und versucht, einen „Bias“ der Fed daraus zu interpretieren.

Es gibt tatsächlich Tausende von Analysten und mittlerweile Algorithmen, die das Fed-Statement daraufhin untersuchen. Allerdings ist der Mehrwert solcher verbalen Detailanalysen oft fraglich. Generell gilt, wenn der Text hawkish ausfällt (lockere Geldpolitik) führt das in der Regel an den Märkten zu steigenden Kursen und vice versa.

Ganz unberechtigt ist die Wortklauberei momentan gleichwohl nicht, wird sie doch bewusst von den US-Geldpolitikern als verbales politisches Instrument genutzt, um die Märkte zu steuern oder auf große Trendwenden vorzubereiten, wie sie jetzt im vierten Quartal 2022 wieder anstehen könnte.

Noch gehen die Anleger von weiter steigenden Zinsen aus

Bis Jahresultimo wird der Hauptrefinanzierungssatz (Federal Funds Rate) bis auf eine Leitzinsspanne von 4,25-4,75 prognostiziert (auch von der Fed selbst)

Erwartungen Leitzinsen

Dies ist natürlich noch optimales Umfeld für die unverzinsten Edelmetalle, die zudem im direkten Wettbewerb (v. a. Gold) zur Reservewährung US-Dollar stehen, der aktuell attraktiv verzinst wird und durch die Bilanzreduzierung der Fed sogar in seiner Expansionsrate gedämpft wird (Geschäftsbanken können via „Fractional Banking“ ebenfalls Dollars kreieren).

Zwischenwahlen könnten Wende bei der Zinspolitik einlenken

Da die aktuelle und in der Geschichte der Fed einzigartig aggressive Zinsanhebungsphase initial auf den Willen des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden zurückzuführen ist, der seine Mehrheiten im Kongress und hier v. a. im Senat zu verlieren droht, könnte nach den „Midterm Elections“ am 8. November der geldpolitische Wind drehen – ganz zur Freude der Edelmetallanleger. Denn die Inflationsproblematik oder die globale, systemerschütternde Überschuldung sind damit ja nicht passé.

Die Zwischenwahlen droht Biden trotz der Bemühungen zur Inflationsbekämpfung dennoch zu verlieren – zumindest im Senat.

Biden Approval

Bei einem für Präsident Joe Biden und die Demokraten ungünstigen Wahlausgang im Vergleich zu den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 zu den Zwischenwahlen am 8. Nov. stehen die Mehrheiten in beide Kammern des Kongresses zur Disposition (im Senat verfügen die Demokraten nur über 1 Stimme Mehrheit).

Ein Drittel der Senatsposten und alle Sitze im Kongress werden Anfang November neu gewählt. Das könnte die politische Landschaft in den USA verändern und Reformen verzögern. Für den Goldpreis – das Pendant zur Weltleitwährung US-Dollar - wären das grundsätzlich guten Nachrichten.

Aktuell sehen die Zufriedenheitswerte mit der Amtsführung des 46. POTUS im Vergleich zum Beginn seiner Präsidentschaft jedenfalls nicht gut aus. Es bleibt spannend!

Weitere wichtige Daten-Termine inklusive Prognosen und historischen Zeitreihen finden Sie hier.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
Ihre Meinung zum Thema?
Sicherheitsfrage: Wie viele Münzen sehen Sie?
Fragen über Fragen
Ich stimme zu, dass mein Kommentar und Name zur Veröffentlichung auf GOLD.DE gespeichert wird. Die Netiquette für Kommentare hab ich gelesen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit per Mail an info@gold.de widerrufen. Unsere Datenschutzerklärung.

Copyright © 2009-2024 by GOLD.DE – Alle Rechte vorbehalten

Konzept, Gestaltung und Struktur sowie insbesondere alle Grafiken, Bilder und Texte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Missbrauch wird ohne Vorwarnung abgemahnt. Alle angezeigten Preise in Euro inkl. MwSt. (mit Ausnahme von Anlagegold), zzgl. Versandkosten, sofern diese anfallen. Verfügbarkeit, Abholpreise, Goldankauf und nähere Informationen über einzelne Artikel sind direkt beim jeweiligen Händler zu erfragen. Alle Angaben ohne Gewähr.

Stand: 09:16:40 Uhr