Volkswirtschaften im "Corona-Würgegriff"
In der vergangenen Woche meldete Großbritannien für das zweite Quartal einen Konjunktureinbruch in Höhe von 21,7 Prozent p.a. Damit wurden die Horrorzahlen aus Europa (-15,0 Prozent) und Deutschland (-11,7 Prozent) deutlich übertroffen.
Nur zur Erinnerung: Im Krisenjahr 2009 brach die deutsche Wirtschaft um 5,7 Prozent ein und während der Großen Depression kollabierte die Wirtschaftsleistung sogar um 16,4 Prozent (1931) bzw. 17,6 Prozent (1932). Sollten das dritte und vierte Quartal nicht deutlich besser ausfallen, droht den Deutschen ein extrem mageres Jahr. Der Internationale Währungsfonds ist seit dem Jahreswechsel vor allem durch seine nach unten revidierten BIP-Prognosen aufgefallen.
Für Deutschland liegt die aktuelle Schätzung aktuell bei minus 7,0 Prozent. Noch düsterer sehen unter den großen Industrieländern die Prognosen lediglich für Frankreich (-7,2 Prozent), Italien (-9,1 Prozent), Niederlande (-7,5 Prozent) und Neuseeland (-7,2 Prozent) aus.
Weltweit soll sich das Minus im Jahr 2020 auf 3,0 Prozent belaufen. In der unten aufgeführten Tabelle finden Sie die aktuellen IWF-Prognosen für diverse Volkswirtschaften, die aufgrund der Pandemie allerdings mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet sind.
Weitere Schätzungen für andere Länder und eine Weltkarte, in der die Länder mit sinkendem BIP rot gekennzeichnet sind, kann auf imf.org abgerufen werden.
IWF-Konjunkturprognosen für 2020
Land |
BIP |
Griechenland |
-10,0% |
Italien |
-9,1% |
Spanien |
-8,0% |
Portugal |
-8,0% |
Niederlande |
-7,5% |
Frankreich |
-7,2% |
Neuseeland |
-7,2% |
Deutschland |
-7,0% |
Belgien |
-6,9% |
Schweden |
-6,8% |
Australien |
-6,7% |
Mexiko |
-6,6% |
Dänemark |
-6,5% |
Großbritannien |
-6,5% |
Norwegen |
-6,3% |
Kanada |
-6,2% |
Schweiz |
-6,0% |
USA |
-5,9% |
Südafrika |
-5,8% |
Brasilien |
-5,3% |
Japan |
-5,2% |
Türkei |
-5,0% |
Singapur |
-3,5% |
Saudi-Arabien |
-2,3% |
Südkorea |
-1,2% |
Indonesien |
0,5% |
China |
1,2% |
Indien |
1,9% |
Quelle: IWF (Stand: August 2020)
Feedback?
Konsequenzen für den Goldpreis?
Eine schwache Weltkonjunktur muss sich aus folgenden Gründen nicht zwangsläufig positiv auf den Goldpreis auswirken. Die globale Schmucknachfrage hängt bspw. in hohem Maße von der Kaufkraft asiatischer Konsumenten ab. Sollten dort die verfügbaren Einkommen rezessionsbedingt sinken, dürfte die Nachfrage aus diesem Sektor weiter bergab tendieren.
Nur zur Erinnerung: Allein im zweiten Quartal 2020 brach das Interesse in den beiden goldhungrigsten Nationen Indien und China auf 44,0 Tonnen (-74,0 Prozent p.a.) bzw. 90,9 Tonnen (-33,0 Prozent p.a.) ein. Dies lag einerseits am hohen Goldpreis und andererseits an den corona-bedingten Restriktionen sowie den eingetrübten Konjunkturperspektiven.
Unter Investoren fungiert ein steigender Goldpreis selten als "Bremsklotz", sondern häufig sogar als "Katalysator", weil dadurch noch mehr Aufmerksamkeit und Kaufinteresse generiert wird. Trotz der jüngsten Rally dürfte das gelbe Edelmetall in vielen Portfolios weiterhin unterrepräsentiert sein. Sollte eine "echte" Flucht aus Aktien und/oder Staatsanleihen in den sicheren Hafen Gold erfolgen, könnte dies den Goldpreis in deutlich höhere Regionen katapultieren.
Nur zum Vergleich: Während das Technologieunternehmen Apple auf einen Marktwert von fast zwei Billionen Dollar kommt, bringt der weltgrößte Gold-ETF SPDR Gold Shares lediglich 78 Milliarden Dollar auf die Waage. Sollte sich der Trend "Raus aus Aktien, rein in Gold" weltweit abzeichnen, dürfte dies Preisturbulenzen, explodierende Aufgelder und Lieferprobleme und ähnliche (oder schlimmere) Verhältnisse wie im März nach sich ziehen.
Ausblick für die laufende Woche
In der vergangenen Woche machte Fed-Notenbanker Eric Rosengren von der Boston Fed Investoren wenig Hoffnung auf eine Erholung der US-Wirtschaft. Er rechne mit einer anhaltenden Abkühlung der wirtschaftlichen Aktivitäten. An den Aktienmärkten scheint dies angesichts neuer Rekordhochs bei US-Technologieaktien aber kaum zu interessieren.
Am Mittwoch dürfte daher die Finanzwelt auf das Fed-Protokoll der jüngsten Notenbanksitzung gespannt sein. Wie es um die Stimmung unter den US-Notenbankern vor zwei Wochen bestellt war, könnte den Finanzmärkten je nach Tenor neue Impulse zu verleihen. Derzeit glauben Börsianer offenbar an das altbewährte Rezept der Zentralbanken, über niedrige Zinsen und riesige Kaufprogramme die wenig gesund erscheinenden Finanzsysteme zu kurieren.
Wer darauf wetten möchte, dass die ultralockere Geldpolitik funktionieren wird, kauft Aktien. Wer sich vor potenziellen Komplikationen oder negativen Nebenwirkungen schützen möchte, vertraut eher auf den altbewährten Krisenschutz Gold.
Fazit: Darauf völlig verzichten sollte in Zeiten wie diesen niemand.