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Stand: 30.07.2024 von Jörg Bernhard
Die Krisenwährung Gold will einfach nicht billiger werden. Verkaufsargumente wie steigende Zinsen führen lediglich zu temporären Gewinnmitnahmen. Danach sorgen „Schnäppchenjäger“ regelmäßig für ein Ende der technischen Korrektur.
Goldpreisrückgang: Verkaufsargumente verlieren an Überzeugungskraft

Relativ immun gegen steigende Zinsen

Normalerweise gelten an den Goldmärkten rückläufige Anleiherenditen bzw. Realzinsen (inflationsbereinigt) als Kaufargument, während deren Bewegung nach oben als Verkaufsgrund interpretiert wird. Dieser Rückschluss und die daraus resultierende negative Korrelation zum Goldpreis erscheint plausibel, schließlich fällt Goldinvestoren der Verzicht auf Zinsen bei einer Talfahrt der Renditen wesentlich leichter als bei einer Bergfahrt (Opportunitätskosten).

In der Theorie wird bei steigenden Zinsen nämlich folgendermaßen argumentiert: Weil Gold weder Zinsen noch Dividenden bietet, nimmt die Attraktivität von Anleihen bei einem Zinsanstieg (Zinsrückgang) in der Regel zu (ab).

In den vergangenen drei Jahren hat diese vermeintliche Gesetzmäßigkeit allerdings komplett versagt, da sich der Goldpreis innerhalb dieses Zeitraums trotz eines massiven Zinsanstiegs um fast 32 Prozent verteuert hat. Auf kurze Sicht wird ein Zinsanstieg zwar häufig als Grund für einen rückläufigen Goldpreis angegeben, die langfristige Betrachtung offenbart allerdings, dass zuletzt vor allem rückläufige Zinsen dem gelben Edelmetall relativ zuverlässig in höhere Regionen verhelfen.

Der Grund liegt auf der Hand und dürfte unter anderem auf die rückläufige Bonität wichtiger Schuldnerstaaten zurückzuführen sein. Was nützen einem Geldanleger höhere Zinszahlungen, wenn aufgrund des bestehenden Kontrahentenrisikos ein Totalverlust nicht völlig ausgeschlossen werden kann.

Und der Umstand, dass die Bundesrepublik Deutschland eine höhere Bonität ausweist, als die USA, sollte auf keinen Fall überbewertet werden.

Zur Erinnerung: Vor der US-Immobilienkrise haben Ratingagenturen selbst Subprime-Hypotheken-Anleihen Bestnoten verliehen.

Schuldenberge im Auge behalten

Auf die zahlreichen Krisen während der vergangenen Jahrzehnte wurde stets mit neuen Schulden reagiert. Dies hat zum Beispiel dazu geführt, dass sich in den vergangenen 25 Jahren der Anteil der US-Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt von 59,1 Prozent (1999) auf 122,3 Prozent (2023) mehr als verdoppelt hat (siehe Chart).

Entwicklung des Anteils der Schulden am BIP seit 1999

Nicht ganz so schlimm hat sich in der Eurozone bzw. Deutschland die Schuldenlage entwickelt. Hier war nämlich diese Kennzahl im selben Zeitraum „lediglich“ von 71,6 auf 88,6 Prozent bzw. von 60,4 auf 63,6 Prozent angestiegen.

Folgende europäische Länder weisen allerdings Verschuldungsquoten von mehr als 100 Prozent des BIP aus: Griechenland (162 Prozent), Italien (137 Prozent), Frankreich (111 Prozent), Spanien (108 Prozent) und Belgien (105 Prozent).

Es ist davon auszugehen, dass ein nachhaltiges Abtragen der Schuldenberge – sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks – angesichts steigender Kosten für soziale Wohltaten und Verteidigung höchstwahrscheinlich nicht gelingen wird.

Oberste Priorität hat daher das Vermeiden des Worst-Case-Szenarios.

Dies würde zweifellos eintreten, wenn bei Staatsanleihen (aus welchen Gründen auch immer) Zinsen nicht mehr pünktlich gezahlt werden, auslaufende Anleihen nicht mehr refinanziert oder neue Schulden nicht mehr aufgenommen werden können. Wohl dem, der einen Teil seines Vermögens in Gold investiert hat.

Ausblick für die laufende Woche

In den kommenden Handelstagen dürften die Akteure an den Goldmärkten vor allem die anstehende Flut an US-Arbeitsmarktdaten genau inspizieren.

Los geht's am Mittwoch mit dem ADP-Monatsbericht über die Zahl neu geschaffener Stellen im Juli. Am Donnerstag sorgen dann der Challengerbericht über Stellenstreichungen sowie die wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe für erhöhte Aufmerksamkeit.

Richtig spannend wird es dann aber am Freitagnachmittag, wenn der aktuelle Monatsbericht des US-Arbeitsministeriums (Juli) veröffentlicht wird.

Laut einer von Trading Economics veröffentlichten Umfrage unter Analysten soll die Arbeitslosenrate bei 4,1 Prozent verharren und die Zahl neu geschaffener Stellen von 206.000 auf 185.000 gesunken sein.

Übrigens:Eine noch höhere Arbeitslosigkeit wurde letztmals im Oktober 2021 gemeldet. Noch bereitet die wirtschaftliche Entwicklung der USA den meisten Investoren offensichtlich kein größeres Kopfzerbrechen. Eine Rezession würde dies sicherlich ändern und Gold als Anlagealternative aller Voraussicht nach noch attraktiver machen.

Autor: Jörg Bernhard
Freier Wirtschaftsjournalist
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von Kleinverdiener | 31.07.2024, 14:19 Uhr Antworten

Bei dem bisschen Zins den ich als Kleinverdiener bekomme, kaufe ich lieber gleich Gold.
Wenn die Energiekosten nicht drastisch gesenkt werden und die Politiker keinen vernünftigen Haushaltsplan machen, sagt meine Kristallkugel: Kauf Gold.

von The Hedge | 30.07.2024, 16:25 Uhr Antworten

Mal eine unkomplizierte Rechnung:
Ich bin dankbar für Zinsen, die in etwa 6x so hoch sind wie beim letzten Festgeldvertrag.
Der Erlös geht ob der desolaten Kaufkraft direkt in Gold.
Fazit: Zinssenkung kann kommen, es wird aber wieder nur dieselben Gewinner und Verlierer geben.
Gold- und Vermögensteuer können kommen, aber nicht viel helfen.
Interessant, dass Sie jetzt von Zinssteigerung schreiben.

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