Euphorische Stimmung an den Aktienmärkten: Nachdem der US-Pharmariese Pfizer und die Mainzer Firma BioNTech am vergangenen Montagmittag, 9. November gemeldet hatten, dass deren möglicher Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 biete und der Antrag für eine Notzulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA bereits in der kommenden Woche gestellt werden könne, waren S&P500 und DAX nach oben geschossen.
Dabei hatte der US-Index ein neues Rekordhoch erreicht, während das hiesige Barometer über die 13.000 Marke gesprungen war und damit zügig den Spitzenwert von Mitte Februar bei knapp 13.800 Punkte in Angriff genommen hatte.
Aufgrund der Aussicht auf den Wirkstoff haben sich die Perspektiven für die Wirtschaft deutlich aufgehellt, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuletzt bis auf knapp 1,0 Prozent nach oben gesprungen sind. Damit haben sich die Zinsen gegenüber Anfang August verdoppelt, damals lagen sie mit 0,5 Prozent auf Schlusskursbasis in der Nähe des Rekordtiefs.
Das ist eine enorme Bewegung innerhalb von etwas mehr als drei Monaten!
Investoren erwarten, dass der Impfstoff ab Mitte 2021 in großem Stil eingesetzt werden könnte, weshalb sich die US- und die Weltwirtschaft im Gesamtjahr kräftig erholen dürften, was die Inflation anheizen würde.
Der rasante Zinsanstieg hat den Goldpreis einbrechen lassen, er notiert mit rund 1.865 Dollar je Unze in der Nähe des Dreieinhalb-Monats-Tiefs.
US-Konjunkturprogramm dürfte deutlich geringer ausfallen als erwartet
Für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den US-Zinsen – und damit für Gegenwind beim Goldpreis – hat zudem die US-Präsidentschaftswahl gesorgt.
Zwar hat – entgegen meiner Erwartung - Joe Biden von den Demokraten die Wahl gewonnen, allerdings dürfte der derzeitige US-Präsident Donald Trump gegen den seiner Meinung nach „Wahlbetrug“ durch alle Instanzen bis zum Obersten Gericht klagen, um im Amt bleiben zu können.
Gleichzeitig sieht es derzeit danach aus, dass Trumps Republikaner die Mehrheit im Senat verteidigen dürften. Selbst wenn Biden nach einer möglichen Amtseinführung am 20. Januar 2021 ins Weiße Haus einziehen sollte, dürfte es ihm daher sehr schwerfallen, ein großes Konjunkturprogramm durch den Kongress zu bringen, haben doch die Republikaner im Senat, die in den vergangenen Monaten jedes Billionenschwere Programm ohne Murren durchgewunken hatten, doch plötzlich das Thema Sparen entdeckt.
Daher könnte sich das nächste Konjunkturpaket möglicherweise nur auf 500 Mrd. bis 1,0 Billionen Dollar belaufen, womit die Wirtschaft deutlich weniger angekurbelt würde als durch die 2,2 Billionen, die die Demokraten vor der Wahl angestrebt hatten.
Je schwächer sich die US-Wirtschaft allerdings im laufenden Quartal und in den nächsten zwei entwickeln sollte, zumal die Zahl der Corona-Neuinfektionen von einem Rekordhoch zum nächsten steigt, was für Gegenwind für die Konjunktur sorgt, umso mehr müsste die Fed die Geldpolitik lockern, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Fed kommt unter Zugzwang
Damit wächst das Risiko, dass die Fed ihr aktuelles Gelddruckprogramm von 120 Mrd. Dollar monatlich aufstocken dürfte, was die Inflation zusätzlich anheizen würde. Dabei wächst die Geldmenge schon jetzt um mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr – das ist Rekord, und beläuft sich auf das Doppelte der Wachstumsrate früherer Krisenzeiten.
Das zeigt, wie schwer die US-Wirtschaft tatsächlich unter der Pandemie leidet und wieviel frisches Geld andauernd notwendig ist, um die Wirtschaft zu stützen.
Genau dieses Umfeld des gigantischen Gelddruckens und damit der rasanten Entwertung des Dollar hatte den Goldpreis in den vergangenen Monaten auf Rekordhochs getrieben, zumal der Dollar auf Talfahrt war. So ist der Dollar Index, der die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, widerspiegelt auf das niedrigste Niveau seit April 2018 gesunken.
Der Abwärtstrend des Dollar dürfte in den nächsten Monaten weitergehen.
Fed kann weiteren deutlichen Zinsanstieg nicht zulassen
Umso mehr kommt es darauf an, wie sich die US-Zinsen in den nächsten Monaten weiter entwickeln. Je stärker die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen steigen, umso mehr bremsen sie die hochverschuldete Wirtschaft, das kann die Fed unter keinen Umständen zulassen. Zwar könnte sich die Fed wegen des umstrittenen US-Wahlausgangs erst noch etwas zurückhalten.
Wenn das allerdings endgültig geklärt ist – notfalls durch die Gerichte - und die Zinsen dennoch weiter deutlich steigen sollten, dürfte die Fed schnell zur Tat schreiten, und künftig noch mehr Anleihen kaufen – sprich Geld drucken - als ohnehin schon, um die Zinsen wieder nach unten zu bringen.
Dann wird sich zeigen, wie sich der Goldpreis entwickelt.
EZB dürfte vorlegen
Zudem sollten sich hiesige Anleger darauf einstellen, dass die EZB bei der nächsten Sitzung am 10. Dezember ein großes Maßnahmenpaket verabschieden wird, wie EZB-Chefin Christine Lagarde zuletzt wiederholt signalisiert hat. Dabei dürfte die Notenbank meiner Meinung nach das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) von 1,35 Billionen Euro, das bis Mitte 2021 läuft, auf 2 Billionen Euro aufstocken und es bis Ende 2021 verlängern.
Gleichzeitig dürfte die EZB einmal mehr Billionenschwere Kredite für die Banken ankündigen. Als „i-Tüpfelchen“ könnte die Notenbank den Einlagenzins für die Banken vom Rekordtief von minus 0,50 auf minus 0,60 Prozent senken. Damit gäbe es noch mehr Strafzinsen in der Euro-Zone als ohnehin schon.
Dagegen schützt kaum etwas besser als der Besitz von physischem Gold.