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Stand: 19.03.2021 von Hannes Zipfel
Bei der letzten Platinanalyse von 27. November 2020 notierte das Edelmetall noch im dreistelligen Bereich in US-Dollar pro Unze. Seitdem konnte der Preis die 1.000-Dollar-Marke nachhaltig überwinden und befindet sich nun in einer wichtigen charttechnischen Zone. Ob sich der Kauf jetzt noch lohnt, darüber geben auch die jüngsten Daten und Prognosen des World Platinum Investment Council Auskunft.
Ist Platin jetzt kaufenswert?

Konsolidierung auf dem Weg nach oben

Trotz der fulminanten Rallye der letzten zwölf Monate notiert der Platinpreis noch gut 82 Prozent unter seinen Höchstständen aus dem Jahr 2008 bei 2.180 US$/Unze.

Erst sorgte die weltweite Finanzkrise ab 2008 für einen signifikanten Einbruch bei der Nachfrage nach dem Industriemetall und anschließend der zeitlich sehr ausgedehnte und auch finanziell folgenreiche Dieselskandal.

Das weltweite Platinangebot wurde im Durchschnitt der letzten fünf Jahre zu 40 Prozent von der Automobilindustrie hauptsächlich für den Einsatz in Dieselkatalysatoren absorbiert. Im Jahr 2020 sank dieser Anteil auf nur noch 35 Prozent (2,4 Mio. Unzen).

Die Wirtschaftskrise des letzten Jahres verringerte die Nachfrage in der Automobilbranche und im schmuckverarbeitenden Sektor ebenso wie in der chemischen Industrie zusätzlich, wo Platin schwerpunktmäßig als Katalysator- und Legierungsmetall zum Einsatz kommt.

Die Schmuckverarbeitung und die Chemie gehören nach der Automobilindustrie zu den wichtigsten Verarbeitern des weißen Edelmetalls.

Platin Langfristigerchart

Mit dem Überwinden der aktuellen Krise in Verbindung mit nie zuvor gesehenen wirtschaftlichen Stimulusprogrammen hellen sich die Zukunftsaussichten von Platin nun wieder deutlich auf, was sich auch im Preisverlauf widerspiegelt.

Platin in US-Dollar pro Unze

Aktuell befinden sich die Notierungen für Platin in einer Preisspanne zwischen 1.170 US$/Unze auf der Unterseite und ca. 1.300 US$/Unze auf der Oberseite. Beide Begrenzungen resultieren aus horizontalen Unterstützungs- bzw. Widerstandslinien. Generell befindet sich der Platinpreis in einem zwar recht steilen, aber dennoch stabilen Aufwärtstrend.

Hinweis: Der Autor dieses Artikels hält selbst Platin in Form von Münzen und ungehebelten Exchange Traded Commodities (ETC). In dem Echtgeldportfolio ist die ETC-Position bei einer Gesamtgewichtung von 4,6 Prozent aktuell mit knapp 42 Prozent im Plus und damit neben Silber eine der profitabelsten momentan im Portfolio befindlichen Positionen.

Der Kauf der ersten von vier Platin-ETC-Tranchen erfolgte am 5. Juni 2020, die Letzte am 30. Juli. Seitdem sind die Preise weiter gestiegen.

Gegenwind von der Zinsfront und Gewinnmitnahmen

Zuletzt kamen die Notierungen wie bei allen Edelmetallen etwas unter Druck. Zum einem aufgrund von Gewinnmitnahmen nach einer Verdopplung seit den Tiefstständen von vor einem Jahr und zum anderen wegen der zuletzt dynamisch gestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt.

Da Rohstoffe keine Zinsen abwerfen, aber gleichzeitig die wirtschaftliche Dynamik durch höhere Kreditkosten gedämpft wird, bedeutet diese Entwicklung Gegenwind für die Rohstoffnachfrage vonseiten der Investoren sowie vonseiten der Industrie.

Es gibt jedoch auch starke Impulse von der Angebots- und Nachfrageseite zugunsten weiter steigender Notierungen.

Daher ist das im obigen Chart eingezeichnete Prognoseszenario mit einem Ausbruch der Notierungen gen Norden realistisch, zumal die Zinsen in Anbetracht der allseits bekannten Überschuldungsproblematik nur noch begrenzten Spielraum nach oben haben und anschließend entgegengesetzt zur weiter explodierenden Gesamtverschuldung neue Tiefststände nahe und unter null erreichen sollten.

Konjunkturerholung und Emissionsvorschriften

Der wieder zunehmende Einsatz von Platin in Katalysatoren sowie der Optimismus der Investoren hinsichtlich der Erholung nach dem Pandemie-Schock haben zusammen mit strengeren Emissionsvorschriften für Fahrzeuge auch die Investmentnachfrage weiter beflügelt.

Die Bestände der Platin-ETFs haben sich relativ unabhängig vom Preisverlauf des Platin sukzessive nach oben entwickelt und zum Jahresultimo 2020 neue Rekorde erreicht.

Gesamtbestände Platin-ETFs

Mittlerweile wird Platin sogar als „Grünes Metall“ bezeichnet, was nicht speziell auf die Gewinnungsmethode des Rohstoffs zurückzuführen ist, sondern primär auf die signifikante Reduzierung von Schadstoffen im Verkehr durch den Einsatz in Katalysatoren.

Zudem deuten die nach wie vor stark voneinander abweichenden Preise zwischen Palladium und Platin (Palladium: 2.600 US$/Oz. vs. Platin: 1.175 US$/Oz.) auf eine Neuausrichtung der Materialnachfrage in der Automobilindustrie hin.

Die Substitution der beiden hochreagiblen Katalysatormetalle ist bereits im Gange.

Der britische Automobilzulieferer Johnson Matthey erwartet, dass der Platinanteil in Fahrzeugen nach einem 15-jährigen Rückgang nun wieder deutlich ansteigt. Der Zuwachs wird hauptsächlich von der höheren Nachfrage nach chinesischen Schwerlastfahrzeugen getragen. Zusätzlich soll die Erholung der Automobilproduktion im Allgemeinen im Jahr 2021 die Nachfrage nach allen Metallen der Platingruppe ankurbeln.

Gemäß den Projektionen des World Platinum Investment Council soll die Platinnachfrage für Katalysatoren in diesem Jahr um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr ansteigen, nach einem Minus von 17 Prozent im letzten Jahr (Quelle: Platinum Quarterly Q4 2020 vom 10. März 2021).

Wenig Produzenten mit sinkendem Angebot

Die Platinproduktion ist mit über 70 Prozent ungewöhnlich hoch auf Minen aus einer relativ kleinen geografischen Region in Südafrika konzentriert. Hier ist das Minenangebot von einem Höchststand von 5,3 Millionen Unzen im Jahr 2006 auf 3,27 Millionen Unzen im Jahr 2020 vor allem aufgrund sinkender Margen und begrenzter Investition in den Vorjahren zurückgegangen.

Weltweit betrug das Gesamtangebot inkl. Recycling im vergangenen Jahr gemäß den Schätzungen des World Platinum Investment Council 6,8 Millionen Unzen. Noch 2019 waren es 8,2 Millionen Unzen, die in Südafrika, Zimbabwe, Nordamerika, Russland und anderen Staaten produziert bzw. weltweit recycelt wurden.

Terminmarktspekulation kühlt sich ab

Im Zuge der Kursverdopplung der letzten zwölf Monate war auch die Spekulation an der größten Rohstoffterminbörse, der COMEX in New York, etwas heiß gelaufen.

Die jüngsten Daten des sogenannten COT-Reports zeigen jedoch einen Abbau des spekulativen Exposures der großen Spekulanten (grüne Linie im oberen Bereich des unten abgebildeten Charts): Wurden am 31. Januar dieses Jahres noch 67.569 spekulative Kaufkontrakte verzeichnet, so sind es gemäß der jüngsten Daten nur noch 28.037 Kontrakte. Jeder Kontrakt umfasst 50 Unzen Platin.

Das Volumen der Kontrakte der „Large Speculators“ gilt aufgrund ihrer i. d. R. prozyklischen Handelsstrategien als Kontraindikator. Ein abnehmendes Volumen spekulativer Positionen auf steigende Platinpreise (Long-Kontrakte) ist daher im Umkehrschluss positiv im Sinne weiteren Kurssteigerungspotenzials zu werten.

Terminmarktdaten Platin COMEX (NY)

Der Commitments of Traders Report (COT-Report) ist ein von der Börsenaufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Comission (CFTC) wöchentlich veröffentlichter Bericht zur Positionierung der Terminmarktteilnehmer.

Die CFTC hat den Auftrag, die Rohstoff- und Optionsmärkte in den Vereinigten Staaten zu beaufsichtigen und zu regulieren. Dadurch stellt die CFTC sicher, dass die Futures-Märkte zwei wichtige Funktionen erfüllen: eine faire und liquide Preisbildung im Rohstoffsektor sowie die Verminderung des Preisrisikos am Futures- und Optionsmarkt.

Der wöchentlich erscheinende COT-Report soll Transparenz in den Handel mit Future-Kontrakten auf verschiedenen Basiswerte wie Metalle, Agrargüter oder Staatsanleihen etc. bringen.

Der Report wird normalerweise am Freitag (um 21:30 Uhr MESZ) auf der Webseite der CFTC veröffentlicht und stellt die Positionen der reportpflichtigen Marktteilnehmer dar.

Diese Positionen werden von den Brokern jeweils am Dienstag nach Handelsschluss an die CFTC gemeldet und dort analysiert und verifiziert. Es handelt sich demnach nicht um Echtzeitdaten, was deren Aussagekraft etwas relativiert (Quellen: CFTC, insider-week.de, eigene Bearbeitung und Übersetzung).

Aufgrund der Bedeutung des Terminmarktes für die Preisfindung der Rohstoffe ist die Einbeziehung der COT-Daten in eine ganzheitliche Analyse empfehlenswert.

Saisonalität spricht nicht gegen weiter steigende Kurse

Abschließend soll ein Blick auf das saisonale Preisverhaltensmuster bei Platin Aufschluss über die aktuellen Einstiegschancen geben.

Wie bei jedem Rohstoff bestimmen jahreszeitliche Nachfrage bzw. Angebotsspitzen die Preisentwicklung. Bei Benzin ist dies beispielsweise die sogenannte „Driving Season“ im Frühling und während der Urlaubssaison im Sommer.

Ähnliche Muster finden sich bei Agrarrohstoffen oder fossilen Energieträgern bzw. Strompreisen. Beim Platin ist die Korrelation zwischen den Jahreszeiten und der Preisentwicklung nicht überdurchschnittlich stark ausgeprägt, spricht gleichwohl momentan zumindest kurzfristig nicht gegen weiter steigende Notierungen.

Saisonalität Platinpreis

Fazit und Ausblick

Wie viele Industriemetalle und Rohstoffe hat sich auch Platin seit den Tiefstständen im März letzten Jahres bereits deutlich verteuert. Dennoch gibt es Sonderfaktoren, die den Notierungen weiter Luft nach oben verschaffen.

Das stärkste Argument ist die Substitution zwischen dem deutlich teureren Palladium gegenüber Platin sowie die ultralaxe Geldpolitik, die eine äußerst positive Gemengelage für zinslose und knappe Ressourcen schafft.

Aus heutiger Sicht scheint es mittelfristig durchaus realistisch, dass Platin die Preisniveaus aus dem Jahr 2008 erneut erreicht. Damit verbunden wäre ein erhebliches Renditepotenzial – auch ohne Fremdkapitalhebel.

Autor: Hannes Zipfel
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von Werner | 21.03.2021, 08:09 Uhr Antworten

Haken bei Platin sind doch die 19% MwSt. Ich vermute ja, dass auf einer Seite wie Gold.de nicht der Kauf von Papierplatin empfohlen wird. Die 20% sind sofortiger realer und sicherer Verlust, Preissteigerungen sind spekulativ.

2 Antworten an Werner anzeigen

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