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Stand: 05.03.2021 von Egmond Haidt
Nach dem kräftigen US-Zinsanstieg seit Jahresanfang hatten Investoren gehofft, dass Fed-Chef Jay Powell bei einer Diskussionsrunde die Zinsen nach unten reden würde. Allerdings hat er die Erwartungen der Investoren enttäuscht, was für Börsenturbulenzen sorgt.
Powell-Rede lässt US-Zinsen nach oben schnellen

Mit großer Spannung hatten Anleger auf die Diskussionsrunde mit Fed-Chef Jay Powell beim Wall Street Journal zur Lage der US-Wirtschaft gewartet. Allerdings sind Investoren herb enttäuscht worden, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf aktuell 1,56 Prozent nach oben geschossen sind und damit in der Nähe des 52-Wochen-Hochs liegen.

Daraufhin ist nicht nur der S&P500, sondern auch der Goldpreis eingebrochen.

Mit Kursen von knapp unter 1.700 Dollar je Unze notiert er in der Nähe des Neun-Monats-Tiefs. Zumal gleichzeitig die Realzinsen auf Basis zehnjähriger Inflationsgeschützter US-Anleihen – ein starker Einflussfaktor auf die Notierung des Edelmetalls – auf minus 0,66 Prozent nach oben gesprungen sind.

Damit liegen sie in der Nähe des Acht-Monats-Hochs. Die kräftig steigenden Zinsen haben zuletzt zudem den Dollar deutlich mit nach oben gezogen, womit der Goldpreis von einer weiteren Seite merklichen Gegenwind hatte.

Keinen Hinweis auf eine „Operation Twist“

Investoren hatten einige Vorstellungen was Powell möglicherweise sagen könnte, um die Zinsen nach unten zu drücken. Schließlich hatte deren kräftiger Anstieg bereits in der letzten Februarwoche für einen zwischenzeitlichen Kurseinbruch bei S&P500 und DAX gesorgt, weil bei steigenden Zinsen allmählich heiße Luft aus dem Aktienmarkt entweicht.

Schließlich hatte in den vergangenen Jahren das massive Gelddrucken der Fed, die die Zinsen auf immer neue Rekordtiefs gedrückt hatte, den S&P500 in die Stratosphäre getrieben. Das können Sie in dem Beitrag „Größte Aktienblase aller Zeiten“ nachlesen.

Powell hätte diesmal beispielsweise eine „Operation Twist“ signalisieren können, wie sie die Fed bereits zwischen September 2011 und Dezember 2012 durchgeführt hatte. Damals hatte die Fed kurzlaufende Anleihen verkauft, und im Gegenzug langlaufende gekauft, um deren Zinsen nach unten zu drücken.

Damals waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen anfangs monatelang um die Marke von 2,0 Prozent gependelt, und dann – im Zuge der Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone - am 25. Juli 2012 auf ein Mehr-Jahres-Tief von 1,43 Prozent gesunken, ehe der damalige EZB-Chef tags darauf, also am 26. Juli, mit seiner

„What ever it takes“-Aussage („Was immer notwendig sein wird, (um den Euro zu erhalten)“)

für Furore gesorgt hatte. Anschließend tendierten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen in den Folgemonaten bis zum Ende 2012 seitwärts bei rund 1,75 Prozent.

Würde Powell diesmal eine „Operation Twist“ ankündigen, könnte das erneut für einen deutlichen Rückgang bei den Zinsen zehnjähriger Papiere sorgen, woraufhin S&P500 und in dessen Fahrwasser der DAX wieder nach oben drehen würden.

Gleichzeitig könnten sinkende US-Zinsen den Goldpreis stützen.

Steuerung der Zinsstrukturkurve

Mit einer derartigen Maßnahme würde die Fed eine Steuerung der Zinsstrukturkurve durchführen, auch wenn die Fed das nicht so offen sagen würde. Sie würde also durch die Verschiebung ihrer Anleihekäufe in Richtung langlaufender Anleihen die Zinsen für diese Papiere nach unten drücken – das ist das Entscheidende – womit sich die Perspektiven für die US- und damit die Weltwirtschaft aufhellen würden.

Denn in den USA sind viele Kredite, beispielsweise Hypothekenkredite, an die Entwicklung zehnjähriger Zinsen für Staatsanleihen gekoppelt.

Nur wenn die Schuldensause auf Hochtouren läuft, kann die Wirtschaft kräftig wachsen.

Andererseits könnte die Fed auch explizit sagen, dass sie die Zinsen zehnjähriger Anleihen beispielsweise bei höchstens 1,5 Prozent oder sogar 1,0 Prozent halten will und dazu noch mehr Anleihen kaufen würde als bislang ohnehin schon.

Dann würde die US-Notenbank offen eine Steuerung der Zinsstrukturkurve durchführen, wie das beispielsweise die australische Notenbank macht. Sie hat festgelegt, dass die Zinsen für dreijährige Anleihen bei 0,1 Prozent liegen sollen – welcher Irrsinn!

Powell verbreitet Plattitüden

Aber statt all dieser Möglichkeiten, - die ich allesamt für Wahnsinn halte, weil die Verwerfungen am US-Anleihenmarkt noch viel größer würden als ohnehin schon, womit er noch weniger Signalcharakter hätte als zuvor, - hat Powell nur Plattitüden verbreitet.

„Wir beobachten eine breite Spanne von Finanzbedingungen und wir glauben, dass wir weit entfernt sind von unseren Zielen“, sagte Powell.
„Ich wäre besorgt über ungeordnete Bedingungen an den Märkten oder eine anhaltende Verschärfung der Finanzbedingungen, wenn dies das Erreichen unserer Ziele gefährdet.“

Damit hat Powell zwar einmal mehr Zinserhöhungen ausgeschlossen und betont, dass die Fed weiterhin netto 120 Mrd. Dollar pro Monat über die Käufe von Staats- und Hypothekenanleihen in die Märkte pumpen wird.

Das genügt Investoren aber längst nicht mehr. Sie wollen von Powell klare Signale bekommen, dass sich die Fed energisch gegen steigende US-Zinsen stellen wird, und gegebenenfalls eine „Operation Twist“ durchführt, oder die Zinsstrukturkurve steuert, oder sonst irgendeine Maßnahme unternimmt.

Wie schnell wird die Fed eingreifen?

Umso mehr wächst nun allerdings der Druck auf Powell. In den nächsten Tagen dürften Investoren mit weiteren Anleiheverkäufen die Zinsen zehnjähriger US-Anleihen weiter nach oben treiben, wodurch sich die Korrektur am Aktienmarkt ausweiten würde.

Das will die Fed aber unter allen Umständen verhindern, weil sich ansonsten Billionen an Dollar an Aktien- und Anleihevermögen in Luft auflösen würden, was schnell auf die Stimmung der Amerikaner durchschlagen sollte.

Wenn sie ihren Konsum drosseln würden, würde die US-Wirtschaft nach dem aktuellen Strohfeuer durch das jüngste Konjunkturprogramm von 900 Mrd. Dollar und dem geplanten von 1,9 Billionen Dollar schnell in eine Rezession abrutschen.

Das kann die Fed unter keinen Umständen zulassen, weshalb sie mit Hochdruck an irgendwelchen Maßnahmen arbeiten muss, die sie spätestens bei der nächsten Sitzung am 17. März präsentieren muss.

Da der kräftige US-Zinsanstieg erst einmal weitergehen dürfte, könnte die Fed vielmehr bereits innerhalb weniger Tage eine außerordentliche Ankündigung machen, also eine Steuerung der Zinsstrukturkurve bekanntgegeben.

Dann schauen wir mal, wie sich der Goldpreis entwickeln wird.
Autor: Egmond Haidt
Finanzjournalist
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von Graf von Henneberg | 07.03.2021, 13:58 Uhr Antworten

Da tut irgendjemand eine Rede reden und schon sind alle in Jubelstimmung.

von meerettich | 06.03.2021, 23:32 Uhr Antworten

Würde die FED jetzt durch Verkauf von $ Bonds mit kurzfristiger Zinsfestschreibung gegen Kauf von Langläufern twisten, so würden die kurzen Zinsen steigen und die langen Zinsen fallen.
Das wäre für die Expansion der $ Geldmenge zwar neutral, aber man könnte vermuten, daß die, von Biden geplanten 1,9 Billionen $ Konjunktur-Hilfen unverhältnismäßig stark Inflations- und Zins- treibend sind.
Bei der EZB stehen mit PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programm) ähnlich hohe Beträge im Feuer. Der Corona-Virus mag ja an vielem „Schuld“ sein. Aber er wird von Wahlkämpfern zweifellos auch benutzt wie Erbsen auf der Treppepe.
Wer langlaufende Bonds besitzt wird beim geringsten Zeichen steigender Zinsen sofort verkaufen. (vergl. 1979/80, bei geringeren Schulden, Zins-Sprung von 6% auf DM-Basis)
Wumms. Steigende Kredit-Kosten für Staaten und „arme“ Investoren. Steuern hoch, Preise hoch, Löhne runter… Dem kann man nicht mit Mitteln des Wohlfahrts-Staates beikommen, die am Ende doch der einfache Bürger zu zahlen hat. Man muß die erfolgte Umverteilung von Steuer- u, Soziallasten liberal-konservativ reformieren.

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