Gold: 2.244,87 € 0,00 %
Silber: 26,93 € 0,00 %
Stand: 06.05.2021 von Hannes Zipfel
Immer wieder werden die relativ hohen Investitionen der Deutschen in das gelbe Edelmetall in den Medien thematisiert und die Motive der Anleger in Zweifel gezogen. Dabei ist allein der seit über einer Dekade anhaltende ökonomische Ausnahmezustand in der Eurozone Grund genug dafür, sein Vermögen via Gold schützen zu wollen.
Die „seltsame“ Goldliebe der Deutschen

Gold ist bei den Deutschen sehr beliebt

Die neue Goldstudie des CFin - Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin im Auftrag der ReiseBank AG zeigt die ungebrochene Beliebtheit des Goldes als das präferierte Vermögensschutzinstrument vor Krisen und Inflation.

Demnach besaßen die Deutschen zu Beginn dieses Jahres die Rekordmenge von 9.089 Tonnen Gold. Davon 5.194 Tonnen (57 Prozent) in Form von Barren und Münzen.

Für die Studie „Gold-Investments 2021: Indikatoren, Motive und Einstellungen von Privatpersonen“ wurden 2.000 erwachsene Bundesbürger befragt. Über 90 Prozent der Teilnehmer zeiget sich dabei mit ihrer Gold-Anlage zufrieden.

Im Vergleich zur letzten Goldstudie der Steinbeis-Hochschule aus dem Jahr 2019 stieg der in privaten Händen befindliche Goldschatz hierzulande um 269 Tonnen an. Und dass trotz deutlich gesunkener Schwellenbeträge für den anonymen Kauf von physischem Edelmetall.

Zusammen mit den Reserven der Bundesbank in Höhe von 3.392 Tonnen besitzen die Deutschen damit insgesamt 6,2 Prozent der weltweit bekannten überirdischen Goldmenge im Gesamtwert von aktuell 593 Milliarden Euro.

Grafik ReiseBank AG „seltsame“ Goldliebe der Deutschen

Grafik und Bildrechte: ReiseBank AG

Gold wird verbal herabgesetzt

Die Studie fand in der Presse bereits Widerhall. Obwohl aus den Antworten der Befragten klar die Kaufmotive und die Zufriedenheit mit den getätigten Goldinvestments hervorgeht, übertitelt die Online-Ausgabe eines großen deutschen Nachrichtenmagazins ihren Artikel zur Steinbeis-Studie folgendermaßen:

„Rekordmenge angehäuft, „Sie haben massiv zugekauft“: Die seltsame Goldliebe der Deutschen“.

Interessant ist, dass die in dem Beitrag aufgeführten Fakten das in der Überschrift zum Ausdruck kommende Unverständnis zur Goldliebe der Deutschen in keiner Weise rechtfertigen. Auch die tendenziös anmutende Frage in einer Zwischenüberschrift „Sicherer Hafen?“ wird den dann folgenden Informationen nicht gerecht.

Zur Ausgewogenheit der Berichterstattung müssten auch Artikel mit der Überschrift „Die seltsame Immobilienliebe der Deutschen“ erscheinen. Zumal gemäß der neuen politischen Korrektheit die größtenteils aus Beton gefertigten Eigenheime als Klimakiller gelten.

Betrachtet man die globale Zementindustrie als einzelne Volkswirtschaft, wäre sie nach den USA und China der größte CO2-Produzent der Welt. Stattdessen wird die im Vergleich dazu verschwindend kleine und mit zunehmend härteren Naturschutzauflagen konfrontierte Goldminenindustrie als Umweltsünder gebrandmarkt.

Die Zitate des Autors der Gold-Studie, Jens Kleine, lesen sich hingegen durchweg positiv im Sinne des Edelmetalls. Dennoch kann es sich der oder die Redakteure/Redakteurin nicht verkneifen, zwei beliebte, aber mittlerweile völlig sinnfreie Argumente gegen Gold mit einzustreuen:

„Das Edelmetall verliert trotz Preisschwankungen seinen Wert auch in Krisenzeiten nie ganz. Allerdings gibt es für Gold weder Zinsen noch Dividenden.“

In einem Null- und Negativzinsumfeld ist diese Aussage schlicht irrelevant. Bei Kapitalmarktzinsen für deutsche Staatsanleihen von -0,7 Prozent p. a. für zweijährige, -0,6 Prozent p. a. für fünfjährige und -0,22 Prozent p. a. für zehnjährige Papiere hat das unverzinste Gold im heimischen Tresor ohne laufende Kosten aktuell sogar einen Zinsvorteil.

Das gilt auch im Vergleich zu Einlagen auf Giro- und Sparkonten, die von einer stark wachsenden Zahl von Banken und Sparkassen mit Strafzinsen belegt werden. Diese Tatsachen bleiben gleichwohl unerwähnt.

In Bezug auf die Dividendenlosigkeit des Goldes hilft zur Klarstellung ein Blick auf den Vergleich der Wertentwicklung zwischen dem Deutschen Aktienindex inkl. Dividenden (DAX 30 Perfomance Index) und dem Goldpreis in Euro. Über einen längeren Zeitraum betrachtet kehrt sich auch dieser vermeintliche Nachteil des gelben Edelmetalls ins Gegenteil um.

Bild Gold vs. Dividendenmittel 2020 Jahresauftaktstände

Ökonomischer Ausnahmezustand

Das Bedürfnis, sich mit Gold gegen den ökonomischen Ausnahmezustand, in dem wir seit geraumer Zeit leben, abzusichern, ist verständlich und empirisch belegbar sinnvoll: Erst musste der Immobilienmarkt und das weltweite Finanzsystem gerettet werden, anschließen ganze Staaten wie Griechenland, Zypern und Portugal. Wenig später folgte der Euro als Währung, das italienische Bankensystem, der US-Repo- und Geldmarkt sowie anschließend die ganze Welt in der Corona-Krise. Gold wurde seinem Krisenschutzcharakter gerecht und stieg im Wert deutlich an.

Die Mittel, zu denen während der Rettungsaktionen gegriffen wurden, haben zu Überschuldung, explodierenden Geldmengen, der Abschaffung des Marktzinses, Fehlallokationen und Vermögenspreisblasen geführt.

Das steigende Bedürfnis der Deutschen, sich vor Staatsbankrotten und dem Kaufkraftverlust der Fiat-Währungen zu schützen, ist daher nachvollziehbar und überhaupt nicht „seltsam“.

Als Exportnation sind wir eng mit dem wirtschaftlichen Schicksal unserer Abnehmerländer verflochten. Daher reagieren wir auch besonders sensibel auf Krisen in unseren Nachbarstaaten, aber auch in Asien und den USA.

Schaut man sich die Entwicklung der durch Rettungsprogramm-Wertpapierkäufe stark aufgeblähten Bilanz der Europäischen Zentralbank (EZB) an, dann bedarf es wenig Fantasie, das Ausmaß der Krise zu erahnen.

Bild Bilanzsummen der EZB 1999 - 2021

Auch die Geldmengenentwicklung in den USA seit den Sechzigerjahren mutet krisenhaft und außer Kontrolle an. In dieser Statistik sind die inflationsreichen Siebzigerjahre mit enthalten.

Das Ausmaß des heutigen Gelddruckens stellt gleichwohl auch diese Periode, in denen der Goldpreis ebenfalls sehr beliebt war, weit in den Schatten.

Bild US-Geldmengen M2 Jahresentwicklung 01/2020 - 01/2021

Fazit und Ausblick

Als Goldanleger muss man sich an Herabwürdigungen und Unverständnis gewöhnen. Schaut man sich die Motive der Deutschen für den Kauf von Gold gemäß der jüngsten Steinbeis-Studie an, so sind diese von Realitätssinn und ökonomischem Sachverstand geprägt.

Wohingegen die leicht zu widerlegenden Goldressentiments in einigen Medien reflexartig und nicht mehr zeitgemäß anmuten.

Für die mittelfristige Zukunft ist nicht absehbar, dass sich der ökonomische Ausnahmezustand, in dem wir leben, beendet werden kann. Im Gegenteil werden wir Zeugen einer noch vor wenigen Jahren in den westlichen Volkswirtschaften undenkbaren Geldpolitik, die versucht, die überschuldeten Haushalte im öffentlichen und privaten Sektor am Leben zu erhalten, koste es, was es wolle.

Das eigene Vermögen gegen die unvermeidlichen und zunehmend sichtbar werdenden Nebenwirkungen dieser risikoreichen Entwicklung zu schützen, sollte in einer freiheitlichen Gesellschaft, in der das Eigentum durch die Verfassung geschützt wird, nicht herabgewürdigt werden. Und wenn dies doch geschieht, sollte das ein zusätzliches Warnsignal sein und erst recht zum Nachdenken über Gold als Krisenschutz animieren.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
Ihre Meinung zum Thema?
Sicherheitsfrage: Wie viele Münzen sehen Sie?
Fragen über Fragen
Ich stimme zu, dass mein Kommentar und Name zur Veröffentlichung auf GOLD.DE gespeichert wird. Die Netiquette für Kommentare hab ich gelesen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit per Mail an info@gold.de widerrufen. Unsere Datenschutzerklärung.
von Corbinian | 06.05.2021, 21:50 Uhr Antworten

"Money is Gold, and NOTHING else." -John Pierpont (J.P.) Morgan, December 18, 1912

1 Antwort an Corbinian anzeigen
von Silberhamster | 06.05.2021, 15:37 Uhr Antworten

Warum wurde erst neulich die Obergrenze für anonyme Tafelgeschäfte deutlich reduziert? Ausgerechnet jetzt? Man sagt, es sei zu Bekämpfung von Geldwäsche, als ob dieses Problem nicht seit Jahrzehnten schon bestünde. Nein! Man möchte Kontrolle. Man möchte Kontrolle über das Vermögen, weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass man "wegen Corona" bald auf unser Vermögen zugreifen wollen wird. An die 9000 Tonnen Gold der Deutschen kann man höchstens durch ein Goldverbot kommen. Wenn es wirklich so weit kommt, wäre es keine schlechte Idee, neben Edelmetall und Dosenfutter auch in einen guten Spaten zu investieren.

2 Antworten an Silberhamster anzeigen
von Corbinian | 06.05.2021, 21:13 Uhr Antworten

Barbarisches Relikt! /s

Copyright © 2009-2024 by GOLD.DE – Alle Rechte vorbehalten

Konzept, Gestaltung und Struktur sowie insbesondere alle Grafiken, Bilder und Texte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Missbrauch wird ohne Vorwarnung abgemahnt. Alle angezeigten Preise in Euro inkl. MwSt. (mit Ausnahme von Anlagegold), zzgl. Versandkosten, sofern diese anfallen. Verfügbarkeit, Abholpreise, Goldankauf und nähere Informationen über einzelne Artikel sind direkt beim jeweiligen Händler zu erfragen. Alle Angaben ohne Gewähr.

Stand: 02:11:12 Uhr