Die scheinbare Stabilität der Fiat-Währungen
Schaut man sich die Gründe an, die private Anleger, institutionelle Investoren und sogar Notenbanken dazu motivieren, Gold zu kaufen, dann werden diese von Jahr zu Jahr zahlreicher und drängender. Dabei ist das Gewicht des edlen Metalls in den globalen Portfolios gemessen an den historischen Rekorden Ende der 80iger Jahre und im Vergleich zu den Investitionen in Anleihen, Aktien und Immobilien noch relativ gering.
Bezieht man die Geldmengenentwicklung mit ein, dann ist die Diskrepanz zu früheren Zyklen noch wesentlich größer. Allein die US-Dollar Geldmenge in der engen Abgrenzung M1 hat sich seit Jahresbeginn gemäß der US-Notenbank Fed um 66,5 Prozent erhöht: von 3,95 auf 6,6 Billionen US-Dollar.
Den neu geschöpften 2.650 Mrd. US-Dollar, die nur einen Bruchteil des gesamten globalen Geldmengenanstiegs aller Währungen widerspiegeln, steht ein Gesamtangebot an Gold im Jahr 2020 von ca. 4.500 Tonnen gegenüber. Dies entspricht einem aktuellen Marktwert in Höhe von 272 Mrd. US-Dollar.
Das Nachfragepotenzial ist also bei Weitem nicht ausgeschöpft, zumal die Notenbanken die Fortführung ihrer Geldschöpfungsexzesse erst im Dezember erneut beschlossen haben.
Noch gibt es zudem die weitverbreitete Illusion, man könne ökonomisch so weiter wirtschaften wie bisher und alle ökonomischen Probleme durch exzessives Gelddrucken lösen. Noch werden auch die Warnungen aus den Geschichtsbüchern zu den enormen Risiken und Nebenwirkungen der Gelddruckorgien ignoriert.
Zu verdanken ist diese Tatsache auch der scheinbaren Normalität. Dank der relativ stabilen Konsumentenpreise gelingt es den Notenbanken, die Illusion aufrecht zu erhalten, dass das von ihnen emittierte Geld werthaltig bleibt, egal wie viel sie davon in Umlauf bringen. Dabei findet in den Notenbankbilanzen bereits eine erschreckende Verschlechterung statt und die Vermögenspreisen erleben einen stark beschleunigten Preisauftrieb.
Aber die Teuerung bei Sachwerten wie Aktien, Immobilien oder eben Gold fließen kaum in den statistischen Warenkorb mit ein, sondern werden im Gegenteil sogar als Indikator einer robusten Wirtschaft politisch verkauft.
Dabei zeigte gerade das zurückliegende Jahr, dass der Zusammenhang zwischen der Realwirtschaft und der Explosion der Vermögenspreise sogar negativ ist: Die Wirtschaft schrumpft, während die Vermögenspreise nominale Allzeithöchststände erreichen.
Die globale Schuldensituation wird gleichzeitig immer besorgniserregender, wie das Institut of International Finance in seinen quartalsweise erscheinenden Berichten („Global Debt Monitor“) immer wieder verdeutlicht. Diese Schulden sind es, die die Notenbanken zu immer tieferen Markteingriffen bei den Zinsen und am Anleihemarkt zwingen.
Absurderweise bringt gerade die globale Dimension der Überschuldung eine weitere Illusion mit sich, nach der man á la Japan noch Jahrzehnte so weiter wirtschaften könne: die relative Stabilität der Wechselkurse.
Nachdem die Finanzmärkte den Verfall der Fiat-Währungen bereits klar anzeigen, bleibt der übliche Effekt der massiven Währungsabwertung bei den Hauptwährungen zueinander aktuell aus.
Normalerweise führt eine sich verschlechternde Notenbankbilanz, eine explodierende Geldmenge, negative Realzinsen und eine gesamtwirtschaftliche Überschuldung zu massiver Abstoßung der betroffenen Währung, wie man es am Beispiel der Schwellenländerwährungen von Argentinien bis zur Türkei auch heute noch beobachten kann.
Doch der Yen, das Pfund, der US-Dollar, der Euro, der Franken und der Yuan bleiben relativ stabil zueinander, da alle großen Notenbanken eine ähnlich aggressive und akkommodierende Geldpolitik betreiben. Diese relative Stabilität der Wechselkurse bei den Hauptwährungen ist dabei eigentlich nur das Resultat global konzertierter Dauernotmaßnahmen zur Vermeidung einer Pleitewelle von Staaten, Banken, nichtfinanziellen Unternehmen und Privathaushalten.
Die Warnzeichen werden deutlicher
Bei der Aufrechterhaltung der Normalitäts-Illusion hilft den Geld- und Fiskalpolitikern das teilweise Unverständnis der Bürger für diese angeblich komplexe Materie, die durch technokratische Rhetorik und das Vorschieben von ökologischen Motiven noch verstärkt wird.
Schon seit 2012 beschäftigen sich verschiedene supranationale Institutionen in Folge der Immobilien-, Finanz und Eurokrise mit der Stabilität der Weltfinanzmärkte und der globalen Schuldenproblematik. Die Idee eines Neustarts oder auch „Resets“ im Sinne eines Schuldenschnitts einhergehend mit einer Währungsreform wurde seitdem besonders beim Internationalen Währungsfonds (IWF) intensiv diskutiert und am Beispiel Griechenlands anhand von Teilschuldenschnitten angewandt.
Das Ergebnis ist jedoch ernüchternd: Der Staat Griechenland ist heute in Relation zum Bruttoinlandsprodukt mit 200,5 Prozent höher verschuldet als jemals zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
In der Konsequenz kommt also nur ein radikaler Schuldenschnitt samt Währungsreform infrage, der die weltweiten Schulden nahezu komplett entwertet. Interessant sind in diesem Zusammenhang drei Aspekte:
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Zum einen ist die ehemalige Direktorin des IWF, Christine Lagarde, nun Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) und damit in der perfekten Position, den „Reset“ für die Eurozone operativ zu dirigieren.
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Zweitens wird die Etablierung des digitalen Euros forciert, um einen Run auf das Bankensystem unmöglich zu machen, denn digitale Euro bleiben zwangsläufig immer im digitalen Bankensystem gefangen – man kann sie nicht abheben.
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Und drittens wird seit der gestiegenen Popularität der „Fridays for Future“-Bewegung und generell mit dem Aufstieg der Bedeutung des Themas Klimawechsel der „Reset“ immer öfter mit Umweltthemen in Verbindung gebracht. Dies war seit bei dem virtuellen Weltwirtschaftsgipfel in Davos in der Schweiz oder dem virtuellen Notenbankertreffen in Jackson Hole, Wyoming, USA sowie bei diversen Ausführungen führender Notenbanker zuletzt immer häufiger zu beobachten.
Die Verquickung völlig verschiedener Herausforderungen ermöglicht eine öffentliche Debatte über ein sensibles ökonomisches Thema hinter dem Schleier ökologischer Motive.
Die Vorbereitungen auf den „Reset“ sind dabei weit vorangeschritten. Der schriftliche Weihnachtsgruß des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner (FDP) ist diesbezüglich bemerkenswert. In dem offenen Brief mit dem Titel „Bleiben Sie mutig, bleiben Sie zuversichtlich – wagen wir gemeinsam einen Neustart 2021!“, schreibt Lindner:
„Wir stehen vor tiefgreifenden Neugründungen von Systemen, vor der Erschließung neuer Quellen des Wohlstands und vor der Neudefinition der Grundwerte unserer Gesellschaft“.
Es ist sicher kein schlechter Rat, derartige Prognosen eines Politik-Insiders ernst zu nehmen und nicht nur auf die Pandemie zu projizieren.
Bezogen auf den ökonomischen „Neustart“ macht es daher Sinn, in Gold zu investieren. Denn niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob die Pläne zum wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Neustart so planvoll ablaufen, wie von den involvierten Institutionen erhofft. Und selbst wenn, geht ein solcher „Reset“ zwangsläufig mit der Enteignung der Gläubiger und der massiven Entwertung der aktuell gültigen Fiat-Währungen einher.
Diese unangenehme Tatsache wird man gleichwohl in keinem öffentlichen Statement eines Politikers vor dem Neustart hören oder lesen.
Kursimpulse für 2021
Stattdessen wird man weiter versuchen, die Lebensdauer des aktuellen Währungssystems zu prolongieren. Die Gefahr besteht jedoch, dass die Schuldenexzesse in unkontrollierbare Bahnen laufen. Die größte Gefahr für das Vertrauen in die Notenbanken und gleichzeitig der größte Impuls für den Goldpreis gehen im kommenden Jahr von der Zins- und Geldmengenfalle aus, in der die Geldpolitiker stecken.
Waren die Geldpolitiker in diesem Jahr noch für die relative Stabilität der Preise verantwortlich, ist im kommenden Jahr das Gegenteil möglich.
Eine drohende Deflation, ausgelöst durch einen ökonomischen Lockdown, mit der digitalen Notenpresse zu bekämpfen, lag in der Macht der Notenbanken. Die Finanzmärkte, das Bankensystem sowie öffentliche und private Schuldner haben sich jedoch an die neuen Kreditkonditionen und Alimentierungen gewöhnt.
Die Preise für Immobilien und andere Sachwerte haben sich der ultralaxen Geldpolitik angepasst. Der Renditenotstand ist gewaltig. Sollte sich die Wirtschaft im kommenden Jahr erholen, dann können die Notenbanken nicht ohne Weiteres das Geld aus dem Markt wieder absaugen oder die Zinsen anheben. Der Versuch einer „Normalisierung“ wird wohl erneut unternommen werden und erneut scheitern, so wie bereits ab September 2019.
Sollten zum Beispiel in den US die Verbraucherpreise im kommenden Sommer stark ansteigen, kann die Notenbank nicht adäquat darauf mit Zinssteigerungen reagieren, da die Gesamtverschuldung (US Total Debt) aktuell bereits bei knapp 82 Billionen US-Dollar liegt.
Würden die Zinsen und damit die Kreditkosten ansteigen, hätte dies drei verheerende Effekte:
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Erstens würden die stark aufgeblasenen Kurse der bereits emittierten Anleihen in den Portfolios von Banken, Lebensversicherungen, Vermögensverwaltern und Privathaushalten massiv im Wert fallen.
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Zweitens würde sich die Zinslast bei nur einem Prozentpunkt Zinserhöhung allein in den USA um 820 Mrd. US-Dollar pro Jahr erhöhen. Das entspricht ca. 4 Prozent des gesamten US-Bruttoinlandsprodukts.
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Drittens würde die neuerliche Blase bei US-Wohnimmobilien platzen, da nicht nur die auf Rekordtief befindlichen Refinanzierungskosten steigen würden, sondern die Fed bereits jetzt den US-Hypothekenmarkt mit 40 Mrd. US-Dollar pro Monat stützt.
Die Illusion einer möglichen Normalisierung der Geldpolitik kann sich erneut schnell in Luft auflösen, wenn nicht nur die US-Notenbank für alle sichtbar in der Falle sitzt und ihren Handlungsspielraum zur Inflationsbekämpfung verloren hat.
In der Folge kann die Nachfrage nach sicheren Häfen wie u. a. Gold im kommenden Jahr einen weiteren starken Schub erleben.