Markantes Minus bei der globalen Goldnachfrage
Trotz Corona und der damit verbundenen Wirtschaftskrise hat sich die Goldnachfrage im ersten Halbjahr gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode um sechs Prozent auf 2.076 Tonnen ermäßigt.
Zugleich meldete das WGC auf der Angebotsseite einen Rückgang um ebenfalls sechs Prozent auf 2.192 Tonnen. So schrumpften sowohl die Minenproduktion (1.603,6 Tonnen) als auch der Recyclingsektor (570,2 Tonnen) in den ersten sechs Monaten um jeweils fünf Prozent (siehe Tabelle).
World Gold Council: Gold Demand Trends H1 2020
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H1 2020 |
Diff. (% p.a.) |
Gesamtnachfrage (in Tonnen) |
2.076,0 t |
-6 % |
Schmucksektor |
572,0 t |
-46 % |
Technologie |
139,9 t |
-13 % |
Investment |
1.130,7 t |
94 % |
Barren & Münzen |
396,7 t |
-17 % |
ETFs und ähnliche Produkte |
734,0 t |
- |
Notenbanken |
233,4 t |
-39 % |
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Gesamtangebot |
2.192,0 t |
-6 % |
Minenproduktion |
1.603,6 t |
-5 % |
Hedging (Preisabsicherung) |
18,3 t |
- |
Recycling |
570,2 t |
-5 % |
Quelle: World Gold Council
Ein dickes Plus war lediglich im Investmentbereich registriert worden. Investoren haben mit 1.130,7 Tonnen 98 Prozent mehr nachgefragt als im ersten Halbjahr 2019. Dies war aber ausschließlich auf den ETF-Sektor zurückzuführen, wo sich die Zuflüsse auf 734 Tonnen erhöht haben.
Damit wurde sogar der bisherige Rekordwert für das Gesamtjahr 2009 in Höhe von 646 Tonnen übertroffen.
Bei Barren und Münzen war indes ein kräftiger Rückgang um 17 Prozent auf 396,7 Tonnen registriert worden, was vor allem auf den Käuferstreik in China (-36 Prozent) und Indien (-39 Prozent) zurückzuführen war.
Herber Einbruch im Schmucksektor
Die globale Schmucknachfrage hat unter der Corona-Pandemie besonders stark gelitten. Insbesondere in Asien haben sich die Shutdowns und Ausgangsbeschränkungen das Geschäft regelrecht einbrechen lassen.
Zugleich drückten aber auch die rekordhohen Goldpreise und die eingetrübten Konjunkturperspektiven die Kauflaune der Konsumenten in den Keller. Die globale Schmucknachfrage brach im ersten Halbjahr um 46 Prozent auf 572 Tonnen ein. Hauptverantwortlich waren für diesen Negativtrend vor allem zwei Länder: China und Indien.
Dort verlief das erste Halbjahr mit minus 52 bzw. minus 60 Prozent besonders schlecht.
Nachlassender Goldappetit unter Notenbanken
Angesichts von Nettokäufen in Höhe von 233,4 Tonnen ging es mit dem Goldappetit der Notenbanken um 39 Prozent p.a. bergab. Damit wurde sogar der Durchschnitt der vergangenen Jahre um sechs Prozent unterschritten. Zugleich erwähnte der WGC, dass Russland seine Goldkäufe in Q2 eingestellt hat und die Zahl der Notenbanken, die mehr als eine Tonne Gold verkauft haben im ersten Halbjahr auf sieben angestiegen ist. Als größter Nettokäufer erwies sich die türkische Notenbank.
Sie hat in diesem Jahr ihre Reserven um 170,5 Tonnen aufgestockt.
Im Industriebereich, der traditionell als kleinstes Marktsegment gilt, gab es ebenfalls negative Vorzeichen zu vermelden. Hier sank in H1 die industrielle Nachfrage um 13 Prozent auf 139,9 Tonnen.
Ausblick für die laufende Woche
Das Interesse an Gold bleibt ungeachtet neuer Allzeithochs ungebrochen. Insbesondere unter europäischen und nordamerikanischen Investoren führt ein erhöhtes Schutzbedürfnis zu einem regelrechten Run auf Gold.
Neben physisch hinterlegtem Papiergold, wie zum Beispiel dem weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares oder Europas Blockbuster auf diesem Gebiet Xetra-Gold, sind auch Goldbarren und Goldmünzen weiterhin stark gefragt.
So meldete bspw. die Münzprägeanstalt US Mint für Juli den Verkauf von American-Eagles-Goldmünzen im Gesamtgewicht von 115.000 Unzen. Damit verfehlte man zwar die Absatzzahlen für den Monat März (151.500 Unzen), der absatzstarke April (105.000 Unzen) wurde aber ganz klar übertroffen.
Die Fed-Statements in der vergangenen Woche haben diesen Goldhunger eher verstärkt als abgeschwächt.
Nun dürften die Akteure an den Goldmärkten auf die Datenflut zum US-Arbeitsmarkt gespannt sein. Mit dem ADP-Monatsbericht (Mittwoch), dem Challenger-Bericht über Stellenstreichungen den wöchentlichen Erstanträgen auf US-Arbeitslosenhilfe (beide Donnerstag) sowie dem Monatsbericht des US-Arbeitsministeriums (Freitag) dürfte für erhöhte Aufmerksamkeit gesorgt sein.
Laut einer von Trading Economics veröffentlichten Umfrage unter Analysten soll sich die Arbeitslosenrate von 11,1 auf 10,5 Prozent reduziert haben und die Zahl neu geschaffener Stellen von 4,8 Millionen auf 2,2 Millionen gesunken sein. Die aktuelle Entwicklung der Corona-Neuinfektionen macht derzeit wenig Hoffnung, dass sich die Welt auf einem gesunden Weg befindet.
Und selbst im Falle einer positiven Überraschung dürften Investoren dem Krisenschutz weiterhin die Treue halten.