Güldene Kaufkraft im Lauf der Geschichte

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 23.04.2014, 14:19

Klecks
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herakles hat geschrieben:
Klecks hat geschrieben: - Es geht einzig und allein um die rein akademische Frage, ob der legendäre Werterhalt, der Gold zugeschrieben wird, einer näheren Betrachtung über den Zeitraum mehrerer Jahrhunderte standhält.
Welche Kriterien nutzt Du dabei?
Genau die möchte ich noch herausfinden. Wie ich oben schon geschrieben habe, besteht die Schwierigkeit eines echten Wertvergleiches darin, eben etwas über all die Jahrhunderte vergleichbares zu finden. Spontan würde mir da eben nur die Ratio Immobilien zu Gold einfallen. Eigener Grund und Boden wurde immer schon angestrebt seit die Menschen sesshaft wurden. Und die grundsätzlichen Kriterien zur Bewertung einer Immobilie dürften sich auch nicht großartig verändert haben.
Wobei man selbst dann erst noch herausfinden muss, ob gleicher Wert in Gold auch gleicher Kaufkraft entsprach. Mal angenommen, ein Haus in guter, mittelstädtischer Lage kostete vor 300 Jahren meinetwegen 600 Unzen Gold. Für etwa den gleichen Gegenwert bekommt man heute eine (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse) vergleichbare Immobilie. Oberflächlich betrachtet könnte man annehmen, Sowohl Immos als auch Gold sind erstaunlich wertstabil. Der Haken dabei: Woher wissen wir, ob 600 Unzen in ihrem allgemeinen Wert vor 300 Jahren den 600 Unzen heute entsprechen? Anders ausgedrückt: Ist der Gegenwert in Warengütern, Arbeitsleistung, Lebenshaltungskosten usw. in etwa mit dem heutigen vergleichbar? Erst wenn das zutrifft, kann man nämlich von tatsächlichen Kaufkrafterhalt sprechen.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 23.04.2014, 14:43

Geldsammler
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Der Bierpreis ist in Schland seit dem Reinheitsgebot von 1516 festgeschrieben.
Hält sich leider nur keine Brauerei daran, obwohl sie auf ihren Etiketten immer mit der Einhaltung eben dieses Reinheitsgebotes werben
Das wusste ich nicht, Datenreisender. In welcher Höhe? Hast Du irgendeinen Link?

Aber auch sonst ist das mit dem Reinheitsgebot so eine Sache. Da steht nämlich nichts von Hefe drin und die wird heute selbstverständlich hinzugefügt. Im Übrigen wurde mit dem Reinheitsgebot in erster Linie das Hinzufügen von anderen lustigen Stoffen, die mal wirklich für einen Rausch sorgen, verboten. Es ist mithin das erste Anti-Drogengesetz. Aber das ist eine andere Sache.

Beitrag 23.04.2014, 14:52

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Geldsammler hat geschrieben:
Der Bierpreis ist in Schland seit dem Reinheitsgebot von 1516 festgeschrieben.
Hält sich leider nur keine Brauerei daran, obwohl sie auf ihren Etiketten immer mit der Einhaltung eben dieses Reinheitsgebotes werben
Das wusste ich nicht, Datenreisender. In welcher Höhe? Hast Du irgendeinen Link?
Hier ist der Original-Text:
"Wie das Pier Summer vie Winter auf dem Land sol geschenkt und prauen werden
Item wir ordnen, setzen und wollen mit Rathe unnser Lanndtschaft das füran allenthalben in dem Fürstenthumb Bayrn auff dem Lande auch in unsern Stettn vie Märckthen da desáhalb hieuor kain sonndere ordnung gilt von Michaelis bis auff Georij ain mass oder kopffpiers über einen pfennig müncher werung un von Sant Jorgentag biß auf Michaelis die mass über zwen pfennig derselben werung und derenden der kopff ist über drey haller bey nachgeferter Pene nicht gegeben noch außgeschenckht sol werden. Wo auch ainer nit Merrzn sonder annder pier prawen oder sonst haben würde sol erd och das kains weg häher dann die maß umb ainen pfennig schenken und verkauffen. Wir wollen auch sonderlichen dass füran allenthalben in unsern stetten märckthen un auf dem lannde zu kainem pier merer stückh dan allain gersten, hopfen un wasser genommen un gepraucht solle werdn. Welcher aber dise unsere Ordnung wissendlich überfaren unnd nie hallten wurde den sol von seiner gerichtsobrigkait dasselbig vas pier zustraff unnachläßlich so offt es geschieht genommen werden. jedoch wo ain brüwirt von ainem ainem pierprewen in unnsern stettn märckten oder aufm lande jezuzeitn ainen Emer piers zwen oder drey kauffen und wider unnter den gemaynen pawrfuolck ausschenken würde dem selben allain aber sonstnyemandes soldyemaßs oder der kopfpiers umb ainen haller häher dann oben gesetzt ist zugeben un ausschencken erlaube unnd unuerpotn."
Umgerechnet auf heutige Massstäbe dürfte ein Kasten 20x 0,5L (also insgesamt 10 Liter) nicht mehr als 0,02 € kosten.
Geldsammler hat geschrieben:Aber auch sonst ist das mit dem Reinheitsgebot so eine Sache. Da steht nämlich nichts von Hefe drin und die wird heute selbstverständlich hinzugefügt. Im Übrigen wurde mit dem Reinheitsgebot in erster Linie das Hinzufügen von anderen lustigen Stoffen, die mal wirklich für einen Rausch sorgen, verboten. Es ist mithin das erste Anti-Drogengesetz. Aber das ist eine andere Sache.
Die Verwendung von Weizen ist nach dem Reinheitsgebot zum Bierbrauen ebenfalls verboten (Weizen war dem Brotbacken vorbehalten). Rate mal, womit heutige Hersteller von Weizenbier werben?

Beitrag 23.04.2014, 15:01

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Ladon
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Kurze Anmerkung zum Link oben:
Bei allem Respekt vor den engagierten Machern der Seite:

Bitte mittelalterliche "Preise" mit äußerster (!) Vorsicht genießen!
Im Großen und Ganzen handelt es sich in jener Zeit um FESTGELEGTE Preise; Zünfte, Fürsten etc. bestimmten die Preise - und meist auch die Qualität der Waren.
Grund und Boden kann in einem feudalen Lehnssystem ebenfalls NICHT heran gezogen werden.

Man kann nur mehr oder weniger punktuell etwas vergleichen (einfach z.B. Toga/Anzug; etwas komplexer mit mehr Facetten z.B. (röm.) Sklave/KFZ).

Oder man macht es so (jetzt mal 19. Jhd.):
Wer erinnert sich an Phineas Fogg aus Vernes "In 80 Tagen um die Welt"?
Sein Vermögen waren 40.000 Pfund (also 40.000 Sovereigns, wenn er es sich so auszahlen lassen würde). Das reicht für ein sorgenfreies Leben mit Wohnung in der Londoner City plus Angestellten, ohne arbeiten zu müssen. Am Ende dann auch mit Familie.
... das täte es heute auch, oder?
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 23.04.2014, 15:05

Klecks
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Datenreisender hat geschrieben: Umgerechnet auf heutige Massstäbe dürfte ein Kasten 20x 0,5L (also insgesamt 10 Liter) nicht mehr als 0,02 € kosten.
Inflationsbereinigt? smilie_16
Datenreisender hat geschrieben: Die Verwendung von Weizen ist nach dem Reinheitsgebot zum Bierbrauen ebenfalls verboten (Weizen war dem Brotbacken vorbehalten).


Genau dieser Punkt sicherte 200 Jahre lang das Wittelsbacher Monopol aufs Weißbierbrauen. Ein Königshaus musste sich schließlich nicht an seine eigenen Gesetze halten :twisted:
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 23.04.2014, 15:25

herakles
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Klecks hat geschrieben:
Genau die möchte ich noch herausfinden. Wie ich oben schon geschrieben habe, besteht die Schwierigkeit eines echten Wertvergleiches darin, eben etwas über all die Jahrhunderte vergleichbares zu finden.

Wobei man selbst dann erst noch herausfinden muss, ob gleicher Wert in Gold auch gleicher Kaufkraft entsprach.

Anders ausgedrückt: Ist der Gegenwert in Warengütern, Arbeitsleistung, Lebenshaltungskosten usw. in etwa mit dem heutigen vergleichbar? Erst wenn das zutrifft, kann man nämlich von tatsächlichen Kaufkrafterhalt sprechen.
Wenn man einen relativen Vergleich macht, muss man Pferd gegen Auto und Holzhaus gegen ein Ziegelhaus mit Warmwasser und Strom tauschen. Der Vergleich hinkt gewaltig, finde ich.
Solche Vergleiche zeigen über verschieden Perioden eine grobe "Parität". Mehr ist nicht drin.


Macht man einen direkten Vergleich der heutigen Kaufkraft einer OZ, hat Gold seine Kaufkraft enorm gesteigert, weil damals niemand damit Telefon, Computer, einen Flug oder auch jeden morgen eine Banane zum Frühstück kaufen konnte. Durch die Produktivitätssteigerung musste Gold absolute Kaufkraft dazugewinnen, weil es deutlich weniger zugenommen hat, als die Menge der anderen Güter und Dienstleistungen.

Du verstehst nicht, dass egal welche Begriffe man auch immer nimmt, es immer um Kaufkraftentwicklung geht. Der (theoretische) Totalverlust der Kaufkraft ist nichts als ein Sicherheitsaspekt und die starke Zunahme der Kaufkraft eben die Rendite.


Rendite = Kaufkraftgewinn, (materieller) Wert = Kaufkraft.

Dass man sich hier in einem Goldforum befindet, muss einem hin und wieder in Erinnerung gerufen werden. Ich will keinen Missionieren. Ich gehe nicht in Fiat- und Aktienforen und wettere dagegen und versuche Gold dort anzupreisen!

Ich finde es immer wieder unglaublich, dass in einem Goldforum Dinge die 1000-fach diskutiert und auch aufgezeigt wurden, immer wieder mit einer Vehemenz in Frage gestellt werden, die gaaanz weit über eine konstruktive Hinterfragung gehen. Das ist nur der Fall, wenn man sich überhaupt keine Mühe macht zu recherchieren, oder jegliche historische Belege ignoriert.

Beitrag 23.04.2014, 15:49

Geldsammler
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Umgerechnet auf heutige Massstäbe dürfte ein Kasten 20x 0,5L (also insgesamt 10 Liter) nicht mehr als 0,02 € kosten.
Ich verstehe nicht, wie Du auf diesen Preis kommst. Wie viel Gramm Gold entsprach der Münchner Pfennig damals, wie viel wäre er heute (auf Materialbasis umgerechnet) wert? Kannst Du Deine Rechnung erläutern?

Beitrag 23.04.2014, 16:10

Quinar
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Jaja,
die Bayern,das Bier und der Heller.....

Obwohl der Heller ja seit 1871 eigentlich im Nominalsystem nimmer vorkam wurde sein Umlauf (als halber Pfennig) in Bayern bis nach 1900 weiterhin geduldet.
Begründet wurde das damit daß so die Bierpreise genauer angepasst werden können.

smilie_29

Beitrag 23.04.2014, 16:27

Turnbeutelvergesser
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@Geldsammler,

ist schon klar, das mit dem Big-Mac-Index. Der Vergleich sollte daher am besten in USD und dem Big-Mac-Preis in den USA angestellt werden. Der Bierpreis auf dem Oktoberfest ist doch sehr lokal und damit speziell auf die Region gemünzt.

Beitrag 23.04.2014, 16:49

Geldsammler
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Turnbeutelvergesser: Das kannst Du aus der Provinz natürlich nicht verstehen. Aber das Oktoberfest ist das größte Volksfest der Welt smilie_02

Das mit dem "lokal" stimmt nun so natürlich gar nicht. Das Getreide wird an internationalen Rohstoffbörsen gehandelt, die Gehälter von nationalen Gewerksschaften ausgehandelt, die Steuern im Bundestag festgelegt, die Brauerein gehören - bis auf den Augustiner - internationalen Großkonzernen etc. Früher war das sicher anders, aber da galten auch noch regionale Währungen. Heute ist der Bierpreis/Gold-Index sicherlich ein interessanter Indikator. Nicht zum Vergleich mit anderen Ländern (wie der BigMac-Index), sondern zur Werteinschätzung von Gold und Bier untereinander. Ich würde eher sagen, dass der BigMac-Index wenig aussagekräftig ist, da er nur von einem Konzern kommt, der wiederum in letzter Zeit massiv an der Qualität und Größe herummanipuliert hat.

Beitrag 23.04.2014, 17:56

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Geldsammler hat geschrieben:Ich verstehe nicht, wie Du auf diesen Preis kommst. Wie viel Gramm Gold entsprach der Münchner Pfennig damals, wie viel wäre er heute (auf Materialbasis umgerechnet) wert? Kannst Du Deine Rechnung erläutern?
Das war aus dem Gedächtnis. Ich hatte mir dieses unnütze Wissen irgendwann mal ergurgelt.

Quinar hat geschrieben:Jaja,
die Bayern,das Bier und der Heller.....

Obwohl der Heller ja seit 1871 eigentlich im Nominalsystem nimmer vorkam wurde sein Umlauf (als halber Pfennig) in Bayern bis nach 1900 weiterhin geduldet.
Das mit den Hellern (halber Pfennig) kommt glaube ich hin.
Bezogen auf die Biermenge (1 Kasten = 10 Liter) ergab das glaube ich 2 Cent pro Kasten.
Quinar hat geschrieben:Begründet wurde das damit daß so die Bierpreise genauer angepasst werden können.

smilie_29
Die Bierpreisbremse (Reinheitsgebot von 1516) wurde nicht geändert. Wer sich darauf beruft (bzw. mit dessen Einhaltung wirbt) sollte nach meinem Verständnis auch an die vollständige Einhaltung dieser Verordnung gebunden sein.

Eine Brauerei redet sich raus:

Erdinger Weißbier
Trotz Weizen im Bier wird mit dem Reinheitsgebot von 1516 geworben
http://www.lebensmittelklarheit.de/cps/ ... l/4454.htm
http://www.lebensmittelklarheit.de/cps/ ... Passus.pdf

Beitrag 23.04.2014, 18:46

Geldsammler
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Ok, verstehe. Ergurgelt also. Und dann nach 3-4 Halben, kam die Erleuchtung. Wissenschaftlich ist das aber nicht!
Allerdings eine gute Idee, ich genehmige mir jetzt ein schönes Helles.

Beitrag 23.04.2014, 18:59

Quinar
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Selbst wenn man davon ausgeht daß um 1900 die "Halbe" nur einen Heller gekostet hat käme die Rechnung nicht hin.
0,5l=1/2 Pfenige entspräche für den Kasten(10 Liter) dann schon 10 Pfennig (20 Heller).

Ich gehe aber eher davon aus daß mit der "Preisanpassung" gemeint war daß die Halbe um beispielsweise 3,5Pfennig(3Pfennig+1Heller) zu verkaufen war und es eben nicht nötig war 4Pfennige zu verlangen.

Beitrag 23.04.2014, 19:10

Turnbeutelvergesser
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Hi Geldsammler,

hab´s erst jetzt gesehen, dass du aus Bayern....und noch besser aus München kommst. Da wird´s natürlich schwierig mit der Argumentation; wo Bier ein Grundnahrungsmittel ist smilie_07 Die Argumente, die du aufführst lassen sich wohl auf alle Nahrungs-/Genussmittel, Verbrauchsgüter etc, die industriell gefertigt werden anwenden. Ob das nun Bier, Big-Mac, VW Golf oder sonst was ist.

Ach ja, die beste Zeit des Biers scheint in D wohl auch vorbei zu sein. Zumindest sinkt der pro Kopf Verbrauch. K.A. ob sich Bayern da noch erfolgreich dagegen stemmt smilie_16

Beitrag 23.04.2014, 19:31

Klecks
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@ Ladon: Darauf weist ja auch der Autor der Seite hin. Und auch darauf, dass es zeitlich und lokal erhebliche Unterschiede bei Maßen, Gewichten und Währungen gab, trotz gleichlautender Namen dieser Einheiten. Wobei er trotzdem einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt verschweigt, nämlich die Art und Weise, wie damals diese Einheiten als gültig festgelegt wurden. Dort wo es einheitliche Maße, Gewichte und Münzen gab, waren meist die Landesherren für die Einhaltung dieser Bestimmungen zuständig. Diese übertrugen die Verantwortung oftmals auf ihre Landvogte und Bürgermeister. Weil diese wiederum durchaus empfänglich für die eine oder andere Zuwendung waren, fiel die Eichung der Zollstöcke und Gewichte des öfteren zu Gunsten örtlicher Händler aus. Münzen wiederum wurden nach Gewicht geschlagen. Selbst innerhalb vermeintlich einheitlicher und überwachter Regionen musste es dadurch zu starken Abweichungen kommen.
Eine wie auch immer geartete Bezugsgröße zu heutigen Einheiten herzustellen muss deshalb zwangsläufig bis zu einem gewissen Grad willkürlich erfolgen. Will sagen: Irgendwann muss ich mich einfach entscheiden, welcher gerundete Wert am ehesten für einen möglichst breiten Bereich halbwechs gültig ist.

Das Problem mit den fehlenden freien Marktpreisen dürfte sich durch den größten Teil der letzten 2-3.000 Jahre ziehen. Die Zeiten staatlich vorgegebener Preise sind noch gar nicht so lange her und in manchen Bereichen hat der Gesetzgeber heute noch die Hand drauf. So gesehen kann man bei der Preisfindung durchaus von Kontinuität sprechen smilie_16

Mit Grund und Boden hast du allerdings Recht, das habe ich nicht berücksichtigt: Zu Zeiten, in denen ein "freier" Bauer oder ein "freier" Herr erst einmal seinen Lehnsherrn um Erlaubnis für den An- oder Verkauf von Ackerboden fragen musste, kann man wohl kaum von frei ausgehandelten Preisen ausgehen. Bleibt aber trotzdem noch die Frage: Wie sah es mit Immobilienpreisen in freien Sädten aus? Dort gab es keine Lehnsherren, die Kauf und Verkauf hätten diktieren können.

Literatur ist ein guter Ansatz. Jules Verne ließ sich ja nicht gern schlechte Recherche nachsagen, die 40.000 Pfund dürften also für seine Zeit ein durchaus reelles Vermögen gewesen sein. Aktuell wären das rund 8,8 Mio. Euro, das sollte selbst in der Londoner Innenstadt reichen. smilie_01


Edit wegen Rächtschraipunk
Zuletzt geändert von Klecks am 23.04.2014, 21:25, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag 23.04.2014, 19:42

Klecks
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Also die 2 ct. pro Kasten können nicht ganz hinkommen. Bereits 1844 kostete in München die Maß 6 Kreuzer (=Pfennige). Als im März 1844 der Bierpreis um einen(!) Pfennig pro Maß erhöht werden sollte, löste das glatt eine Revolution aus! Damals hatten die Leut halt noch Schneid smilie_57
Zuletzt geändert von Klecks am 23.04.2014, 20:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag 23.04.2014, 19:52

Quinar
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Sag i jo!

Der Heller (halbe Pfennig) ist definitiv so zu verstehen daß man in kleineren Schritten arbeiten konnte und nicht daß es die Maß um einen Heller gab.Wie oben bereits erwähnt stimmt die Recnung ja nichteinmal dann wenn man von dem 1Heller ausgeht.

Beitrag 23.04.2014, 20:52

Klecks
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herakles hat geschrieben:
Wenn man einen relativen Vergleich macht, muss man Pferd gegen Auto und Holzhaus gegen ein Ziegelhaus mit Warmwasser und Strom tauschen. Der Vergleich hinkt gewaltig, finde ich.
Solche Vergleiche zeigen über verschieden Perioden eine grobe "Parität". Mehr ist nicht drin.
Den Teil mit dem Hinweis auf unterschiedliche Lebensbedingungen hast du mal wieder bewusst überlesen?!
Abgesehen davon: Nein, so sehr hinkt der nicht. Natürlich kann man nicht 1:1 vergleichen aber man kann kann sie dem Standard ihrer Zeit entsprechend in Relation setzen. 1714 besaß ein gestandener Handwerksmeister in einer kleinen Stadt ein eigenes Haus mit Werkstatt, Küche und Waschküche im Ergeschoss, einer guten Wohnstube,zwei bis drei Schlafkammern im Obergeschoss sowie weitere vier oder fünf Kammern unterm Dach für seine Bediensteten (Lehrlinge, Gesellen, Magd oder Knecht) und im rückwärtigem Hof befand sich eine Scheune. Alles in allem (ohne Scheune) wohl nicht viel mehr als 200qm Wohn- und Nutzfläche, für damalige Verhältnisse aber ein durchaus annehmbares Anwesen. Heute würde man statt dessen ein dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus bauen mit Ladengeschäft und/oder Werkstatt, vier Wohneinheiten und Fertiggaragen. Insgesamt sicher mehr als doppelt so groß wie das alte Hanwerkshaus, nach heutigem Standard jedoch durchschnittlich. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Begebenheiten kann man die beiden Häuser m.E. durchaus vergleichen.

herakles hat geschrieben: Macht man einen direkten Vergleich der heutigen Kaufkraft einer OZ, hat Gold seine Kaufkraft enorm gesteigert, weil damals niemand damit Telefon, Computer, einen Flug oder auch jeden morgen eine Banane zum Frühstück kaufen konnte. Durch die Produktivitätssteigerung musste Gold absolute Kaufkraft dazugewinnen, weil es deutlich weniger zugenommen hat, als die Menge der anderen Güter und Dienstleistungen.
Bullshit smilie_13
Du kannst Waren, die damals schlicht und ergreifend noch gar nicht erfunden waren oder aufgrund der damaligen Bedingungen unmöglich verfügbar sein konnten, nicht als Beweis gestiegener Kaufkraft anführen! Genausogut könnte ich behaupten, die Kaufkraft wäre damals höher gewesen weil sich jeder Haushalt nur hochwertige Metzgerware gönnte und niemand billigst maschinell hergestellte Pressfleischschnitzel fressen musste.
Das ist genauso eine Pseudoargumentation wie die kaum vorhandene Abgasbelastung als "Beweis" für ein höheres Umweltbewusstsein in der Steinzeit.
herakles hat geschrieben: Du verstehst nicht, dass egal welche Begriffe man auch immer nimmt, es immer um Kaufkraftentwicklung geht. Der (theoretische) Totalverlust der Kaufkraft ist nichts als ein Sicherheitsaspekt und die starke Zunahme der Kaufkraft eben die Rendite.


Rendite = Kaufkraftgewinn, (materieller) Wert = Kaufkraft.
Klingt wie ein Mantra. Sagst du das jeden Abend vor dem Schlafengehen auf? [img]http://www.fehler-im-film.de/fehler/ima ... beugen.gif[/img]
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass du wirklich erfassen kannst, was ich verstehe und was nicht. Damit möchte ich in keinster Weise deine Intelligenz anzweifeln, wohl aber deine Restfähigkeit, neben deinem beinahe schon religiös eingeengten Tunnelblick noch etwas anderes wahrzunehmen als das, was du gerade sehen möchtest.
herakles hat geschrieben: Ich finde es immer wieder unglaublich, dass in einem Goldforum Dinge die 1000-fach diskutiert und auch aufgezeigt wurden, immer wieder mit einer Vehemenz in Frage gestellt werden, die gaaanz weit über eine konstruktive Hinterfragung gehen. Das ist nur der Fall, wenn man sich überhaupt keine Mühe macht zu recherchieren, oder jegliche historische Belege ignoriert.


Hört hört... Weißt du, langsam bin ich es leid mich zu wiederholen. Aber trotzdem noch ein einziges Mal für dich: Ich hinterfrage diese 1000-fach diskutierten und auch aufgezeigten Dinge genau deshalb weil sie hier eben nur 1000-fach diskutiert und aufgezeigt, aber kaum stichhaltig belegt wurden (siehe Anzug:Toga). Etwas 1000-fach zu wiederholen macht es noch lange nicht zur Wahrheit. Außer in Religionen, da zählt das.

Es geht mir hier auch nicht darum, Gold als Wertspeicher schlecht zu reden oder oder den sprichwörtlichen Werterhalt zu widerlegen. Ich glaube auch kaum, dass wir die Frage nach der tatsächlichen Beständigkeit abschließend hier klären können. Das Thema zu diskutieren und nach Hinweisen, Quellen, idealerweise historischen Belegen oder schlicht und ergreifend nur nach anderen Sichtweisen zu fragen, kann ja wohl nicht verkehrt sein. Ständige Wiederholung immer gleicher Mantras ist jedenfalls weit weniger konstruktiv als wiederholtes Hinterfragen.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 23.04.2014, 20:53

ArcaHUI
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@Klecks
Wie ich oben schon geschrieben habe, besteht die Schwierigkeit eines echten Wertvergleiches darin, eben etwas über all die Jahrhunderte vergleichbares zu finden.
Gibt es vielleicht irgendwo Daten über die Inflation?
Oder annäherende Richtwerte in welchen Größenordnungen sich die Inflation
über einen längeren Zeitraum entwickelte?
In dem Fall könnte man den Goldpreis aus der Vergangenheit
einfach mit der Inflation hochrechnen und sieht wo Gold heute stehen müßte
um die damalige Kaufkraft auch heute zu haben.

Immobilien und Landbesitz sind m.E.n. nicht geeignet,
da es regional schon extrem große Unterschiede gibt und sicher auch früher schon gab.
Von "Blasen" ganz zu schweigen.
Da könnte man genausogut die Tulpenpreise ins Verhältnis setzen.

Vergleichbar über Jahrhunderte könnte noch Weizen und Reis sein.

Andererseits ist das "Goldfieber" nicht schon immer und auch nicht weltweit grasiert.
Der Stellenwert bei den Indianern Nordamerikas war sicher anders als bei den Ägyptern
und dort auch wieder anders als bei den Eskimos.

Beitrag 23.04.2014, 21:19

Klecks
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ArcaHUI hat geschrieben:
Gibt es vielleicht irgendwo Daten über die Inflation?
Oder annäherende Richtwerte in welchen Größenordnungen sich die Inflation
über einen längeren Zeitraum entwickelte?
Meines Wissens nur für die römische Kaiserzeit. Nach dessen Zusammenbruch bis in die Neuzeit hinein sind die Daten dazu nur lückenhaft und meist auch nur mit lokalem Ereignisbezug vorhanden. Stadtschreiber und Kleriker haben ja meistens nur die Ausreißer von der Normalität festgehalten. Für die alltägliche Preisentwicklung dürfte durch Mißernten ausgelöster Wucher ebensowenig Aussagekraft haben wie der allgemeine Preisverfall, nachdem die Pest ganze Landstriche entvölkert hatte...

ArcaHUI hat geschrieben:Immobilien und Landbesitz sind m.E.n. nicht geeignet,
da es regional schon extrem große Unterschiede gibt und sicher auch früher schon gab.
Von "Blasen" ganz zu schweigen.
Sicher, aber diese regionalen Unterschiede und Blasenbildungen gibt es auch heute, die sollten sich also rausrechnen lassen. Einen direkten 1:1-Vergleich wird es bestimmt nicht geben aber gewisse Kriterien sollten schon zuvergleichbaren Ergebnissen führen (Beispiel Handwerker-/Geschäftshaus in einer mittelgroßen Stadt).
ArcaHUI hat geschrieben: Vergleichbar über Jahrhunderte könnte noch Weizen und Reis sein.
Gerade die nicht: Getreide als Grundnahrungsmittel waren zu beinahe allen Zeiten subventioniert und/oder preisgebunden. Einen mehr oder weniger unreglementierten (Spekulations-)Markt für Weizen und Reis gibt es erst seit wenigen Jahren.
ArcaHUI hat geschrieben: Andererseits ist das "Goldfieber" nicht schon immer und auch nicht weltweit grasiert.
Der Stellenwert bei den Indianern Nordamerikas war sicher anders als bei den Ägyptern
und dort auch wieder anders als bei den Eskimos.
Das ist wieder eine andere Sache. Wobei ich mal unterstelle, dass mit dem legendären Kaufkrafterhalt im Wesentlichen die abendländische Entwicklung gemeint ist. Wobei der Eine oder Andere möglicherweise durchaus dem Irrtum unterliegt, diese Entwicklung als global gültig zu betrachten.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

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