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Stand: 01.10.2021 von Hannes Zipfel
Anfang Mai dieses Jahres kratzte der Palladiumpreis noch an der Marke von 3.000 US-Dollar pro Unze. Seitdem ist der Wert des Edelmetalls um über ein Drittel eingebrochen. Ist der Höhenflug von Palladium damit endgültig beendet oder lohnt sich nach dem Crash der Einstieg?
Palladium-Crash – lohnt jetzt der Einstieg?

Zweiter Palladium-Crash innerhalb von 18 Monaten

Der aktuelle heftige Preisverfall bei Palladium ist schon der Zweite innerhalb der letzten beiden Jahre. Bereits im ersten Quartal 2020 kollabierten die Kurse im Zuge der Corona-Krise. Anschließend erholten sich die Notierungen zügig und erreichten Anfang Mai dieses Jahres sogar neue Rekordstände.

Seitdem geht es jedoch wieder dynamisch bergab.

Aktuell kostet 1 Unze Palladium (31,103 Gramm) 1.882 US-Dollar bzw. 1.615 Euro (Spot-Preis). Palladium-Barren mit einem Gewicht von 1 Unze bieten Händler bei GOLD.DE aktuell ab ca. 2.160 Euro an, 1 Gramm-Barren bereits ab ca. 80 Euro.

Der Unterschied zwischen den Produktpreisen und dem Spot-Preis ist dadurch bedingt, dass zu dem Metallwert noch der Handelsaufschlag für den jeweiligen Anbieter, das sogenannte Aufgeld, sowie die Mehrwertsteuer hinzukommen. Hier finden Sie den Preisvergleich für Palladium-Barren mit verschiedenen Gewichtseinheiten.

Palladimpreis in US-Dollar pro 1 oz

Im Zuge des aktuellen Preisrutsches gegenüber dem Rekord vom 4. Mai 2021 hat sich Palladium um 36 Prozent verbilligt. Andere Edelmetalle, wie z. B. Gold, Silber und Platin, waren in diesem Zeitraum wertmäßig stabiler.

Gleichwohl war der Palladiumpreis zuvor auch deutlich stärker angestiegen. Der aktuelle Palladium-Crash hat spezifische Ursachen.

Palladium vs. Platin vs. Silber vs. Gold

Die Gründe für den Palladium-Crash

Palladium verfügt über sehr gute katalytische Eigenschaften. Damit kommt das Metall überall dort zum Einsatz, wo bestimmte chemische Reaktionen unterstützt werden sollen. Das Edelmetall aus der Gruppe der Platinmetalle eignet sich auch hervorragend für die Hydrierungen bzw. Dehydrierungen, da es die höchste Absorptionsfähigkeit aller Elemente für Wasserstoff aufweist.

Zudem kann Palladium, ähnlich wie Gold, sehr dünn ausgewalzt werden und lässt sich somit hervorragend verarbeiten, z. B. in der Schmuckindustrie. Neben der Schmuckherstellung findet das silberweiße Edelmetall wegen seiner Ästhetik und seiner Materialeigenschaften auch Verwendung in

  • der Zahn- und Medizintechnik,
  • der Nanotechnologie,
  • der Elektroindustrie
  • sowie bei der Herstellung von Brennstoffzellen.

Die aktuell mit Abstand mengenmäßig größte Verarbeitung findet aber in Fahrzeug-Katalysatoren statt.

Anteile der Gesamtnachfrage nach Palladium 2020

Und genau hier liegt das Problem: Während einerseits die Palladiumproduktion nach der Wiederaufnahme des Minenbetriebs in:

  • Südafrika,
  • Russland,
  • Simbabwe,
  • den USA
  • und Kanada
gegenüber dem Vorjahr deutlich angestiegen ist, bricht die Nachfrage wegen der global gestörten Lieferketten nach dem Abflauen der Pandemie vor allem im Automobilsektor weg.

Die Dimension dieses Problems für die Palladiumnachfrage zeigt ein Blick auf die von Materialknappheit besonders stark betroffen Branchen.

Im September 2021 vom Münchner ifo-Institut erhobene Daten zeigen, dass vor allem die Automobilproduktion unter den global gestörten Lieferketten leidet.

Knappheit von Vorprodukten im Verabeitendem Gewerbe

Bei allen großen Automobilherstellern weltweit wurden die Produktionskapazitäten daher zurückgefahren, obwohl die Nachfrage steigt. Das erhöht zwar die Preise für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge, nützt dem Palladiumpreis wegen der geringeren Stückzahlen an benötigten Katalysatoren aber wenig.

Aktuell brechen die Absätze von Neufahrzeugen vor allem wegen des Mangels an Halbleitern bei der Produktion zweistellig gegenüber dem ohnehin schlechten Pandemiejahr 2020 ein.

Neuwagenkäufe in der EU

Da sich die Lieferkettenproblematik auch auf anderen Sektoren, die Palladium nachfragen, produktionsmindernd auswirkt, bricht die Nachfrage auf breiter Front weg.

Vom Datenanbieter IHS Markit befragte Einkaufsmanager aus den Bereichen Automobilindustrie, Energieversorgung, Finanzdienstleistungen, Rüstungsindustrie und Schifffahrt, rechnen bis weit in das Jahr 2022 hinein mit anhaltenden Lieferschwierigkeiten.

Damit wird sich auch die Nachfrage nach Palladium nur allmählich wieder erholen.

Palladium und die Automobilindustrie

Generell stellt sich die Frage, ob Palladium als Katalysator-Metall in Anbetracht des Trends weg von Verbrennungsmotoren und hin zu Elektrofahrzeugen seinen Zenit bereits überschritten hat. Zwar kommt das Metall auch in Brennstoffzellen zur Anwendung, dieser Bereich macht aber nur einen Bruchteil der Gesamtnachfrage in der Automobilindustrie aus.

Noch hat die Elektromobilität viele Hürden zu nehmen, bevor sie die Verbrennungsmotoren und damit die Katalysatoren zur Reinigung der Abgase überflüssig macht. Aktuell beträgt der Anteil der Elektrofahrzeuge bei den Neuzulassungen in der gesamten EU lediglich 7,5 Prozent.

Laut dem europäischen Herstellerverband ACEA ist das aber immerhin schon eine Verdopplung gegenüber dem zweiten Quartal 2020. Das liegt aber auch an temporär gewährten finanziellen Kaufanreizen (Subventionen).

In der Folge sank der Marktanteil von Benzinern und Dieselfahrzeugen im zweiten Quartal 2021 bei den Neuzulassungen auf 62 Prozent. Im Vorjahresquartal waren es noch über 80 Prozent.

Vor allem der Anteil an Hybridfahrzeugen steigt momentan sehr dynamisch an und liegt mittlerweile bei den Neuzulassungen in der EU bei knapp 20 Prozent. In diesen Fahrzeugen werden gleichwohl nach wie vor Katalysatoren verbaut.

Durch die Dominanz der Automobilindustrie ist bei der Palladiumnachfrage längerfristig mit signifikanten Rückgängen zu rechnen. Noch ist nicht absehbar, ob andere Bereiche, deren Nachfrage steigt, diese Lücke schnell genug werden füllen können.

Es besteht das Risiko, dass sich aus dem negativen Trend bei der Katalysatorproduktion nachhaltige negative Preisimpulse für Palladium ergeben, auch wenn sich die Notierungen kurzfristig von dem Schock der gestörten Lieferketten erholen können.

Der ewige Rivale als Alternative

Zumal Palladium nicht das einzige Metall mit hervorragenden katalytischen Eigenschaften ist. Der ewige Rivale Platin kostet aktuell trotz des jüngsten Kursverfalls bei Palladium nur ca. die Hälfte. Das Preisverhältnis der beiden Edelmetalle zueinander befindet sich nahe eines Allzeittiefs.

Damit wird Platin zum direkten Konkurrenten. Der Trend zur Substitution zugunsten von Platin läuft bereits, auch bei den Katalysatoren für Otto-Motoren (Benziner).

Preisverhältinis Platin / Palladium

Platin gewinnt als Ersatz für Palladium vor allem in den großen europäischen, nordamerikanischen und chinesischen Märkten wieder an Bedeutung. Damit kehrt sich die Entwicklung der letzten Dekade um, in der Platin mehr und mehr durch Palladium ersetzt wurde.

Im Jahr 2008 kostete eine Unze Platin noch knapp 3.000 US-Dollar pro Unze.

Aktuell sind es nur noch 950 US-Dollar und damit knapp 1.000 US-Dollar weniger als Palladium.

Rein technisch kann Platin sowohl in Diesel- als auch in Benzin-Katalysatoren eingesetzt werden. Bereits seit 2019 läuft der Substitutionsprozess, der sich aber technisch aufwendig gestaltet und daher langsam voranschreitet.

Die Einführung der sehr strengen Abgasnorm "China 6" ab Juli 2020 forciert zusätzlich die Nachfrage nach Platin-Katalysatoren im Reich der Mitte.

Ein weiterer Vorteil bei Platin ist der deutlich höhere Grad an Diversifikation bei der Verteilung der Nachfrage. Dadurch ist Platin weniger anfällig für negative Trends bei der Katalysatorproduktion im Vergleich zu Palladium.

Verteilung der Platinnachfrage nach Sektoren

Verteilung der Platinnachfrage

Fazit

Die aktuell stark gestörten Lieferketten für den Automobilsektor und hier vor allem der Mangel an Halbleitern sind der Hauptbelastungsfaktor für den Palladiumpreis. Der Versorgungsengpass bei Vorprodukten auch in anderen Branchen, die Palladium benötigen, wird noch einige Zeit andauern.

Daher ist eine schnelle Erholung der Nachfrage und damit des Palladiumpreises nicht zu erwarten, zumal sich das Angebot speziell aus den Minen in Südafrika und Russland im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 Prozent erhöht hat.

Einen generellen und zunehmenden Belastungsfaktor für den Palladiumpreis stellt die Transformation des Automobilsektors hin zur Produktion von reinen Elektroautos dar.

Aber vor allem die Substitution durch das nur halb so teure Platin in den Otto-Motor-Katalysatoren belastet die zukünftige Nachfrage.

Störungen bei den Lieferketten werden sich im Laufe der Zeit zurückbilden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Platinpreis davon mittelfristig stärker profitiert als der Palladiumpreis, erscheint relativ hoch, zumal die Nachfrage nach Platin aus der Automobilproduktion mit 37 Prozent nur halb so hoch ist wie bei Palladium.

Damit ist Platin von den aktuellen Problemen speziell dieser Branche weniger stark betroffen.

Die relative Outperformance des Platinpreises in den letzten Wochen könnte ein Vorgeschmack auf die Entwicklung in den kommenden Jahren sein, in denen sich das Preisverhältnis zwischen beiden Metallen wieder in Richtung des langfristigen Durchschnitts normalisieren könnte.

Autor: Hannes Zipfel
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