Gold: 2.133,12 € -0,25 %
Silber: 24,61 € -0,24 %
Stand: 02.06.2023 von Hannes Zipfel
Die Preise der beiden Edelmetalle konnten sich zuletzt trotz eines herausfordernden Umfeldes stabilisieren und wichtige Chart-Marken zurückerobern. Ein Blick auf das Gesamtbild:
Gold- und Silberpreise über wichtigen Marken

Gold- und Silberpreise fangen sich…

Zwischenzeitlich sah es sowohl bei Gold als auch Silber nach einer Fortsetzung der Abwärtsbewegung bei den Notierungen aus. Doch trotz zuletzt gestiegener Renditen am Kapitalmarkt, einem relativ starken US-Dollar (Konkurrent zu Gold als Reservewährung) und der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen diesseits und jenseits des Atlantiks, haben sich die Kurse wieder gefangen.

Dem Goldpreis gelang es, die wichtige Marke von 1.960 US-Dollar pro Feinunze (31,1 g) am Spot-Markt zurückzuerobern. Aktuell notiert das gelbe Edelmetall bei 1.978 US$/Unze (01. Juni, 17:30 Uhr MESZ). Damit wird die Marke von 1.960 US$/Unze erneut zu einer Unterstützungslinie (grün gestrichelt), wenn auch knapp:

Goldpreis in US-Dollar pro Feinunze

Doch es hätte auch viel dynamischer bergab gehen können, nachdem sowohl die horizontalen Unterstützungen bei 2.000 US$, bei 1.960 US$ und auch der seit 3. November letzten Jahres laufende Aufwärtstrend kurzzeitig nach unten durchbrochen wurden. Aktuell scheint es sich jedoch bei den letztgenannten Durchbrüchen um Bärenfallen zu handeln.

Ähnlich sieht das Bild bei Silber aus: Dem weißglänzenden Edelmetall gelang der Preissprung zurück über die wichtige Marke von 23,40 US-Dollar pro Feinunze, wo aktuell die obere Begrenzung des Konsolidierungstrends seit Ende Januar 2021 verläuft.

Silberpreis in US-Dollar pro Feinunze

Da der Silberpreis am 26. Mai bis auf 22,68 US$/Unze abrutschte, wäre ein weiterer deutlicher Abverkauf erwartbar gewesen. Stattdessen kam es zu einem "Intraday Reversal" und der Kurs schloss an dem besagten Freitag bei 23,32 US$/Unze deutlich im Plus und notiert aktuell bei 23,84 US$ (1. Juni, 17:30 Uhr MESZ).

Gleichwohl mahnen die Oszillatoren Stochastik und RSI im unteren Grafikbereich kurzfristig orientierte Spekulanten zur Vorsicht, da diese bei Silber in den "überkauften" Bereich angestiegen sind.

…trotz diverser Belastungsfaktoren

Bekanntermaßen ist der Sommer nicht die beste Zeit für Edelmetalle, wie die Saisonalität bei Gold der letzten fünf Jahre zeigt (rot: aktueller Verlauf im Jahr 2023):

Saisonalität

Das bedeutet aber nicht, dass die Gold-Kurse über die Sommermonate hinweg abstürzen. Eher ist mit einer volatilen Seitwärtsbewegung zu rechnen.

Aktuell liegen die Notierungen des Goldes in US-Dollar 8,5 Prozent höher als zum Jahresbeginn 2023!

Im Durchschnitt der letzten 5 Jahre waren dies am 1. Juni lediglich 3,75 Prozent. Momentan entwickelt sich der Goldpreis also besser als im Mittel der letzten fünf Jahre.

Richtig spannend wird es aus saisonaler Sicht wieder ab Mitte Juli und zum Ende des Jahres.

Saisonalität Silber

Das gilt auch für das Brudermetall Silber:

Gleichwohl liegen hier die Notierungen seit Jahresauftakt mit aktuell -0,44 Prozent leicht im Minus. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre waren es um diese Zeit im Jahr -2,07 Prozent.

Die höhere Schwankungsbreite (Volatilität) der beiden Metalle im Vergleich zu den Vorjahren erklärt sich aus den geopolitischen Verwerfungen und der starken Unsicherheit über den weiteren Zinskurs der Notenbanken und der Frage, wann endet der aktuelle Zinsanhebungszyklus. Für die zinslosen Edelmetalle ist dies eine essenzielle Frage.

An den für die Preisbildung wichtigen Terminmärkten ist das Bild weder Fisch noch Fleisch: Einerseits hat sich das Open Interest („OI), also die Gesamtzahl aller ausstehenden Termin-Kontrakte (schwarze Linie im unteren Grafikbereich) weiter zurückgebildet, was das genaue Gegenteil einer Spekulationsblase und eher geringes Interesse der Terminmarktteilnehmer an Gold signalisiert.

Anderseits zeigt der COT-Index (rote Linie ganz unten) mit einem Wert von 34 noch kein Kaufsignal. Dieses würde bei diesem Indikator erst bei Werten über 75 (grüne Linie) erreicht werden (jüngste COT-Daten vom 23. Mai):

COT Gold

Bei Silber sehen die Terminmarktdaten (COT-Report) noch weniger konstruktiv aus. Auch wenn, wie bei Gold, von einer Spekulationsblase beim Open Interest („OI“) ebenfalls weit und breit nichts zu sehen ist.

Der Silber-COT-Index steht mit 28 Punkten nur knapp über der Verkaufen-Zone (rote Linie ganz unten):

COT Silber

Weder Fisch noch Fleisch ist auch die Stimmungslage. Hier dargestellt anhand des aus mehreren Sentiment-Indikatoren zusammengesetzten „Gold Optix“. Dieser zeigt mit aktuell 54 Punkten einen neutralen Wert an:

Stimmungsindikator „Gold Optix"

Ebenso neutral ist die Stimmung der Anleger in Bezug auf Silber, dessen Optix-Wert aktuell mit 51 Punkten ebenfalls Neutralität signalisiert (weder Euphorie noch Depression):

Stimmungsindikator „Silver Optix"

Zusammengefasst noch mal die wichtigsten Faktoren, die eigentlich Gegenwind für die beiden Edelmetalle bedeuten, was die relativ gute Entwicklung in 2023 im Vergleich zu den Vorjahren umso interessanter macht:

  • Stark gestiegene Zinsen weltweit
  • Relativ starker US-Dollar
  • Abzug von Liquidität durch die Notenbanken
  • Globale Konjunkturabkühlung
  • Basiseffekt bei den Inflationsraten (Preissteigerungen flachen ab)
  • Voraussichtliche Einigung im US-Schuldenstreit (Vermeidung eines Zahlungsausfalls)
  • Neutrale Stimmung bei den institutionellen Anlegern
  • Wenig konstruktive Lage an den Gold- und Silber Terminmärkten (COT-Daten)

Gründe für die Stabilisierung der Gold- und Silberpreise

Und dennoch fallen die Preise nicht wie ein Stein oder korrigieren zumindest nicht noch dynamischer. Letzteres kann bis Mitte Juli natürlich noch passieren, bevor die massive Großhandelsnachfrage im Vorfeld diverser globaler Feste und Anlässe, zu denen Gold und Gold-/Silber-Legierungen verschenkt werden, die Metallpreise nach oben treibt, und dass auch im langfristigen Bild über Jahrzehnte sehr zuverlässig.

Als Gegengewichte zu den oben aufgezählten Belastungsfaktoren kann man ganz klar folgende Unterstützungsfaktoren benennen:

  • Die Inflation zeigt sich unerwartet hartnäckig und viele Preise verharren auf Rekordniveaus
  • Das geopolitische Gefüge ordnet sich neu – auch in Folge des Russland-Ukraine-Krieges
  • Die Überschuldung dringt durch massive Rüstungsausgaben und Maßnahmen zur Konjunkturstützung in völlig neue Dimensionen vor
  • Der aggressivste Zinsanhebungszyklus der mächtigsten Notenbank der Welt, der U.S. Federal Reserve (FED), bei gleichzeitiger Rekordverschuldung provoziert einen großen "Unfall" im Banken- und Finanzsystem sowie starke Belastungen für die Realwirtschaft
  • Gold und Silber antizipieren bereits eine wie in Japan trotz erhöhter Inflation erneut ultralaxe Geldpolitik auch in den USA und Europa (aus der Not heraus)
  • Starke Nachfrage nach Silber aus dem Bereich Elektronikindustrie (Elektrofahrzeuge, Photovoltaik, intelligente Stromnetze etc.)
Autor: Hannes Zipfel
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