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Stand: 11.07.2022 von Hannes Zipfel
Bereits im Vorfeld der Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 schossen die Preise für europäisches Erdgas wieder hoch. Ab dieser Woche fließt gar kein Gas mehr durch Pipelines von Russland gen Westen. Doch die Chancen stehen gut, dass nach den regulären Wartungsarbeiten die Lieferungen zumindest teilweise wieder anlaufen.
Gas-Stopp, ZEW-Index und US-Inflationsdaten

Für Edelmetall-Anleger weitere wichtige Datentermine in der Börsenwoche 28:

  • Montag: Start der Unternehmensberichtssaison für das Q2`22, Bundesbank Präsident Nagel äußert sich zu Konjunktur und Inflation
  • Dienstag: ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland im Juli (e: -38,3 | Juni: -28,0)
  • Mittwoch: Verbraucherpreisinflation USA für Juli (Jahresrate | e: +8,8 % | Jun.: +8,6 %)
  • Donnerstag: Großhandelspreise in Deutschland für Juni (e: 23,2 % | Mai: 22,9 %)
  • Freitag: US-Konsumentenstimmung Universität Michigan für Juli (e: 52,9 | Juni: 55,4)

Drei russische Pipelines – kein Kubikmeter Gasfluss

Bis vor Beginn des Ukraine-Krieges erreichte Erdgas aus Russland die deutschen Gasspeicher, mit denen auch andere EU-Länder versorgt werden, über drei große Pipelines. Die wichtigste ist nach wie vor Nord Stream 1 über die Ostsee mit einer Durchleistungs-Kapazität bei voller Auslastung von ca. 55 Mrd. Kubikmeter (m3).

Die nach einer russischen Halbinsel im Nordpolarmeer benannte zweite Gasleileitung „Jamal“ führt durch Weißrussland (Belarus) und weiter über Polen nach Deutschland. Zuletzt lag hier die Durchflussmenge bei nahe null. Das Gleiche gilt für die durch die Ukraine nach Deutschland führende Pipeline „Transgas, deren Normalkapazität 40 Mrd. m3 beträgt. Damit fehlen Deutschland aktuell über ein Drittel des normalerweise zufließenden Erdgases.

Rein technisch hätte „Transgas“ eine Maximalkapazität von ca. 100 Mrd. m3. Der Krieg hat den Durchfluss aber vollständig zum Erliegen gebracht.

Bereits im Vorfeld der seit Montag, 6:00 Uhr MESZ begonnenen Wartungsarbeiten an Nord Steam 1 sank die Durchleitungsmenge durch die wichtigste Gas-Röhre auf nur noch 40 Prozent der Maximalkapazität. Regulär soll Nord Stream 1 bis zum 21. Juli, also genau 10 Tage außer Funktion bleiben. Ob und wie viel Gas danach durch die Ost-See-Pipeline gepumpt wird, ist noch unklar aber für die deutsche volkswirtschaftlich von Existenzieller Bedeutung.

Gasverbrauch in Deutschland

Diese Unsicherheit treibt die Gaspreise an der niederländischen Gas-Börse ICE (Intercontinental Exchange, Inc.) bei dem für Deutschland relevanten Gaskontrakt zum nächsten Liefertermin massiv nach oben und heizt somit die Preisinflation entlang der gesamten Produktionswertschöpfungskette bis hin zu den privaten Endverbrauchern an.

Gaspreisexplosion 2022

Im Zuge der Gaspreisexplosion werden auch die Strompreise mit nach oben gezogen: Der Strompreis-Kontrakt an der EEX (European Energy Exchange AG in Leipzig) verteuerte sich in den letzten 12 Monate um ca. 360 % v. 73,5 €/MWh auf 338 €/MWh auf ein neues Allzeithoch.

Der Grund dafür ist u. a. die Stromgewinnung aus Erdgas, womit die Preise für Strom stark mit denen des Erdgases korrelieren.

Da Deutschland selbst auch Transitland für russisches Gas nach West- und Südeuropa ist, kann nur ein Teil der aus Russland ankommenden Menge zum Eigenverbrauch und für den Aufbau von Lagerständen verwendet werden. Nach Aussagen der Bundesregierungen stehen diese Transitverpflichtungen trotz der aktuellen Gasknappheit (Notfallplan-Stufe II v. III bereits in Kraft) nicht zur Disposition.

Die aktuellen Füllstände aller in Deutschland befindlichen Gaslagerstätten waren in den letzten Tagen leicht rückläufig, lagen aber deutlich über denen des Vorjahres (Quelle: AGSI, Aggragated Gas Storage Inventory, GIE).

Füllstände aller in Deutschland befindlichen Gaslagerstätten

Ob es gelingt, den Vorgaben des Bundeswirtschaftsministers Robert Habecks (Bündnis 97/Die Grünen) nachzukommen und die nationalen Gasspeicher in den EU-Ländern bis zum 1. November 2022 zu mindestens 80 Prozent und in den Folgewintern bis zu 90 Prozent zu befüllen, hängt von den Lieferfähigkeiten und dem Willen des Betreibers, dem russischen Energieriesen Gazprom ab.

Eine über die Wartungsfrist von 10 Tagen hinausgehende Lieferunterbrechung via Nord Stream 1 würde es sehr unwahrscheinlich machen, dass die Gasspeicher in Deutschland tatsächlich wie angestrebt bis November zu 80 Prozent gefüllt sein werden.

Zwar wurden wegen der hohen Preise, der schwachen Konjunktur und v. a. im Zuge von Einsparmaßnahmen im ersten Halbjahr 2022 ca. 14 Prozent weniger Erdgas verbraucht als im Vorjahreszeitraum, aber Deutschland ist immer noch zu ca. 37 Prozent von russischem Gas abhängig. Der Bezug aus alternativen Quellen, z. B. aus Norwegen, liegt derzeit bei knapp 63 Prozent. Dies entspricht dem langfristigen Durchschnitt zu dieser Zeit im Jahr.

Da die von Russland geforderte Rücküberstellung der zur Wartung von Nord Stream 1 benötigte Gas-Kompressor-Turbine aus Kanada wohl auf diplomatischem Wege trotz strenger Sanktionen gewährleistet werden kann, sollte Nord Stream 1 in zehn Tagen den Betrieb wieder aufnehmen. Damit bestünde eine realistische Chance, einen Gasnotstand in Deutschland und seinen Anrainerstaaten zu verhindern.

ZEW-Konjunkturindex

Neben dem aktuell alles beherrschenden Thema Energieversorgungssicherheit und Energiepreise warten die Marktteilnehmer gespannt auf weitere Frühindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung.

Für Deutschland ist der der ZEW-Index des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ein wichtiger Gradmesser der Stimmungslage unter Profi-Anlegern. Dabei werden rund 400 Analysten und institutionelle Anleger jeden Monat nach ihren mittelfristigen Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und der Kapitalmarktentwicklung befragt.

Für den Monat Juli liegen die Erwartungen bei extrem niedrigen -38,8 Punkten nach bereits pessimistischen -28,0 Punkten im Juni. Noch vor Jahresfrist lag der Index im Juli 2021 bei +63,3 Punkten und im Jahr zuvor (also mitten in der Pandemie) bei -24,5 Punkten. Das Unterbieten der Corona-Stimmung zeigt, wie pessimistisch die vom ZEW Befragten momentan sind.

US-Inflationsdaten

Da die Entwicklung der zins- und liquiditätssensiblen Vermögenspreise, und hier vor allem die Preise für die zinslosen Edelmetalle, stark von der Geldpolitik der wichtigsten Notenbank der Welt, der US-Fed, beeinflusst werden, stehen am kommenden Mittwoch die Inflationsdaten aus den USA stark im Fokus der Anleger. Erwartet wird ein weiterer Anstieg im Juni auf 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Juni waren es noch 8,6 Prozent Jahresinflation.

Inflationsdaten aus den USA

Sollten die Daten wie erwartet oder zumindest weiter oberhalb der 8-Prozent-Marke hereinkommen, ist auf der nächsten regulären Sitzung der US-Notenbank (Fed) am 27. Juli mit einem weiteren großen Zinsschritt um 0,5 bis 0,75 Prozentpunkte auf dann effektiv 2,08 bzw. 2,33 Prozent p. a. zu rechnen.

Wie lange die Fed diesen ambitionierten Straffungskurs, bei dem parallel auch die Fed-Bilanz reduziert und somit Liquidität aus den ohnehin schwächelnden Vermögensmärkten abgezogen wird, ist auch für die weitere Entwicklung der Edelmetallpreise die zentrale Frage.

Weitere wichtige Daten-Termine inklusive Prognosen und historischen Zeitreihen finden Sie hier.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Corbinian | 13.07.2022, 14:23 Uhr Antworten

Kommen am 27. Juli von der FED 75 bps, oder 100 bps falls der CPI die Erwartungen übertrifft gibts nen Blutbad in Crypto. Hodl to Zero, Lasereyes!
Gold? $1680 aufm Weg zu $1575-1515?? Mal sehn wo der Euro dann steht. Vermute mal 0,88 Cent.
Silber? Schließt die Augen und versteckt die Kinder!

von Uran | 12.07.2022, 22:41 Uhr Antworten

...glänzt nicht, aber strahlt dafür umso mehr.
"Regierungen"? Merkel-deep-state immernoch online?

1 Antwort an Uran anzeigen
von Klecks | 12.07.2022, 16:13 Uhr Antworten

und während alle Panik schieben wegen des ausbleibenden russischen Gases, laufen unsere Biogasanlagen mit nicht einmal 50% ihrer Kapazitäten. Dabei könnten die bei Vollauslastung bis zu 80% des russischen Gases ersetzen. Ist nur nicht gewünscht. Warum? Aus dem gleichen Grund wie bei Fotovoltaik: Da verdienen jede Menge Kleinproduzenten - aber nicht die großen Konzerne. Ich würde zu gerne mal die Aktionärsregister großer Firmen einsehen....

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