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Stand: 15.07.2021 von Hannes Zipfel
Vier Prozent Konsumentenpreisinflation erwartet die Deutsche Bundesbank zum Jahresende, aktuell sind es 2,3 Prozent. In den USA steigen die Kernverbraucherpreise bereits so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr. Doch anstatt die Inflation zu bekämpfen, ändern die Geldpolitiker ihre Ausrichtung. Der Schutz der Kaufkraft von Euro, US-Dollar & Co. hat schon lange keine Priorität mehr.
Inflation wird geduldet - Goldpreis bricht aus

Der Goldpreis reagiert nun und bricht in Euro aus seinem Konsolidierungstrend nach oben aus.

Die Europäische Zentralbank kapituliert

Bei der bereits seit Monaten anhaltenden Dynamik des Teuerungsdrucks könnte man erwarten, dass die Notenbanken gemäß ihrer Mandate zur Tat schreiten und zumindest die preistreibende Geldmengenausweitung etwas drosseln.

Doch weit gefehlt!

In einem Interview mit Bloomberg ließ die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, zum Wochenauftakt genau das Gegenteil verlautbaren: Das Anleihekaufprogramm PEPP zur Abfederung der Corona-Krise (Pandemic Emergency Purchase Programme) wird bis März 2022 fortgeführt und anschließend unter anderem Namen verlängert. Für eine Anpassung der Geldpolitik sei es noch zu früh. Lagarde wörtlich:

„Mein Gefühl sagt mir, dass wir uns weiter danach richten werden, günstige Finanzierungsbedingungen in unseren Volkswirtschaften zu bewahren“.

Mit anderen Worten: Die EZB wird weiter massiv Geld drucken, um damit Wertpapiere zu kaufen und gleichzeitig den Leitzins bei null belassen.

Das ist erstaunlich, zumal sich die Preisinflation hierzulande im zweiten Halbjahr noch verschärfen dürfte. Bereits im letzten Monatsbericht wies der Präsident der Deutschen Bundesbank (BuBa), Jens Weidmann darauf hin, dass wegen Lieferengpässen, steigender Transport- und Energiekosten sowie der Rücknahme der temporären Umsatzsteuersenkung die Konsumentenpreise in der zweiten Jahreshälfte um vier Prozent steigen könnten.

Offiziell lag das Inflationsziel der auch für die deutschen Zinsen zuständigen EZB bislang bei nahe aber unter zwei Prozent. Im Rahmen der aktuellen Strategieanpassung wurde diese Formulierung geändert.

Nun strebt man ein „symmetrisches“ Inflationsziel von zwei Prozent p. a. an. Der Begriff „Symmetrisch“ bedeutet, dass die Inflation auch über das Inflationsziel überschießen kann, da es in der Vergangenheit nach offiziellen Zahlen darunter lag.

Erst wenn die durchschnittliche Inflation der vergangenen Jahre die Marke von zwei Prozent erreicht, würde man reagieren. Aber nur, wenn die Konjunktur und die historisch hohe Schuldenlast in der Eurozone dies zulassen. Also niemals.

Um die Inflationsrate optisch weiterhin niedrig zu halten, haben sich die Geldpolitiker im EZB-Tower im Frankfurter Ostend außerdem dagegen entschieden, die Kostensteigerungen für selbst genutztes Wohneigentum mit in die Berechnung der Inflationsrate einfließen zu lassen.

Diesen Schritt wolle man zu einem späteren Zeitpunkt nochmals prüfen.

Es wird immer deutlicher, dass die Notenbanker nicht Willens sind, die von ihnen mitverursachte Teuerung zu bekämpfen. Ohne die Krisengeldpolitik wäre die gesamte Eurozone und damit auch die EZB in ihrer Existenz gefährdet.

Die Bürger der Eurozone können sich also in Sachen Geldwertstabilität nicht auf die Währungshüter verlassen. Sie müssen sich selbst vor der Preisinflation schützen.

Inflationsdruck bringt den entscheidenden Impuls für den Goldpreis

Der Klassiker in Sachen Inflationsschutz und seit Jahrtausenden bewährt ist Gold. Vor allem die Kombination aus steigendem Preisdruck und negativen Realzinsen rücken das zinslose, aber knappe Geldmetall zurück in den Fokus der Anleger.

Wer die Wahl hat zwischen einer unverzinsten und beliebig vermehrbaren Währung, wie zum Beispiel dem Euro, oder dem unverzinsten, aber knappen Währungsmetall Gold, der entscheidet sich rationalerweise für Letzteres.

Bisher hat der Goldpreis noch zögerlich auf die steigenden Teuerungsdaten und die Untätigkeit der Geldpolitiker reagiert. Doch das ändert sich mit jeder neuen Inflationszahl und jeder neuen Ausrede der Geldpolitiker, warum man darauf nicht reagieren könne oder müsse.

So hat der Goldpreis zunächst Federn gelassen, da die Anleger davon ausgingen, dass die Notenbanken die Inflation durch Zinsanhebungen bekämpfen werden. Doch nun findet ein Umdenken statt.

Die Zwickmühle, in der die Notenbanken stecken, wird immer offensichtlicher: Ohne extrem lockere Geldpolitik bricht das Kartenhaus aus Schulden und Vermögenspreisblasen in sich zusammen.

Diese Erkenntnis reift bei Investoren weltweit langsam aber stetig. In der Konsequenz wenden sich die Anleger wieder dem gelben Edelmetall zu. Das könnte aber erst der Beginn eines größeren Trends werden.

Gelingt dem Goldpreis, hier in Euro dargestellt, der Ausbruch aus dem Konsolidierungstrend nachhaltig, könnten zum Jahresultimo die Allzeithöchststände aus dem August 2020 im Bereich von 1.750 Euro pro Unze Gold erneut in Angriff genommen werden.

Goldpreis in Euro 1 jahr

Die historische Perspektive

Das Ausmaß der aktuellen Inflationsdynamik kann man in der längerfristigen Betrachtung in folgender Grafik sehr gut erkennen. In der Gesamtrate befindet sich die Konsumentenpreisinflation in der nach nominalem Bruttoinlandsprodukt größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, aktuell auf dem höchsten Niveau seit 13 Jahren.

In der Kernrate ohne Energie- und Lebensmittelpreise sogar auf einem Dreißigjahreshoch.

Auffällig ist, dass sich der Realzins, also der Nominalzins abzüglich der Inflationsrate, bereits nahe der Tiefststände von vor 40 Jahren befindet.

Nur das damals die offizielle Inflationsrate bei über 14 Prozent p. a. lag.

US-Realzins 40 Jahretief

Hier wird das Verweigern der Inflationsbekämpfung durch die Notenbanken, in diesem Fall durch die US-Fed, sehr deutlich. In den Achtzigerjahren konnte die Fed noch mit Zinserhöhungen auf die anspringende Teuerung reagieren. Heute ist der effektive Leitzins auch in den USA nahe der Nulllinie zementiert.

Der Grund dafür ist die Schuldenlast: Im zweiten Quartal des Jahres 1980 betrug die Gesamtverschuldung (privat und öffentlich) in den USA 4,56 Billionen US-Dollar. Das entsprach 139 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Am Ende des zweiten Quartals dieses Jahres durchbrach die Gesamtverschuldung die Schallmauer von 85 Billionen US-Dollar und stieg damit auf über 386 Prozent des BIP (Quellen: Fed of St. Louis, U.S. Bureau of Economic Analysis).

Höhere Zinsen sind aufgrund der weltweit stark angestiegenen Schuldenlast (355 Prozent des globalen BIP in 2020; Quelle: IIF) nur noch in homöopathischen Dosen möglich.

Gleichzeitig wird die höhere Preisdynamik toleriert, um die Schulden „Wegzuinflationieren“.

Diese Problematik wird sich eher noch verschärfen und zwingt die Anleger nicht nur in der Eurozone und den USA verstärkt über Inflationsschutzinvestments wie Gold nachzudenken.

Das gilt auch für Silber, welches aufgrund des engeren Marktes über noch größeres Kurspotential verfügt.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von werkue@web.de | 19.07.2021, 10:46 Uhr Antworten

Hervorragende Darstellung ! Wie lange wollen wir uns noch die EZB- Politik gefallen lassen ? Die Schlußfogerung müsste lauten: " Raus aus dem unsäglichen Euro! "
Aber welcher Politiker in Deutschland hat den Mut dazu ?

von Aureus | 17.07.2021, 04:00 Uhr Antworten

Frau Lagarde, übrigens einschlägig vorbestraft, gehört in eine [......], nicht aber an die Spitze der EZB. Einfach nur unappetitlich, welches politische Personal hier schalten und walten kann, wie es ihm beliebt. Und das frei von jeglicher Kompetenz!

1 Antwort an Aureus anzeigen
von Alexander | 16.07.2021, 22:54 Uhr Antworten

Sehr informativer Artikel ????

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