Gold: 2.187,45 € 0,62 %
Silber: 25,44 € -0,55 %
Stand: 15.05.2023 von Hannes Zipfel
Während sich der Goldpreis an die Marke von 2.000 US-Dollar pro Feinunze festzuklammern scheint, fiel der Silberpreis zuletzt deutlich auf das Ausbruchsniveaus von Ende März zurück. In dieser Woche haben neben Preisdaten und dem ZEW-Konjunkturindex aus Deutschland v. a. Zahlen aus den USA und diverse öffentliche Auftritte von US-Notenbankern das Potenzial, die Edelmetallpreise zu bewegen.
Datenwoche beginnt mit einem Schocker

Gespannt warten die Anleger auf Äußerungen der Geldpolitiker zur sich kontinuierlich zuspitzenden Lage bei den Regional-Banken, dem Konjunkturabschwung, dem angeschlagenen Gewerbeimmobilienmarkt, der beginnenden Kreditklemme und der drohenden technischen Staatspleite am 1. Juni.

Kursrelevante Termine für Gold, Silber & Co. in der KW 20:

  • Montag: Deutscher Großhandelspreisindex für April auf Jahresbasis (akt.: -0,5 % | e: -0,7 % | März: 2,0 %), New York Empire State Herstellungsindex für Mai in Punkten (akt: -31,8 | e: -3,7 | Apr.: 10,8), Reden von US-Notenbank-Gouverneuren Bostic, Kashkari und Cook
  • Dienstag: ZEW-Konjunkturerwartungen Deutschland für Mai (e: -5,3 | April: 4,1), chinesische Industrieproduktion im April auf Jahresbasis (e: 10,9 % | März: 3,9 %), Veränderung der nominellen US-Einzelhandelsumsätze im April auf Jahresbasis (e: 4,20 % | März: 2,94 %)
  • Mittwoch: Vorl. japanisches Bruttoinlandsprodukt Q1’23 (e: 0,1% | Q4’22: 0,0 %), US-Baubeginne im April in Millionen Einheiten (e: 1,400 | März: 1,420)
  • Donnerstag: Philly-Fed-Geschäftsbedingungen für Mai (e: -11,3 | Apr.: -1,5), US-Verkäufe bestehender Häuser im April in Mio. Einheiten (e: 4,3 | März: 4,44), Rede von US-Notenbankerin Lorie K. Logan (Präsidentin der Dallas-Fed)
  • Freitag: Reden der US-Notenbanker Williams, Bowman und des Fed-Chefs Jerome Powell, Terminmarktdaten der US-Aufsichtsbehörde CFTC zu Gold und Silber (COT-Reports; 21:30 Uhr MESZ)

Weitere Daten-Termine, Details zu den Prognosen sowie historische Zeitreihen finden Sie hier.

Rezession kündigt sich an

Der Grund, warum sich der Goldpreis momentan stabiler hält als der Silberpreis, hat primär mit der Erwartung einer sich dynamisch abschwächenden Weltwirtschaft zu tun, wovon das in der Industrie stärker nachgefragte Silber (zu über der Hälfte des Angebots) intensiver betroffen ist als die Reservewährung Gold.

Ein Phänomen, dass sich auch im Preisverhältnis zwischen Gold und Kupfer deutlich zeigt und auf eine Abschwächung der Konjunktur bei nach wie vor zu hoher Inflation hinweist (Stagflation):

Kupfer-Gold-Preisverhältnist

Kupfer gilt wegen seiner Anwendungsvielfalt in nahezu allen industriellen Sektoren als das Industriemetall schlechthin und trägt daher bei Börsianern den Beinamen „Dr. Copper“ (Das Metall mit dem Doktortitel in Ökonomie).

Und die Entwicklung der Ökonomie gibt nach zehn z. T. großen Zinsschritten in den USA und dem zeitlich aggressivsten geldpolitischen Straffungszyklus seit Jahrzehnten ein besorgniserregendes Bild ab, wie auch die am heutigen Montag veröffentlichte Daten zum New York Empire State Herstellungsindex zeigen:

Nach einer kurzen Erholung neigt der Index nun wieder massiv zur Schwäche und tendiert weit unter der Prognose (Quellen: Fed of New York, Investing.com):

New-York Empire State Herstellung

Der „Empire State Manufacturing Index“ misst die Lage im produzierenden Gewerbe im Bundesstaat New York. Dazu werden 200 größere Hersteller in New York bezüglich ihrer Geschäftsentwicklung von der Fed of New York befragt. Indexwerte über 0 signalisieren eine positive Geschäftsentwicklung der Industriebetriebe im Vergleich zum Vormonat, während bei einem Fall unter 0 mit einer negativen Geschäftsentwicklung zu rechnen ist.

„Phillly Fed Index“ am Donnerstag

Ein weiterer von der Fed selbst erhobener umfragebasierter Konjunkturindex wird am Donnerstag um 14:30 Uhr MESZ veröffentlicht: der Herstellungsindex der US-Fed-Niederlassung Philadelphia (die auch „Philly-Fed“ genannte Niederlassung ist zuständig für die Bundesstaaten Deleware, Pennsylvania und das industriell wichtige New Jersey).

Erwartet wird, dass sich in der jüngsten Umfrage für den Monat Mai die Werte in wichtigen Kategorien dramatisch verschlechtert haben (Unterkategorien des Philly-Fed-Konjunkturindex in Index-Punkten):

  • Geschäftsbedingungen (e: -11,3 | April: -1,5)
  • Beschäftigung (e: -5,2 | April: -0,2)
  • Neuaufträge (e: -25,7 | April: -22,7)

Die Entwicklung der „bezahlten Preise“ soll sich mit 8,1 Punkten nach 8,2 Punkten im April im Monat Mai nur leicht abschwächen.

Wann reagiert die Fed auf ihre eigenen Umfragen?

Bei der letzten Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung der US-Fed am 3. Mai gab der US-Notenbankpräsident Jerome Powell bereits zu, dass seine Mitarbeiter („The Staff“) eine Rezession für die USA erwarten. Er selbst aber nicht.

Da drängt sich die Frage auf, wozu man überhaupt eine Heerschar an Ökonomen beschäftigt, wenn der Chef die Vogel-Strauß-Taktik präferiert?

Eines wird aus dieser Aussage Powell‘s jedoch klar: Es muss für die Wirtschaft, die Banken und die Verbraucher, v. a. am Arbeitsmarkt, erst noch schlimmer kommen, bevor der Fed Chef bereits ist, (gezwungenermaßen) geldpolitisch umzusteuern.

Für Edelmetallanleger bedeutet dies, sich noch ein paar Wochen in Geduld zu üben. Denn spätestens ab 1. Juni droht in den USA zusätzlich der konjunkturell gefürchtete „Government Shutdown“. Dann darf das Finanzministerium wegen der Erreichung der Schuldenobergrenze keine neuen Schulden mehr aufnehmen.

Da die Einnahmen des Staates aus Steuern und Abgaben aber nur einen Bruchteil der Ausgaben abdecken und saisonal unregelmäßig stark fließen, drohen den USA im Sommer das Geld auszugehen und Millionen von Staatsangestellten in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt zu werden.

Wegen der politischen Patt-Situation im US-Kongress nach den letzten Zwischenwahlen und der anstehenden Reise des US-Präsidenten nach Japan gilt es als unwahrscheinlich, dass die beiden politischen Lager bis zum Stichtag (X-Date) am 1. Juni eine Kompromisslösung finden.

Gold hält die Stellung – Silber zieht sich noch mal zurück

Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass sich der Goldpreis im Vergleich zu Silber und anderen Rohstoffen als Krisenwährung noch relativ gut und über der v. a. psychologisch wichtigen Marke von 2.000 US-Dollar pro Feinunze (31,1 g) am Spotmarkt für sofort verfügbares Metall hält:

Goldpreis pro unze 15.05.23

Den Silberpreis zieht es dagegen signifikanter gen Süden, wo das weiße Edelmetall am heutigen Montag nochmals die gleitende 50-Tage-Durchschnittskurslinie touchierte und möglicherweise, was charttechnisch jedoch völlig „normal“ wäre, nochmal auf die grüne Ausbruchslinie zurücksetzt, bevor dann, im Zusammenhang mit einer geldpolitischen Zwangswende, die Kurse neue zyklische Höchststände anpeilen können.

Silberpreis pro Unze 15.05.23

Für den Goldpreis wären dann sogar neue Allzeithöchststände in Euro und US-Dollar nicht fern.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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