Gold: 2.164,23 € -0,02 %
Silber: 25,40 € 0,04 %
Stand: 18.07.2022 von Hannes Zipfel
Letztmalig hat die EZB im Juli 2011 ihren Leitzins angehoben. Am kommenden Donnerstag wird sie es wohl erneut tun. Die Zinswende erfolgt jedoch in homöopathischen Dosen, da die Fragilität der Euro-Zone ebenso hoch ist wie die Inflationsrate.
EZB-Zinsanhebung, Erzeugerpreise & Nord Stream 1

Für Edelmetall-Anleger wichtige Datentermine in der Börsenwoche 29:

  • Montag: U.S. NAHB Immobilienindex für Juli (akt.: 55,0 | Juni: 67,0)
  • Dienstag: Baugenehmigungen USA für Juni in Mio. annualisiert (e: 1,65 | Jun.: 1,695)
  • Mittwoch: Erzeugerpreisindex Deutschland (Jahr) für Juni (e: 33,9 % | Mai: 33,6 %)
  • Donnerstag: EZB-Ratssitzung mit Leitzinsanhebung (e: 0,25 % | Juni: 0,00 %), Ende der Wartungsarbeiten an Nord Stream 1
  • Freitag: Einkaufsmanager- Gesamtindex Deutschland für Juli (e: 50,1 | 51,3)

Europäische Zentralbank unter Handlungsdruck

Das letzte Mal erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins, also den Hauptrefinanzierungssatz für Banken am 13. Juli 2011 um 25 Basispunkte von 1,25 auf 1,5 Prozent p. a. Damals betrug die jährliche Inflationsrate 2,7 Prozent.

Im Juni dieses Jahres verteuerten sich die Preise für Endverbraucher auf Jahresbasis um 8,6 Prozent und auf Monatsbasis um 0,8 Prozent. Der Zinsschritt um einen Viertelprozentpunkt ist daher als reine Symbol-Geldpolitik zu verstehen.

Der reale Leitzins der EZB würde dann ab Donnerstag immer noch mit -8,35 Prozent extrem weit im negativen Terrain verharren.

EZB extrem weit hinter der Kurve

Gleichzeitig will die Zentralbank den Einlagenzinssatz für Überschussliquidität der Banken ebenfalls anheben. Wahrscheinlich von -0,5 auf -0,25 Prozent p. a., womit es dann trotz Starkinflation immer noch Strafzinsen für die Banken im Euroraum gäbe.

Gleichzeitig will die EZB anlässlich ihrer Tagung am Donnerstag ein neues, zeitlich und volumenmäßig unlimitiertes Anleihekaufprogramm namens „Transmission Protection Mechanism“ vorstellen.

Erzeugerpreise weiterhin historisch hoch

Als verlässlicher Frühindikator für die Verbraucherinflation gelten die Erzeugerpreise. Diese werden am Mittwoch um 8:00 Uhr für Deutschland veröffentlicht und für den Juni 2022 mit +33,9 Prozent auf Jahresbasis und +1,3 Prozent auf Monatsbasis erwartet.

Erzeugerpreise Deutschland auf Rekordhoch

Der Erzeugerpreisindex (EPI) misst die Preisveränderungen der in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte und Dienstleistungen. Der EPI ist ein Output-Index, er zeigt also Preisänderungen aus der Sicht der Verkäufer an.

Der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden erhobene Index weist mit Zeitverzögerung auf eine weiter steigende Gesamtinflation hin, da die Unternehmen einen Teil der Kostensteigerungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen in der Wertschöpfungskette weitergeben müssen, um in vielen Fällen weiter existieren zu können.

Für die EZB und den Euro bedeutet diese sogenannte „Pipeline-Inflation“ anhaltenden Druck vonseiten der Teuerungsfront, da nicht nur in Deutschland als größter Volkswirtschaft der Euro-Zone die Herstellungskosten stark steigen, sondern bedingt durch höhere Energiepreise im gesamten Euroraum.

Gleichzeitig mus die EZB Rücksicht auf die überschuldeten Südstaaten inkl. Frankreich und die fragile politische Situation in Italien nehmen, wo gerade die Regierungskoalition scheiterte. Ein Balance-Akt für die mit ungewissem Ausgang, gegen den man sich u. a. mit monetären Edelmetallen vermögenstechnisch absichern könnte.

Was passiert mit Nord Stream 1?

Einer der größten Inflationstreiber in Deutschland sind die Gaspreise. Zuletzt versiegte im Rahmen der Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 der Gaszufluss aus Russland durch die drei Pipelines „Jamal“, „Transgas“ und „Nord Stream 1“ vollständig.

Die Betriebserlaubnis für Nord Stream 2 wurde bislang nicht erteilt.

Die Bundesrepublik bezog bis vor dem Ukraine-Krieg fast die Hälfte des Erdgases aus Russland. Neben den Privathaushalten ist auch die deutsche Wirtschaft stark auf Erdgas angewiesen.

Gasverbrauch in Deutschland nach %

Zuletzt hatten sich die Preise für europäisches Erdgas (TTF) extrem verteuert. Die Frage ist nun, ob ab Donnerstag nach Abschluss der turnusmäßigen Wartungsarbeiten zumindest wieder etwas Gas durch Nord Stream 1 fließt. Zuletzt waren es noch knapp ein Drittel der Maximalkapazität.

Gaspreis-Future für Europa explodiert vor Nord Stream 1 Wartung

Zwar hat Deutschland mittlerweile zugestimmt, die in Kanada gewartete Kompressor-Turbine von Siemens-Energy, die zur Durchleitung des Erdgases durch die Ostsee-Pipeline benötigt wird, nach Russland zurückzuliefern.

Aber eine Garantie für die Normalisierung der Gaslieferungen gibt es dadurch noch nicht.

Immerhin hat Russland acht solcher Turbinen zur Verfügung und es steht die Vermutung im Raum, dass die Drosselung der Gaslieferungen als schmerzhafte Gegensanktion gegen den Westen eingesetzt wird.

Weitere wichtige Daten-Termine inklusive Prognosen und historischen Zeitreihen finden Sie hier.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
Ihre Meinung zum Thema?
Sicherheitsfrage: Wie viele Münzen sehen Sie?
Fragen über Fragen
Ich stimme zu, dass mein Kommentar und Name zur Veröffentlichung auf GOLD.DE gespeichert wird. Die Netiquette für Kommentare hab ich gelesen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit per Mail an info@gold.de widerrufen. Unsere Datenschutzerklärung.
von Agent 700% | 19.07.2022, 01:42 Uhr Antworten

Eine frisch gelieferte Turbine muss ja auch nicht gleich funktionieren.

Copyright © 2009-2024 by GOLD.DE – Alle Rechte vorbehalten

Konzept, Gestaltung und Struktur sowie insbesondere alle Grafiken, Bilder und Texte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Missbrauch wird ohne Vorwarnung abgemahnt. Alle angezeigten Preise in Euro inkl. MwSt. (mit Ausnahme von Anlagegold), zzgl. Versandkosten, sofern diese anfallen. Verfügbarkeit, Abholpreise, Goldankauf und nähere Informationen über einzelne Artikel sind direkt beim jeweiligen Händler zu erfragen. Alle Angaben ohne Gewähr.

Stand: 08:48:35 Uhr