Gold: 2.188,11 € 0,65 %
Silber: 25,80 € 0,86 %
Stand: 23.12.2022 von Hannes Zipfel
Fundierte Prognose oder übertriebenes Kursziel? Dass Gold als sicherer Hafen auch im kommenden Jahr attraktiv bleibt, ist wohl sehr wahrscheinlich. Ob sich der Preis aber mehr als verdoppelt, hängt von schwer prognostizierbaren Entwicklungen wie dem Ukraine-Krieg, der Konjunktur und der Inflation ab.
Goldpreis bei 4.000 US-Dollar in 2023?

Gold soll 2023 für Anleger noch interessanter werden

Davon ist jedenfalls der Chefanalyst Jürg Kiener von Swiss Asia Capital überzeugt. Die auf institutionelle und vermögende Anleger spezialisierte Investmentgesellschaft mit Sitz in der Finanzmetropole Singapur ist einer der renommiertesten Vermögensverwalter im asiatisch pazifischen Raum.

Es handelt sich also nicht um die Prognose einer kleinen Firma, die um Aufmerksamkeit buhlt, sondern um ein Unternehmen, das einen Ruf und v. a. Kunden zu verlieren hat. Daher kann man davon ausgehen, dass sich Kiener und sein Analysten-Team das aus heutiger Sicht sehr hohe Kursziel von bis zu 4.000 US-Dollar pro Feinunze Gold (31,1 g) für das kommende Börsenjahr nicht einfach aus den Fingern gesogen haben.

Aktuell steht der Goldpreis in US-Dollar bei knapp unter 1.800 USD/Unze und müsste sich somit im kommenden Jahr mehr als verdoppeln, um die 4.000-Marke zu erreichen.

Goldpreis in US-Dollar pro Unze 22.12.2022

In diesem Jahr liegt die Preisveränderung des gelben Edelmetalls auf Dollarbasis bei -0,6 Prozent. Was macht Kiener für 2023 so optimistisch?

„Große Bewegung“ im Goldpreis mit neuem Allzeithoch

In einem Interview mit Charmaine Jacob vom US-Börsensender CNBC weist Kiener darauf hin, dass vor allem vier Punkte Grundlage der sehr optimistischen Prognose sind:

  1. Eine Rezession bzw. Stagnation in nahezu allen Wirtschaftsregionen
  2. Die hartnäckige strukturelle Inflationsentwicklung
  3. Der Krieg in der Ukraine
  4. Eine deutlich weniger aggressive Geldpolitik

Kiener und sein Team sind davon überzeugt, dass es sehr starke Hinweise darauf gibt, dass vielen Volkswirtschaften bereits im ersten Quartal 2023 „eine kleine Rezession“ bevorsteht und viele Zentralbanken darauf mit moderaterer Geldpolitik als in diesem Jahr reagieren werden.

Bereits ein verlangsamtes Zinserhöhungstempo kommt der Entwicklung des Goldpreises zugute.

Diesen Zusammenhang konnte man tatsächlich bereits seit Anfang November beobachten, als immer mehr deutlich wurde, dass die bedeutendste Notenbank der Welt, die US-Fed, ihre Zinsschritte von zuvor 0,75 Prozentpunkte auf zuletzt 0,5 Prozentpunkte und am 1. Februar 2023 nur noch 0,25 Prozentpunkte reduziert.

Es ist einfach die Kombination aus der ungewöhnlichen Häufung diverser Risikofaktoren und der Erwarteten einer moderateren Politik der Zentral- und Notenbanken, die ein solch hohes Kursziel rechtfertigen sollen.

Da aber naturgemäß unklar ist, wie stark und ob diese Risiken eintreffen werden, ist die Bandbreite der Prognose von Swiss Asia Capital recht weit gefasst und reicht von einem Höchststand von 2.500 US-Dollar bis eben 4.000 US-Dollar pro Feinunze Gold.

Auf jeden Fall ist Kiener davon überzeugt, dass 2023 ein gutes Jahr für Gold wird. Wörtlich sagte er in einem Interview mit „Street Signs Asia“:

„Es besteht eine gute Chance, dass der Goldmarkt eine große Bewegung erlebt. Es werden nicht nur 10 Prozent oder 20 Prozent sein, sondern eine Bewegung, die wirklich neue Höchststände erreichen wird“.

Gold ist der einzige Wert, den alle Zentralbanken besitzen

Tatsächlich ist nicht nur die Affinität der Privatanleger und institutioneller Kunden gegenüber Gold zuletzt gestiegen, sondern auch Zentralbanken deckten sich im dritten Quartal 2022 in Rekordhöhe mit dem gelben Metall ein, dass laut World Gold Council auf der Aktivseite der Bilanzen aller Zentral- und Notenbanken der Welt zu finden ist.

Mit 400 Tonnen Gold wurde der bisherige Rekord von 241 Tonnen Notenbank-Käufen im gleichen Zeitraum 2018 fast verdoppelt.

Kiener weiter:

„Seit den 2000er-Jahren liegt die durchschnittliche Rendite auf Gold in jeder Währung zwischen 8 Prozent und 10 Prozent pro Jahr. Das haben Sie am Rentenmarkt nicht erreicht. Das haben Sie am Aktienmarkt nicht erreicht.“

Da die Inflationsraten in vielen Teilen der Welt auch im kommenden Jahr überdurchschnittlich hoch bleiben werden, wird auch die Nachfrage nach der klassischen Inflationschutz-Anlage Gold hoch bleiben. Sollte diese dann noch in Kombination mit einer wirtschaftlichen Stagnation oder gar Rezession auftreten, wäre das Edelmetall eine

„großartige Ergänzung für das Gesamtportfolio“,

so Kiener.

China bleibt großer Abnehmer

Anfang dieses Monats gab die chinesische Zentralbank (PBoC) bekannt, dass sie Goldreserven im Wert von etwa 1,8 Milliarden US-Dollar akkumuliert hat, was den kumulierten Wert auf etwa 112 Milliarden US-Dollar erhöht (Quelle: World Gold Council, Reuters).

Ein weiterer Grund für den Goldpreisanstieg im nächsten Jahr ist laut Kiener ein Trend zur geografischen Umverteilung:

„Asien war ein großer Abnehmer. Und wenn Sie sich den gesamten Handel ansehen, verlässt Gold im Wesentlichen den Westen und geht nach Asien“.

Der Immobilienmarkt in China und auch der Aktienmarkt haben sich als Vermögensvernichtungsmaschine entpuppt, wohingegen der Goldpreis in Yuan zwar unter hoher Volatilität aber stetig angestiegen ist:

Goldpreis in chinesische Yuan

Daher wird ein Investment in Gold nicht nur für die chinesische Zentralbank, sondern auch für institutionelle Anleger (Pensionsfonds, Investmentfonds, Banken, Versicherungen etc.) als alternatives Investment zunehmend interessant.

10 bis 20 Prozent Gold im Portfolio

Nikhil Kamath, Mitbegründer von Indiens größtem Brokerhaus Zerodha, ist sogar der Meinung, Anleger sollten 10 bis 20 Prozent ihres Portfolios in Gold investieren. Auch Kamath geht in seiner Begründung auf die Korrelation zwischen Inflation und Gold sowie Gold und Immobilien ein (Quelle: CNBC):

„Wenn Sie sich ansehen, wie viel Gold Sie in den 70er-Jahren für den Kauf eines durchschnittlichen Hauses benötigten, benötigen Sie heute wahrscheinlich die gleiche oder weniger Goldmenge als damals in den 70er, 80er oder 90e-Jahren“

Die Stabilität des Goldpreises ist auch und gerade in Krisenzeiten der Hauptgrund für den Optimismus vieler Analysten, auch wenn nicht alle eine Kursprognose von 4.000 US-Dollar wagen.

Das Erreichen neuer Allzeithochs scheint in Anbetracht der geopolitischen und ökonomischen Gemengelage weltweit jedenfalls nicht unrealistisch – auch auf Basis der Gemeinschaftswährung Euro.

Hier kostet eine Feinunze Gold am Spot-Markt aktuell 1.716 Euro und notiert damit 165 Euro bzw. nur knapp 10 Prozent unter dem Allzeithoch vom 8. März 2022 bei 1.880,75 pro Unze.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von jost56 | 27.12.2022, 09:56 Uhr Antworten

Solange der Mensch nicht aufwacht und erkennt, dass Gold eine Versicherung gegen Vermögensverluste ist, die uns die Zentralbanken dieser Welt eingebrockt haben,
wird sich der Goldwert pro Unze nicht signifikant ändern.
Zu leicht ist das manipulative Spiel der Finanzmafia, den Goldpreis mit Papiergold um/unter 1800 $ zu drücken.
(Gleichwohl wird klammheimlich von den Großbanken Gold gekauft.)

1 Antwort an jost56 anzeigen
von @ woody | 24.12.2022, 08:30 Uhr Antworten

"Die Prognosen für den Goldpreis werden regelmäßig ebenso deutlich verfehlt "
Q.e.d. zu den Glaskugellesereien.

von Woody | 23.12.2022, 15:02 Uhr Antworten

Großartig wäre, wenn Sie die Gelegenheit hätten, auf der Gold.de Seite einmal eine Übersicht geben über die Goldprognosen der großen Banken, der führenden investmentgesellschaften und der großen Hedgefonds-anbieter. Statt einer, vermutlich etwas extremen, Einzelmeinung wäre es toll, einmal ein gutes Gesamtbild der Prognosen für das nächste Jahr zu erhalten - vor allem eben nicht nur von den berufsmäßigen Gold-Optimisten wie z.B. den Herausgebern des "In Gold we trust" - Reports. Frohes Fest!

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