Gold: 2.186,55 € 0,58 %
Silber: 25,45 € -0,51 %
Stand: 22.05.2023 von Hannes Zipfel
Diese Woche hält für Anleger kursrelevante Unwägbarkeiten bereit: den Streit um die Anhebung der US-Schuldenobergrenze, das Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung, den wichtigsten deutschen Konjunkturindikator ifo-Index sowie frische US-Inflationszahlen (PCE).
Schulden-Countdown, ifo-Index und PCE-Daten

Wichtige Termine für Gold, Silber & Co. in der KW 21:

Montag: Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone für Mai (e: -17,0 | April: -17,5)

Dienstag: Einkaufsmanager-Gesamt-Index für Deutschland im Mai (e: 53,5 | April: 52,4), Einkaufsmanager-Gesamt-Index für die USA für Mai (e: 50,0 | April: 53,4), Einkaufsmanager-Gesamt-Index für die Euro-Zone im Mai (e: 53,7 | April: 54,1)

Mittwoch: ifo-Geschäftsklima-Index für Mai (e: 93,0 | April: 93,6), US-Finanzministerin Yellen äußert sich zum Schuldenstreit und zur Kassenlage, Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung (FOMC-Minutes)

Donnerstag: US-Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung für die KW 20 (e: 250k | KW 19: 242k)

Freitag: US-Konsumenten-Preisindex (Kernrate) für die USA im April auf Monatsbasis (e: 0,3 % | März: 0,3 %); Jahresrate (e: 4,6 % | März 4,6 %), Terminmarktdaten der US-Aufsichtsbehörde CFTC für Gold und Silber (COT-Reports; 21:30 Uhr MESZ)

Weitere Daten-Termine, Details zu den Prognosen sowie historische Zeitreihen finden Sie hier.

Noch Geld für eine Woche?

Bislang regierten die Finanzmärkte kaum auf den schwelenden Streit um die erneute Anhebung der US-Schuldenobergrenze, abgesehen von den explodierenden Preisen für Kreditausfallversicherungen für US-Staatsanleihen. Doch diese Gelassenheit kann schnell in extreme Unsicherheit umschlagen, wenn bis Ende dieser Woche zwischen dem Weißen Haus und dem US-Kongress keine Kompromisslösung gefunden wird.

Finanzministerin Janet Yellen rechnet mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits zum 1. Juni.

Gerade einmal 68,3 Mrd. US-Dollar stehen für staatliche Ausgaben aller Art noch zur Verfügung. In der Vorwoche waren es noch mehr als doppelt so viel.

Operating Cash Balance U.S. Treasury(Quelle: US-Finanzministerium)

Bereits seit dem ersten Quartal nimmt das Finanzministerium keine neuen Schulden mehr auf. Daher sinkt vorübergehend das Staatsdefizit, da die Begleichung von Rechnungen aufgeschoben und Sonderhaushalte temporär zweckentfremdet werden. Nach einer Einigung springt das Staatsdefizit dann erfahrungsgemäß mit einem Satz nach oben, weil massenhaft neue Staatsanleihen emittiert werden, um die Gelder wieder zurück in die richtigen Töpfe zu leiten.

Deficit Tracker

Zusätzlich stehen dem Finanzministerium noch Einnahmen aus Steuern und Abgaben für Ausgaben zur Verfügung. Die nächsten größeren Zahlungen werden hier aber erst Mitte Juni erwartet, sodass rein rechnerisch tatsächlich zum Monatsultimo oder wenige Tage später ein Zahlungsausfall der USA droht.

Daher appelliert Finanzministerin Janet Yellen eindringlich an die Verhandlungsführer der Demokraten und der Republikaner:

„Die Chancen, dass die Regierung aufgrund laufender Steuereinnahmen die Zeit bis zum 15. Juni überbrücken kann, sind gering.“

Die Schuldenobergrenze des Bundes von derzeit 31,4 Billionen Dollar ist seit 1960 bereits 78-mal angehoben worden. Nach Angaben der Sprecherin der US-Regierungszentrale, Karine Jean-Pierre, gestalten sich die Verhandlungen jedoch schwierig:

"Wir haben ernsthafte Differenzen“

Fällt das US-Staatsbudget ohne Einigung der beiden Parteien, von denen die Republikaner das Repräsentantenhaus anführen und die Demokraten den Senat, auf null, droht den USA die Zahlungsunfähigkeit.

Auch in der Vergangenheit, zuletzt unter Präsident Donald J. Trump, kam es immer wieder zu Streit über die Anhebung bzw. Aussetzung der Schuldenobergrenze und in letzter Minute dann doch zu einer Einigung.

Die im kommenden Jahr bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, die ideologisch extrem verhärteten Fronten zwischen den Demokraten und den Republikanern sowie innerhalb der Parteien selbst machen einen Kompromiss dieses Mal schwieriger.

Geht Janet Yellen tatsächlich das Geld aus, müssten Millionen Angestellte im öffentlichen Dienst unentgeltlich zwangsbeurlaubt und diverse Transferleistungen des Staates eingestellt werden. Lediglich systemrelevante Infrastrukturen (öffentliche Sicherheit, medizinische Versorgung und Militär) würden aus Not-Töpfen weiterfinanziert.

Für die ohnehin angeschlagene Konjunktur in den USA wären zwei Wochen eines dann folgenden sogenannten „Government Shutdown“ ein enormer Belastungsfaktor. Zumal bei länger anhaltenden Verhandlungen die Steuereinnahmen nur teilweise die laufenden Kosten des Staates decken würden (siehe Grafik „Deficit Tracker“ oben).

Noch reagiert der Goldpreis kaum

Bis auf einen kleinen Kurssprung am Freitag, als die von den Märkten schon als gelöst gewähnten Verhandlungen mangels Kompromissbereitschaft beider Seiten plötzlich unterbrochen wurden, konnte das Krisenschutzmetall bislang nicht von der drohenden technischen Staatspleite der nominell größten Volkswirtschaft der Welt profitieren.

Am Dienstag vergangener Woche unterschritt der Preis für eine Feinunze (31,1g) des gelben Edelmetalls sogar die psychologisch wichtige Marke von 2.000 US-Dollar und am Donnerstag die charttechnisch relevante gleitende 50-Tage-Durchschnittskurslinie (lila):

Goldpreis in US-Dollar unterschreitet die 2.000er Marke

Allerdings kann sich das Bild schnell wieder zugunsten des Goldes aufhellen, wenn die Deadline von Janet Yellen näher rückt oder es tatsächlich zu einem Zahlungsausfall kommen sollte.

Die Oszillatoren (Relative Stärke = RSI u. Stochastik) sind bereits auf ein "überverkauftes" Niveau gesunken.

Bankenkrise und PCE-Daten

Grundsätzlich bleiben die Themen Inflation, Konjunkturabkühlung, Geldpolitik und Bankenkrise für die Entwicklung der Edelmetallpreise weiterhin von hoher Relevanz, traten zuletzt während der Berichtssaison der Aktiengesellschaften aber in den Hintergrund. Das kann sich nun wieder ändern, da sich der Fokus der Anleger erneut verstärkt auf die Konjunkturdaten richtet.

Von besonderer Bedeutung sind dabei die am Freitag um 14:30 Uhr MESZ zur Veröffentlichung anstehenden Daten zu den Verbraucherpreisen in den USA (PCE-Daten), die speziell in der Kernrate, also ohne die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise, von der US-Notenbank als Gradmesser zur Bewertung der Inflationsentwicklung herangezogen werden.

Am vergangenen Freitag hatte Fed-Chef Jerome Powell bereits angekündigt, dass die heraufziehende Kreditklemme weitere Zinsanhebungen überflüssig machen könnte. Kommen die PCE-Daten im Rahmen der Erwartungen herein, kristallisiert sich immer mehr das Erreichen des Zinsgipfels in den USA heraus – das wäre positiv für Gold & Co.

Aber auch die Bankenkrise spielt weiterhin eine wichtige Rolle: Nach wie vor fließen wöchentlich zweistellige Milliardenbeträge aus dem Bankensystem in Geldmarktfonds bzw. direkt in kurzlaufende US-Staatsanleihen ab.

Der Grund dafür ist klar:

Derzeit erhalten Anleger für 1-monatige Schatzanleihen der USA 5,62 % Rendite p. a. Bei einjährigen Staatsanleihen sind es immerhin 5,02 % p. a. Banken zahlen hingegen nach wie vor auf Kontoeinlagen Zinsen mit einer Null vor dem Komma.

Selbst Dividendentitel tun sich in der Breite mittlerweile schwer, gegen diese risikolosen Zinsen in Folge der Zinserhöhungsorgie der US-Notenbank (Fed) anzukommen.

Mit den steigenden Zinsen (rot) verliert das gesamte US-Bankensystem sukzessive Einlagen (blau).

FRED - Deposits and Federal Funds

Diese Entwicklung wird laut Finanzministerin Yellen zu weiteren Zwangsfusionen und Bankenpleiten führen, wie Sie am Freitag aus Washington mitteilen ließ. Sie habe bereits mit den Vorständen großer Banken gesprochen, sich auf zusätzliche Notübernahmen vorzubereiten, da die staatliche Einlagensicherung (FDIC) finanziell mit dem Auffangen der erwarteten Pleitewelle v. a. bei kleinen und mittelgroßen Banken überfordert sei.

Diese Bankenkrise, die ihre Ursache in der jahrelangen Nullzinspolitik und der anschließenden panischen Zinsrallye der Fed hat, kann für den Goldpreis noch zu einem wichtigen Kurstreiber in der Zukunft werden.

Autor: Hannes Zipfel
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von Planungssicherheit | 22.05.2023, 19:41 Uhr Antworten

Die Politiker geben dem Volk derzeit die größtmögliche Planungssicherheit:
Das Kreuz bei den kommenden Wahlen bei einer anderen Partei zu machen. Das ist der Plan und er ist sicher!

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