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Stand: 24.07.2023 von Hannes Zipfel
Die zunehmend schwachen Konjunkturdaten in den USA und der Euro-Zone limitieren die Möglichkeiten der Zentral- und Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks, ihre Leitzinsen weiter anzuheben. Die US-Notenbank wird am Mittwoch sehr wahrscheinlich die letzte Zinsanhebung in diesem Zyklus vornehmen. Für die Preisentwicklung der zinslosen Edelmetalle ist dies grundsätzlich positiv zu werten.
Zins-Top, Ifo-Index & Stimmungs-Indikatoren

Für Gold und Silber kursrelevante Datentermine in der aktuellen Börsenwoche:

  • Montag: Deutscher Einkaufsmanager-Gesamt-Index für Juli in Punkten (akt.: 48,3 | e: 50,3 | Juni: 50,6); Index verarbeitendes Gewerbe (akt.: 38,8 | Juni: 40,6); Dienstleistungs-Index (akt.: 52,0 | Juni: 54,1), US-Einkaufsmanager-Indizes für Juli für die Industrie und den Service-Sektor (15:45 Uhr MESZ)
  • Dienstag: Ifo-Geschäftsklima-Index für Juli (e: 83,0 | Juni: 83,6), US-Verbrauchervertrauen für Juli (e: 111,5 | Juni: 109,7)
  • Mittwoch: Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed um 20:00 Uhr MESZ (e: +0,25 Prozentpunkte | akt.: 5,00 - 5,25 % p. a.); 20:30 Uhr MESZ: Pressekonferenz mit Fed-Chef J. Powell
  • Donnerstag: Zinsentscheidung der EZB um 14:15 Uhr (e: +0,25 Prozentpunkte | akt.: 4,00 % p. a.); 20:30 Uhr MESZ: Pressekonferenz mit EZB-Chefin Ch. Lagarde, GfK-Konsumklima in Deutschland für August (e: -24,7 | Juli: -25,4), Bruttoinlandsprodukt der USA im 2. Quartal 2023 annualisiert (e: 1,7 % | Q1’23 annualisiert: 2,0 %)
  • Freitag: Vorl. Verbraucherpreise (VPI) in Deutschland im Juli ggü. Vorjahresmonat (e: 6,2 % | Juni: 6,4 %).

Weitere Daten-Termine, Details zu den Prognosen sowie historische Zeitreihen finden Sie hier.

Konjunkturknick verteuert Gold und Silber

Die globale Zwischenerholung im ersten Semester 2023, hauptsächlich getragen durch eine Erholung des Dienstleistungssektors und massiven Konjunkturpaketen in den USA, scheint nun von den deutlich höheren Kreditkosten im Zuge der Zinserhöhungen weltweit überlagert zu werden.

Sowohl Staaten, und hier v. a. in Afrika und Lateinamerika, aber auch immer mehr Unternehmen und private Haushalte bekommen den Zinsstress in Anbetracht der globalen Rekordverschuldung von nahezu 300 Prozent des Welt-BIP zu spüren (Quelle: IIF).

Die Tatsache, dass Zinsanhebungen mit starker Zeitverzögerung von 6 - 9 Quartalen wirken, legt den Schluss nahe, dass der Zinsschmerz nun die weitere Konjunkturentwicklung dominiert.

Der Zinszyklus begann im 1. Quartal 2022.

In dem als Frühindikator geltenden globalen Einkaufsmanager-Index (PMI) ist dies bereits sichtbar. Im Juni sank der Composite PMI für die gesamte Welt von 54,40 Punkten im Mai 2023 auf 52,70 Punkte ab.

JP Morgen PMI

Einkaufsmanager-Index

Der Einkaufsmanager-Index (EMI oder engl.: PMI) ist ein sogenannter Diffusions-Index (Werte über 50 signalisieren Expansion; Werte unter 50 signalisieren Kontraktion). Der EMI misst die Lage in der Industrie und im Dienstleistungssektor.

An den Finanzmärkten gilt diese Befragung von Einkaufsleitern und Firmenchefs als einer der einflussreichsten Wirtschaftsfrühindikatoren, weil die erhobenen Daten die Wirtschaftsentwicklung eines Unternehmens zu einem frühen Zeitpunkt aus mehreren Winkeln abbilden: Der Index enthält Informationen zur Geschäfts-, Beschäftigungs-, Auftrags-, Lagerbestands- und Preisentwicklung.

In Anbetracht der für Juli bereits veröffentlichten PMI-Daten, z. B. für Deutschland (siehe Datentermine oben), dürfte dieser Konjunkturknick sich mit zunehmender Dynamik zu einem nachhaltigen Trend entwickeln.

Daher ist davon auszugehen, dass in den Regionen, in denen gleichzeitig die Inflationsdynamik deutlich abnimmt und der Leitzins sich bereits über der Teuerungsrate befindet, der Zinsanhebungszyklus in dieser Woche sein Ende findet. Dies gilt mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für die USA, wo die Frühindikatoren im Juli zum 15. Mal in Folge gegenüber dem Vormonat rückläufig waren (zuletzt -0,7 % im Juni ggü. Mai):

Ökonomischer Frühindikation der USA

Aufgrund der schwachen US-Konjunkturdaten der letzten Woche (Einzelhandelsumsätze, Frühindikatoren etc.) konnten die Preise für Gold und Silber bereits einen ersten Aufwärtsschub erleben und wichtige Widerstände überwinden.

Die Gründe dafür waren die Erwartung eines Zins-Zenits in den USA, ein schwächerer US-Dollar und sinkende Kapitalmarktzinsen.

Der Goldpreis notiert aktuell am Spotmarkt bei 1.967 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm):

Goldpreis in US Dollar

Damit kann das gelbe Edelmetall einen kurzfristigen Aufwärtstrend etablieren und notiert sowohl über der horizontalen Widerstandslinie bei 1.900 US$/Unze als auch über den 50- und 200-Tage-Durchschnittslinien (SMA 50, SMA 200).

Der Silberpreis konnte sich zuletzt ebenfalls weiter erholen und notiert zum Wochenauftakt bei 24,66 US-Dollar pro Feinunze:

Silberpreis in US Dollar

Das weißglänzende Edelmetall konnte somit aus dem seit Februar 2021 anhaltenden Konsolidierungstrendkanal nach oben ausbrechen und aktuell auch die beiden gleitenden Durchschnittslinien hinter sich lassen (SMA 50, SMA 200).

Gleichwohl mahnt die Struktur an den US-Terminmärkten zumindest kurzfristig zur Vorsicht. Zuletzt ist das Exposure der großen Spekulanten (Large Speculators) auf weiter steigende Kurse deutlich angestiegen, was dazu geführt hat, dass der COT Index (rote Linie ganz unten) mit 0 Punkten ein Verkaufssignal generiert hat:

COT Repor

Mittelfristig dürften die gigantischen Subventionsprogramme für den Aufbau von Photovoltaik-Kapazitäten in den USA und China die physische Knappheit und somit auch den Preisauftrieb bei Silber verstärken.

Das Edelmetall verfügt über die höchste elektrische Leitfähigkeit und ist daher unverzichtbarer Bestandteil von Solaranlagen, Elektro-Autos, Smart-Phones, etc.

Aber auch Silber ist stark zinssensibel, weshalb auch die Silber-Anleger in dieser Woche genau auf die Entscheidung sowie die Begründung der US-Notenbank am Mittwoch schauen werden.

Findet der "Zinsschock" in dieser Woche sein Ende?

Zum 16. Mal seit März 2022 wird die US-Fed ihren Leitzins (Federal Funds Rate) anheben – um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 5,25 auf 5,5 Prozent. Das entspricht dem Zinshoch vor der Weltfinanzkrise 2008. Heute ist die Gesamtverschuldung gleichwohl doppelt so hoch und die Immobilienblase noch größer.

Gleichzeitig hat sich die Inflationsdynamik im Zuge der konjunkturellen Abkühlung und wegen Basiseffekten zurückgebildet. Vor allem die Nachfrageschwäche im Einzelhandel, der zu mehr als zwei Dritteln das US-Bruttoinlandsprodukt prägt, war im Juni inflationsbereinigt um 1,51 Prozent rückläufig (nominal +1,49 Prozent).

Leitzins der FED

Aufgrund der ökonomischen Gemengelage in den USA und der Tatsache, dass der amtierende Präsident Joe Biden seinen Wahlkampf voll auf die wirtschaftliche Erholung ausgerichtet hat, sprechen klar für das Erreichen eines Zins-Top an diesem Mittwoch.

Einen Tag später wird auch die zweitgrößte Notenbank der Welt, die Europäische Zentralbank (EZB),über ihren Leitzins entscheiden und diesen wohl ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf dann 4,25 Prozent p. a. anheben.

Zinsvergleich Eurozone USA

Da die EZB ihren Zinszyklus etwas später begonnen hat, könnten in der Euro-Zone noch weitere Zinsschritte folgen, zumal die Inflationsrate mit über 6 Prozent deutlich höher ist als in den USA.

Interessant ist, dass in den Schwellenländern der Trend zu Zinserhöhungen bereits deutlich rückläufig ist, da die Schuldentragfähigkeit dort bereits massiv in Gefahr gerät.

Zinsentwicklung

Für die weitere Preisentwicklung von Gold und Silber sind gleichwohl die Entscheidungen und Begründungen der EZB und der Fed am Mittwoch und Donnerstag entscheidend.

Autor: Hannes Zipfel
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von Indexgehalt | 24.07.2023, 18:46 Uhr Antworten

Mindestlohn und Pflichtversicherungen, auf der bröckelnden Basis einer aufgeblähten Dienstleistungs"vergesellschaftung", deren infrastrukturelle Grundversorgung stellenweise nicht mehr gewährleistet also virtuell ist, werden den absteigenden Ast brechen lassen. Vielleicht wird dann Goldschmuck besser dran sein als Investmentgold, dem das Verbot droht.

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