Das Wichtigste in Kürze
Seit 1.1.2020 gilt Grenze von 1.999,99 EUR für anonymen Goldkauf
Somit dritte Herabsetzung der Obergrenze seit 2017
Begründet wird das mit Geldwäschegesetz
Negative Folgen für Händler wie Kunden gravierend
GOLD.DE dokumentiert hier Gesetzgebungsprozess exklusiv
Obergrenze drastisch reduziert
Viele Anleger schätzen den Erwerb von Gold gegen Barzahlung, auch anonymes Tafelgeschäft genannt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der Kauf von Gold gegen Cash ohne Namensnennung im Ladengeschäft war bis zum 31.12.2019 noch möglich bis zur Maximalgrenze von 9.999,99 Euro. Seit 1. Januar 2020 gelten 1.999,99 Euro als Obergrenze .
Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich kann man noch immer Gold in beliebiger Menge kaufen! Wer mehr kaufen will, bei dem ist der Händler aber verpflichtet, die Identität festzustellen, etwa per Ausweis, Kreditkarte oder Bankverbindung. Mehr:
Gold anonym kaufen - alle Infos
Dennoch sind die Folgen dieser erneuten drastischen Reduzierung der Obergrenze für den Barkauf gravierend. Und zwar für Privatanleger wie Edelmetall- und Münzhändler gleichermaßen.
Geldwäschegesetz Verschärfung: Chronologie
Neue Obergrenze von 1.999,99 Euro tritt in Kraft
Bei größeren Beträgen sind Händler verpflichtet, die Identität des Käufers festzustellen
Bundesrat stimmt zu, Gesetz und 2.000 Euro Grenze kommt
Bundesrat stimmt dem vom Bundestag am 14. November 2019 verabschiedeten Gesetz zu. Damit ist das Gesetz und die 2.000 Euro Grenze so beschlossen. Es wird zum 1.1.2020 in Kraft treten.
Der Bundesrat regt in seinem Beschluss Drucksache 598/19 vom 29.11.2019 unter g) aber erneut an, den Schwellenwert auf 1.000 Euro zu senken und weist auf die angeblich sehr hohe Geldwäscheanfälligkeit des Goldhandels hin, jedenfalls soweit
Goldprodukte in bar bezahlt würden. Quelle: www.bundesrat.de
Bundestag beschließt Gesetz
Dem Gesetzesentwurf zur Absenkung des Schwellenbetrages auf 2.000 Euro wurde mehrheitlich zugestimmt. Das Gesetz soll schon zum 1.1.2020 in Kraft treten. Bundesrat muss noch zustimmen, was allerdings als Formsache gilt. Quellen:
Beschlussempfehlung zu Gesetzentwurf
www.bundestag.de
Bundesregierung folgt nicht Bundesratempfehlung
Die Bundesregierung nimmt die Empfehlung des Bundesrates, nur 1.000 Euro als Obergrenze für anonyme Barzahlung gesetzlich zu verankern, zur Kenntnis, will aber an der 2000 Euro Grenze festhalten: Quellen:
Pressemeldung Bundestag
Regierungsentwurf vom 09.10.2019 . Dort u.a. Seite 148
Bundesrat empfiehlt 1000 Euro Obergrenze
In einer Stellungnahme empfiehlt der Bundesrat, nur 1.000 Euro als Obergrenze gesetzlich zu verankern. Quelle:
www.bundesrat.de / Stellungnahme Dort insbesondere Seite 12
Bundesregierung antwortet auf kleine Anfrage
Kleine Anfrage, eingereicht von mehreren Abgeordneten sowie der FDP-Fraktion. Frage:
“Wie hoch werden nach Kenntnis der Bundesregierung die einmaligen Kosten sein, die im Zusammenhang mit den Sorgfalts- und Meldepflichten für die Edelmetallhändler anfallen?”
Antwort: “Die Bundesregierung geht von einem einmaligen Erfüllungsaufwand….in Höhe von ca. 163.500 Euro aus”
Quelle: www.bundestag.de / kleine Anfrage . Dort insbesondere Seite 5 (=Frage 9)
Lesenswert übrigens ebenda auch die Antwort der Regierung auf Frage 6 (=Seiten 3 und 4): Dort wird für 2008 - 2018 eine Zunahme von Verdachtsmeldungen allgemein konstatiert. Betrachtet man aber die Zahl der Verdachtsmeldungen im Edelmetallbereich im speziellen, so sind die Zahlen rückläufig.
EU verabschiedet "Richtlinie 2018/843"
Reduzierung der Obergrenze von 14.999,99 auf 9.999,99 Euro
Was bedeutet das für Privatanaleger?
Eine deutliche Beschneidung des anonymen Tafelgeschäftes . Bei einer Obergrenze von nur noch 2.000 Euro ist bereits der anonyme Kauf von zwei 1 oz Krügerrand Goldmünzen nicht mehr möglich (Goldpreis Stand Januar 2020).
Trotzdem werden immer noch viele Anleger Gold anonym kaufen wollen. Tipp: Die GOLD.DE Händlerliste mit renommierten Händlern! Alle dort aufgeführten Edelmetallhändler tragen das Siegel GOLD.DE-zertifiziert : Zur GOLD.DE Händlerliste
Erheblicher Mehraufwand. Für viele kleinere Händler möglicherweise existenzbedrohend. Denn Händler werden deutlich stärker in die Pflicht genommen bei der Umsetzung des Know-Your-Customer-Prinzips (= KYC, kenne deinen Kunden). Im Zuge des zu leistenden Risikomanagements gelten jetzt allgemeine Sorgfaltspflichten schon ab einer deutlich geringeren Bargeldgrenze, und auch in stärkerem Maße als bisher.
Denn beim Überschreiten der Bargeld-Obergrenze ist es mit einer Ausweisprüfung allein nicht getan. So besteht etwa die Pflicht abzuklären, ob es Hinweise gibt auf einen kriminellen Hintergrund, wer "wirtschaftlich Berechtigter" ist, die Anwendung interner Sicherheitsmaßnahmen oder die verstärkte Überwachung der Geschäftsbeziehung bei Personen oder Unternehmen aus “Hochrisikoländern” sowie bei “politisch exponierten Personen”.
Bei Verdacht müssen Meldungen an die Behörden gemacht werden. Bei fahrlässigem Verstoß gegen diese Pflichten gelten erweiterte Bußgeldvorschriften. Die Befugnisse der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FUI) wurden gestärkt, das Transparenzregister ist nun für die Öffentlichkeit zugänglich.
Da wird sich mancher Edelmetallhändler überlegen, ob er das anonyme Tafelgeschäft überhaupt noch anbieten will. Ganz abgesehen davon, dass sich mancher hier zum Erfüllungsgehilfen der Ermittlungsbehörden degradiert sehen mag.
Wir werden ab 1. Januar 2020 kein anonymes Tafelgeschäft mehr anbieten
Hartmut Aschhoff, Aschhoff Edelmetalle Frankfurt.
Unterm Strich dürfte diese erneute Verschärfung des Geldwäsche-Gesetzes eine Zunahme des online Handels bedeuten.
Diskussion und Hintergründe
Terroranschläge, Geldwäsche, Panama-Papers, Vormarsch der Kryptos: Um nicht machtlos im Kampf gegen alte und neue Kriminalitäts-Szenarien zu sein, ist man auf EU-Ebene schon lange aktiv. Resultat ist ein ganzer Richtlinienkatalog, salopp auch bekannt als Geldwäschegesetz (GWG) oder Geldwäsche-Richtlinie . Die aktuellste Fassung trat im Sommer 2018 in Kraft als Richtlinie (EU) 2018/843. Hierin aufgeführt diverse Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus.
Verbunden mit dieser EU-Richtlinie ist die Pflicht an die EU-Mitgliedsstaaten, diese Vorgaben auf nationaler Ebene in Gesetze umzusetzen.
Zwar richtet sich das neue Gesetz mit den erweiterten Sorgfaltspflichten nicht nur an die Edelmetallbranche, sondern grundsätzlich an alle Branchen, die als besonders anfällig gelten für Geldwäsche, wie die Immobilien-, Glücksspiel-, Kunst-, Auktions- oder die Krypto-Branche.
Pikantes Detail für Edelmetallhändler ist allerdings die Senkung der Bargeldobergrenze für anonyme Tafelgeschäfte.
Tod auf Raten - oder: Politik mit Tradition
Nach der ersten Herabsetzung der Obergrenze im Juni 2017 von 14.999,99 Euro auf 9.999,99 Euro ist dies nun die zweite drastische Reduzierung der Obergrenze innerhalb kurzer Zeit. Auch in anderen EU-Ländern sind ähnliche Entwicklungen für das anonyme Tafelgeschäft zu beobachten, oder zu erwarten. Und selbst die aktuelle Grenze von 1.999,99 Euro ist manchen noch nicht genug, wie ein Blick auf unsere Chronologie zeigt.
Zum Vergleich: Die Schweiz war schon immer etwas großzügiger, was den anonymen Barkauf von Gold angeht. Dort waren bis 31.12.2019 Beträge bis 25.000 SFR erlaubt. Aber auch hier eine ähnliche Entwicklung: „Zum 1. Januar 2020 ist die neue Grenze von 15.000 CHF in Kraft getreten. Leider geht der Kelch der Bargeldbegrenzung für den Erwerb von Edelmetallen auch nicht an der Schweiz vorüber“ , so Christian Brenner, Managing Director der Philoro Schweiz AG.
Cui bono?
Man kann diese erneute Senkung der Bargeld Obergrenze durchaus in einem größeren Zusammenhang sehen. Es stellt sich also die Frage nach dem Cui bono : Wem nutzt es?
Kritiker bezweifeln ja schon länger, ob es beim Geldwäschegesetz wirklich nur um die Eindämmung von Kriminalität geht, oder ob da nicht mehr Absicht dahinter steckt. Denn bei einem Geldsystem ganz ohne Bargeld hätten (Zentral-) Banken endgültig die volle Kontrolle. Ohne Bargeld lässt sich schließlich jede gewünschte Zins- und Geldpolitik viel einfacher durchsetzen.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bestrebungen zur Bargeldabschaffung in einem anderen Licht. Bekanntlich werden seit Jahren in vielen Ländern die gesetzlichen Grenzen für Bargeldzahlung immer enger gezogen. Nur drei aktuelle Beispiele für allgemeine Bargeldobergrenzen aus anderen europäischen Ländern:
Frankreich: 1.000.- Euro
Spanien: 2.500.- Euro
Italien: 2.999.- Euro
Bargeld Grenzen, die wohlgemerkt allgemein gelten, und nicht nur für den Kauf von Edelmetallen. In Deutschland gibt es derzeit noch keine allgemeine Bargeldbeschränkung.
Fazit
Rückmeldungen aus Händlerkreisen wie auch von Privatanlegern, welche die GOLD.DE Redaktion erreichen, sind kritisch. Der Ball liegt also bei den Fachverbänden aus der Edelmetall- und Münzbranche, sich weiterhin in die Diskussion einzubringen.