GOLD | 2.771,73 $/oz | 2.640,44 €/oz | 84,89 €/g | 84.892 €/kg |
SILBER | 30,64 $/oz | 29,17 €/oz | 0,94 €/g | 937,84 €/kg |
Seitdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Gouverneur der Zentralbank (TCMB) und ehemaligen Finanzminister Naci Ağbal nach nur 19 Wochen im Amt feuerte, ist die Lira-Krise wieder voll ausgebrochen. Ağbal hatte in seiner kurzen Amtszeit versucht, die zuletzt auf 15,6 Prozent angestiegene Jahresinflation durch massive Zinserhöhungen um 8,75 Prozentpunkte auf einen Leitzins von 19 Prozent einzubremsen, entgegen den Willen von Erdoğan.
Der türkischen Lira (TRY) boten die deutlichen Zinserhöhungen nur sehr kurzfristig Unterstützung. Seit dem Rausschmiss des Zentralbankchefs hat die türkische Währung gegenüber dem US-Dollar 13,2 Prozent an Wert verloren.
Neuer Präsident der türkischen Zentralbank ist der langjährige politische Weggefährte und Kolumnist der islamistischen Zeitung "Yeni Safak" Şahap Kavcıoğlu. Seine Ernennung hat aufgrund des Zweifels an seiner Unabhängigkeit und Erfahrung zu zusätzlicher Verunsicherung an den Devisenmärkten geführt.Wenig hilfreich war diesbezüglich eine Kolumne von Kavcıoğlu, in der er die Lira als überbewertet bezeichnete. Der neue Gouverneur ist bereits der vierte Notenbankchef der TCMB seit der Wiederwahl Erdoğans bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016. Normalerweise dauert die Amtszeit an der Spitze der türkischen Zentralbank vier Jahre.
Alle bisherigen Versuche der TCMB, die türkische Lira nach dem Wechsel an der Spitze der Zentralbank zu stützen, sind bislang gescheitert. Dabei hat die Bank einen großen Teil ihrer noch verbliebenen Netto-Devisenreserven aufgebraucht und musste zuletzt zur Beschaffung von US-Dollar Gold und andere Vermögenswerte am Weltmarkt verkaufen.
Zuvor hatte die Türkei ihre Goldbestände (siehe auch Goldreserven) innerhalb von nur vier Jahren mehr als versechsfacht. Die letzten verfügbaren Daten der TCMB vom 19. März, also dem Tag der Entlassung von Naci Ağbal, zeigen einen Rückgang der Zentralbankbestände in Höhe von 12 Tonnen seit Jahresbeginn. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Goldbestände weiter entwickeln.
Nach Bekanntwerden des Führungswechsels an der Spitze der TCMB verlor die Lira am Montag, den 22. März in nur einer Stunde nach Marktöffnung fast 20 Prozent ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar. Erst durch massive Devisenmarktinterventionen der TCMB konnte der freie Fall der Lira verlangsamt werden.
Die Devisenreserven der Türkei beliefen sich am Dienstag offiziell noch auf 18 Milliarden US-Dollar. Allerdings hat sich die TCMB durch SWAP-Geschäfte gleichzeitig 36 Mrd. US-Dollar kurzfristig bei Banken und anderen Staaten geliehen, sodass die Netto-Devisenreserven der türkischen Zentralbank zur Mitte der Woche unter Abzug der Verbindlichkeiten mit 18 Mrd. US-Dollar im negativen Bereich lagen.
Mit ca. 700 Tonnen Gold verfügt die Türkei über die aktuell neuntgrößten Goldreserven der Welt, nach Japan, der Schweiz und China und noch vor Indien, den Niederlanden und Taiwan (Quelle: Statista).
Gemäß vorläufigen Daten des U.S. Geological Survey (USGS) lag die weltweite Produktion im Pandemie-Jahr 2020 bei rund 3.200 Tonnen Gold und damit ca. 3 Prozent weniger als 2019. Gemessen daran machen die türkischen Goldreserven rund ein Fünftel aus.
Die identifizierbaren überirdischen Gesamtgoldbestände beliefen sich Ende 2020 auf ca. 201.296,1 Tonnen und damit 287-mal so viel, wie in den Tresoren der TCMB in Ankara momentan lagern.
Ein signifikanter Teil der überirdischen Goldreserven befindet sich auch in den privaten Tresoren der Türken. Ob diese allerdings tatsächlich der Aufforderung ihres Präsidenten folgen und in Anbetracht der hohen jährlichen Inflation im Land und der Schwindsucht der türkischen Lira ihr Gold veräußern, bleibt fraglich. In der Vergangenheit war dies jedenfalls nicht der Fall.
Die Türkei bleibt ein Epizentrum der globalen Schuldenkrise und ist bereits im Stadium der ausgeprägten Währungskrise angelangt. Diese Entwicklung steht anderen Regionen der Welt noch bevor. Ein Grund mehr Gold als Versicherung gegen zukünftige Turbulenzen im Fiat-Währungssystem zu halten.
Dennoch kann eine Ausweitung der Währungskrise vor allem industrielle Schwellenländer wie die Türkei zu Goldverkäufen auf staatlicher Ebene zwingen. Auch das krisengeschüttelte Venezuela hat zuletzt im Februar dieses Jahres 19 Tonnen Gold verkaufen müssen, um dringend benötigte Devisen zu beschaffen. Die offiziellen Goldreserven des südamerikanischen Landes sind damit auf ein 50-Jahre-Tief gefallen.
Stellt man jedoch die Größe anderer Vermögensmärkte dem globalen Goldmarkt mit einer Kapitalisierung von 11,2 Billionen US-Dollar gegenüber, wird klar, dass bereits geringe Umschichtungen aus dem Anleihemarkt (weltweit ca. 128 Billionen US-Dollar) oder dem Aktienmarkt (weltweit ca. 83 Billionen US-Dollar) Verkäufe von Zentralbanken im Krisenfall sehr leicht überkompensieren könnten.
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