Gold: 2.157,01 € -1,26 %
Silber: 25,26 € -1,06 %
Stand: 14.03.2022 von Hannes Zipfel
Nach wie vor dominiert der Krieg in der Ukraine das Börsengeschehen. In dem Spannungsfeld zwischen möglichen Fortschritten auf der Verhandlungsebene und einer militärischen Eskalation, einhergehend mit noch schärferen Sanktionen, bleiben die Kursschwankungen hoch. Das gilt auch für die Edelmetalle und hier besonders für Palladium. Außerdem stehen Stimmungsindikatoren und die Zinsentscheidung der Fed in dieser Woche auf der Agenda.
Krieg, ZEW, FED und Hexensabbat

Die wichtigsten Daten-Termine für die Edelmetall- und Wertpapiermärkte in der KW 11:

  • Montag: Großhandelspreisindex Deutschland Februar (akt.: 16,6 % | Jan.: 16,2 %)

  • Dienstag: ZEW-Konjunkturerwartungen Deutschland März (e: 10,0 | Feb.: 54,3)

  • Mittwoch: Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed (e: +25 Basispunkte auf 0,25 - 0,50 %)

  • Donnerstag: Automobilzulassungen Deutschland im Februar

  • Freitag: Großer Verfallstag von Futures und Optionen auf diverse Indizes und Aktien (Hexensabbat)

(Details und ergänzende Termine finden Sie in der Tabelle ganz unten)

Erste Folgen des Krieges für die deutsche Wirtschaft spürbar

Noch ist nicht absehbar, wie stark und wie nachhaltig sich die Folgen der Ukraine-Krise durch unterbrochene Lieferketten und explodierende Rohstoffpreise auf die Teuerung und die Konjunktur auswirken.

Fakt ist aber, dass der Inflationsdruck bereits vor dem Ausbruch des Krieges enorm hoch war.

Dies bestätigten erneut die am Montagmorgen veröffentlichten Daten zu den deutschen Großhandelspreisen: Zwischen Januar und Februar wurde ein Anstieg von 16,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gemessen. Damit liegen die Preissteigerungen auf dem Niveau vom November letzten Jahres und somit erneut auf dem höchsten Stand seit Beginn der Datenberechnungen seit dem Jahr 1962.

Der Erfassungszeitraum für die aktuelle Statistik endete jedoch bereits am 5. Februar – also fast drei Wochen vor der Invasion Russlands in die Ukraine. Es ist für die kommenden Monate daher mit einem noch stärkeren Preisauftrieb auf neue Rekordstände seit dem Zweiten Weltkrieg zu rechnen.

Zumal mit jedem Kriegstag der Druck auf die Bundesregierung steigt, sämtliche Importe von Rohstoffen, inklusive Gas und Rohöl, aus Russland zu stoppen. Damit würde man sogar die Embargodrohung Russlands, den Gashahn der Pipeline „Nord Stream 1“ zuzudrehen, noch überbieten.

Schon jetzt ist eine Stagflation (Inflation plus Stagnation) in Deutschland nicht mehr zu verhindern. Eine weitere Eskalation der gegenseitigen Sanktionen, bis hin zum kompletten Öl- und Gas-Boykott, würde Deutschland und ganz Europa in eine tiefe Rezession stürzen. Noch zögert die Bundesregierung, diesen Schritt zu gehen, den die USA bereits umgesetzt haben. Zu groß ist die Angst vor dem Kippen der Stimmung im Wahlvolk, denn die Geschichte lehrt:

„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ (Bertholt Brecht)

Schon jetzt leiden Transferleistungsempfänger und Geringverdiener unter den gestiegenen Lebenshaltungskosten. Aber auch Haushalte mit mittlerem Einkommen müssen sich in Anbetracht der Preisexplosion bei Rohstoffen, Materialien, Gütern und Dienstleistungen in ihrem gewohnten Konsumverhalten einschränken.

Der Verzicht auf den zweiten Urlaub im Jahr oder das Wochenende in Kitzbühel ist dabei im Angesicht des Leidens der Menschen in der Ukraine nicht das Problem. Wenn aber die Anfahrt zum Arbeitsplatz wegen rekordhoher Treibstoffpreise unbezahlbar wird, stellen sich plötzlich existenzielle Fragen.

Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) warnt bereits vor einem Kollaps der Versorgungsketten.

Gut 70 Prozent aller Waren werden in Deutschland via LKW transportiert.

Der Verband rechnet ohne massive staatliche Hilfen für die nächsten Monate mit einer Pleitewelle und Massenentlassungen in der Branche, da der extrem hohe Dieselpreis das Geschäft für viele Transportunternehmen unrentabel macht. Außerdem haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Firmen aus Umweltschutzgründen auf die Treibstoffalternative LNG (Flüssiggas) umgestellt, das aktuell noch teurer ist als Diesel.

Zusätzlich zu den kriegsbedingten Folgen für die Transportbranche kommt es ab heute zur Bestreikung von zunächst acht Flughäfen in Deutschland durch die Gewerkschaft Verdi. Im Laufe der Woche soll der Arbeitskampf des Sicherheitspersonals für höhere Löhne zum Ausgleich für die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten auch auf das Flugverkehrs-Drehkreuz Frankfurt am Main ausgeweitet werden.

Schnelles Ende des Krieges unwahrscheinlich

Die Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende sind wohl zu optimistisch. Im Moment klaffen zwischen den Aussagen der russischen Verhandlungsseite und dem Kriegsgeschehen große Lücken.

Wahrscheinlich will und kann Wladimir Putin einer Friedenslösung erst dann zustimmen, wenn die schon länger geplante Landverbindung zwischen Russland und der Halbinsel Krim vollständig erobert wurde. Das wiederum setzt die komplette Einnahme der Stadt Mariupol mit ehemals über 450.000 Einwohnern voraus.

Die Konzentration zum Teil stark nationalistisch eingestellter und hoch motivierter Truppen der Ukraine ist hier besonders ausgeprägt und der Widerstand entsprechend vehement. Es werden uns aus dem Süd-Osten der Ukraine in den nächsten Tagen und vermutlich sogar Wochen weiterhin sehr verstörende Bilder und Nachrichten erreichen.

Darüber hinaus gibt es konkrete Pläne für die Schaffung eines Versorgungskorridors für die russische Exklave Kaliningrad, die zu großen Teilen durch die Sperrung von Seewegen und des Luftraums für Russland von der Versorgung abgeschnitten ist.

Der ca. 65 Kilometer lange Korridor würde von Belarus aus an der Grenze zwischen Polen und Litauen und damit auf dem Gebiet der NATO verlaufen. Kaliningrad hat durch seinen Zugang zur Ostsee eine große strategische Bedeutung für Russland. Das Risiko anhaltender Kriegshandlungen und einer sich weiterdrehenden Sanktionsspirale ist daher nicht zu unterschätzen.

An den Finanzmärkten ist ein solches Szenario noch nicht eingepreist – hier dominiert die Hoffnung auf eine schnelle Verhandlungslösung und das Ende der Sanktionen.

So fielen die Preise für Palladium, bei dessen Produktion Russland weltweit führend ist, vom Hoch bei 3.420 US-Dollar pro Unze am 7. März auf aktuell 2.534 US-Dollar pro Unze zurück. Auch die Preise für Platin, Gold und Silber haben sich von den zuletzt erreichten Niveaus aus wieder verbilligt.

Realistischerweise muss jedoch davon ausgegangen werden, dass sich die Preisspirale weiter nach oben dreht, die Sanktionen auch nach Kriegsende zum Teil fortbestehen und auch die Störungen der globalen Lieferketten durch die Corona-Pandemie noch einige Zeit anhalten. So wurde heute die chinesische Wirtschaftsmetropole Shenzhen komplett abgeriegelt. Die Folgen dieses Total- Lockdowns werden weltweit zu spüren sein.

In der Stadt sind wichtige Zulieferer wie z. B. Foxconn angesiedelt. Der Flughafen und der Seehafen von Shenzhen sind für den Welthandel von großer Bedeutung. 2020 verfügte Shenzhen mit einem Umschlag von zusammen 26,55 Millionen TEU über die viertgrößten Containerhäfen der Welt (Quelle: Statista).

Der Schutz vor Inflation und damit einhergehend steigende Edelmetallpreise haben sich daher nicht erledigt, sondern werden kurzfristig von unrealistischen Erwartungen vieler Marktteilnehmer überlagert. Inflation wird mittelfristig das dominierende wirtschaftliche und soziale Thema bleiben. Der diesbezügliche Umdenkprozess hat an den Finanzmärkten gerade erst begonnen.

Inflationsdaten, US-Zinsentscheid und Hexensabbat

Auf ökonomischer Ebene dominieren in dieser Woche vor allem Erzeugerpreisdaten sowie die turnusmäßige Offenmarktausschusssitzung (FOMC) der US-Notenbank (Fed) am Mittwoch den Datenkalender.

Die am Montagmorgen veröffentlichten Preisdaten der Erzeuger aus Deutschland zeigten bis Anfang Februar bereits eine Inflationsdynamik auf Rekordniveau (+16,2 %). Am Dienstag folgen die Erzeugerpreisdaten aus den USA für Februar, die mit einem erwarteten Anstieg von 10,0 Prozent auf Jahresbasis ebenfalls ein neues Rekordhoch erreichen könnten.

Einen Tag nach Bekanntgabe dieser Daten treffen sich die US-Notenbanker, um über Maßnahmen zur Inflationseindämmung zu beraten. Die Käufe von Staatsanleihen und Hypothekenanleihen sollen im März vollständig eingestellt werden.

Spannend bleibt die Frage, ob und wie stark die Leitzinsen angehoben werden.

Aktuell liegt die sogenannte Federal Funds Rate in einer Spanne zwischen 0,00 und 0,25 Prozent bei effektiv 0,08 Prozent p. a.

Die überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer geht anhand der Fed-Fund-Futures von einem Zinsschritt um 25 Basispunkte aus. Aufschluss über die konkreten Maßnahmen und darüber, wie viele Zinsschritte noch folgen könnten, wird das FOMC-Statement am Mittwoch um 19:00 Uhr MEZ liefern.

Ab 19:30 Uhr MEZ stellt sich der Fed-Chef Jerome Powell im Rahmen einer live im US-Fernsehen und im Internet übertragenen Pressekonferenz den Fragen der Journalisten zur Zinsentscheidung und dem weiteren geldpolitischen Kurs der amerikanischen Notenbank.

Am Mittwoch werden außerdem die für die US-Wirtschaft wichtigen Umsätze aus dem Einzelhandel veröffentlicht sowie die US-Öllagerbestände bekannt gegeben.

Am letzten Handelstag der Woche verfallen viele Terminkontrakte (Futures und Optionen) auf Indizes und Einzelaktien. Im Umfeld dieses großen Verfallsstages, auch Hexensabbat genannt, kann es zu erheblichen Kursschwankungen kommen.

Hinweis: Wegen der früheren Zeitumstellung erfolgen die Datenveröffentlichungen in den USA in dieser Woche eine Stunde eher als üblich.

Ergänzend und zur Orientierung sind in der folgende Tabelle Daten-Termine für die KW 11 aufgeführt:

Wochentag Zeit (MEZ) Datenart Prognose Vorherig
Montag 08:00 Uhr DE: Erzeugerpreise Februar (Jahr) 16,6 % 16,2 %
Montag 13:30 Uhr EU: Eurogruppe berät über ökonomische Folgen des Ukraine-Krieges 23,8 18,9
Dienstag 11:00 Uhr DE: ZEW-Konjunkturerwartungen Deutschland für März (Index) 10,0 54,3
Dienstag 12:00 Uhr OPEC: Monatsbericht zur Ölproduktion - -
Dienstag 13:30 Uhr USA: Erzeugerpreisindex Februar (Jahr) 10,0 % 9,7 %
Mittwoch 13:30 Uhr USA: Einzelhandelsumsätze Februar (Jahr) - 12,96 %
Mittwoch 15:30 Uhr USA: Rohöllagerbestände in Mio. Barrel - -1,863
Mittwoch 19:00 Uhr USA: Zinsentscheid der US-Notenbank Fed + FOMC-Statement (Text) 0,25-0,5 % 0-0,25 %
Mittwoch 19:30 Uhr USA: PK zum Fed-Zinsentscheid mit Jerome Powell - -
Donnerstag 14:30 Uhr DE: Automobilzulassungen im Februar (Jahr) - 8,5 %
Donnerstag 13:30 Uhr USA: Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (Vorwoche) 220k 227k
Donnerstag 13:30 Uhr USA: Philadelphia Fed – Lage im produzierenden Gewerbe März (Index) 15 16
Donnerstag 15:30 Uhr USA: Speicherung von Erdgas in Mrd. Kubikfuß (KW 10) -117 -124
Freitag 15:00 Uhr USA: Verkäufe bestehender Häuser Februar in Mio. (annualisiert) 6,1 6,5
Datenquelle: Thomson Reuters, Investing.com
Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Georg | 15.03.2022, 22:00 Uhr Antworten

aus welchen "alternativen" oder gar russischen Medien bezieht Herr Zipfel seine Infos über "Pläne für die Schaffung eines Versorgungskorridors für die russische Exklave Kaliningrad". Dieses Gebiet ist über internationale Seewege und den Luftweg über die Ostsee mit dem Mutterland verbunden. Welches Interesse sollte Litauen daran haben, ein "Korridor" zu öffnen? Natürlich keinen

3 Antworten an Georg anzeigen
von Hannes Zipfel | 15.03.2022, 13:15 Uhr Antworten

Ergänzung zum Wochenausblick und zum Thema: "Erste Folgen des Krieges für die deutsche Wirtschaft spürbar".
Jeden Monat wird der ZEW Index vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erhoben. Der Index gilt als wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die heute veröffentlichten Daten für März zeigen einen noch vielstärken Rückgang der Situation auf ein neues Rekordtief:

Der ZEW Index (Konjunkturerwartungen) ist mit -39,3 Punkten dramatisch schwächer ausgefallen als von den Analysten geschätzt (Prognose war +10,0; Vormonat war +54,3). Laut ZEW ist dies der stärkste Rückgang der Erwartungen überhaupt, seitdem man mit dieser Umfrage im Jahr 1991 begonnen hat.

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