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Stand: 02.06.2022 von Hannes Zipfel
Geopolitische Umwälzungen und Unterbrechungen der globalen Lieferketten haben im ersten Quartal sowohl die Nachfrage aber vor allem das Angebot erheblich reduziert. Im weiteren Jahresverlauf soll sich der Bedarf an Platin wieder deutlich erholen. Ein Bereich sticht dabei besonders positiv hervor.
Platin: Angebot und Nachfrage brechen ein

Lockdowns und Sanktionen belasten den Platinmarkt

Die Zeiten des Angebotsdefizits bei Platin, das die Preise des weiß-grauen Edelmetalls stützte, sind bereits seit dem letztem Jahr vorbei. Auch in diesem Jahr wird es wohl statt eines Defizits einen Überschuss von gut 600.000 Unzen am Weltmarkt geben.

Das wäre dennoch ein Rückgang um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Noch im Jahr 2020 existierte am weltweiten Platinmarkt ein Angebotsdefizit in Höhe von 908.000 Unzen (Quellen: SFA Oxford), Metals Focus).

Rückläufig war der Absatz in den ersten drei Monaten des Jahres vor allem in der Industrie, wo das Metall u. a. als Kontaktwerkstoff in elektronischen Bauteilen und als Katalysator zum Einsatz kommt.

Der Preisvorteil gegenüber dem Schwestermetall Palladium und die Bedeutung im Herstellungsprozess von Wasserstoff (Brennstoffzellen) gibt dennoch Anlass zum Optimismus. Ebenso wie der zumindest teilweise Wegfall belastender Sondereffekte wie den Corona-Einschränkungen.

Platinpreis in euro pro Unze

Infobox zu Platin:

Der Name leitet sich vom spanischen „Platina“ ab, was „kleines Silber“ bedeutet. Das Edelmetall kommt sehr selten vor. Es werden pro Jahr nur ca. 170 Tonnen gefördert.

Platin hat im Periodensystem der chemischen Elemente die Ordnungszahl 78 und das Symbol „Pt“. Das silber-graue Metall findet sich in der Gruppe 10 in Periode 6 zwischen Iridium und Gold.

Es wird als „Übergangsmetall“ bezeichnet und gehört neben Iridium, Osmium, Palladium, Rhodium und Ruthenium zu den „Platinmetallen“.

Es ist ein form-, dehn- und schmiedbares Metall, das korrosionsbeständig ist und sich sehr gut als Katalysator für chemische Prozesse eignet. Wegen seiner physikalischen Eigenschaften wird es hauptsächlich zur Herstellung von Fahrzeugkatalysatoren (primär in Dieselfahrzeugen), Schmuck und Kontaktwerkstoffen in der Elektrotechnik verwendet.

Weltweites Platin-Angebot

Der Krieg in der Ukraine und die Produktionseinschränkungen durch die Corona-Maßnahmen haben im ersten Quartal 2022 beim Angebot tiefe Spuren hinterlassen: Die Minenproduktion, die hauptsächlich in Südafrika stattfindet, brach gegenüber dem Vorquartal von 1,7 Mio. Unzen auf 1,28 Mio. Unzen um fast ein Viertel ein.

Das Gesamtangebot inkl. Recycling und Lagerverkäufen der Minen reduzierte sich in den ersten drei Monaten des Jahres gegenüber dem Schlussquartal 2021 um knapp ein Fünftel.

Vor allem Betriebsstörungen, hervorgerufen durch Lockdowns, krankheitsbedingten Arbeitskräftemangel und Stromausfälle in Südafrika waren für den Rückgang der Produktion verantwortlich.

Südafrika ist mit Abstand der größte Platinexporteur und steht für drei Viertel der weltweiten Produktion, gefolgt von Russland mit über 10 Prozent im Jahr 2021.

Platinproduktion 2021 nach Ländern und Regionen

Lediglich für Kanada und die USA (Region Nord-Amerika) werden für das Gesamtjahr 2022 signifikante Produktionssteigerungen erwartet.

Hier soll die Minenproduktion um 22 Prozent von 273.000 Unzen auf 333.000 Unzen zulegen.

Die größten Einbußen für das Gesamtjahr werden für Südafrika mit -9 Prozent und Russland mit -6 Prozent erwartet (Quelle: World Platinum Investment Council).

Globales Platin-Angebot in 2021 und Prognose für 2022

Weltweite Platin-Nachfrage – Automobilindustrie überrascht positiv

Die Gesamtnachfrage litt im ersten Quartal 2022 ebenfalls und sank gegenüber dem Vorquartal um 9,9 Prozent. Durch den im Vergleich zum Angebot geringeren Nachfragerückgang sank der Angebotsüberschuss vom Q4´21 zum Q1´22 von 413.000 Unzen auf nur noch 167.000 Unzen.

Trotz der widrigen Umstände im Welthandel zeigten sich in den ersten drei Monaten des Jahres vor allem die Schmucknachfrage und die Verkäufe von Platinbarren und Platinmünzen sehr robust. Wohingegen sich die Nachfrage aus der chemischen Industrie von 200.000 Unzen auf 111.000 Unzen nahezu halbierte.

Insgesamt benötigte die Industrie weltweit im ersten Quartal 14,6 Prozent weniger Platin.

Erstaunlich ist die Entwicklung in der Automobilindustrie, wo Platin im geringen Umfang bei elektronischen Kontaktstellen aber hauptsächlich als Bestandteil von abgasreinigenden Katalysatoren in Diesel- und vermehrt auch wieder Otto-Motoren (Benzinern) zum Einsatz kommt.

Trotz rückläufiger Fahrzeugverkäufe stieg die Nachfrage nach Palladium im Bereich „Automotive“ im Vergleich zum Schlussquartal 2021 von Januar bis März 2022 von 680.000 auf 725.000 Unzen bzw. 6,6 Prozent an. Hier macht sich die bereits seit einigen Jahren zunehmende Substitution von Palladium durch Platin als Katalysatormetall aus Kostengründen bemerkbar.

Aktuell ist das Schwestermetall Palladium mehr als doppelt so teuer wie Platin.

Die große Bedeutung Russlands für die weltweiten Lieferungen von Palladium könnten die Substitution von Palladium zugunsten von Platin ebenfalls weiter forcieren und die Erholung der Nachfrage nach Platin unterstützen.

Schon jetzt ist die verarbeitende Industrie auf der Suche nach neuen Ressourcenquellen. Südafrika und damit Platin erscheinen trotz der dort zunehmenden politischen und sozialen Unwägbarkeiten im Augenblick als zuverlässigere Bezugsquelle als Palladium aus Russland.

Platinnachfrage nach Sektoren in 2021 und Prognose für 2022

Investmentnachfrage stark ambivalent

Wie bei Gold und Silber ist auch bei Platin eine ambivalente Entwicklung zwischen der Nachfrage nach Barren und Münzen gegenüber der nach Terminkontrakten (Optionen und Futures) sowie ETF-Anteilen (Exchange Traded Funds) zu beobachten.

An der bedeutendsten Terminbörse für Platin, der Comex in New York, haben die Spekulanten ihre Wetten auf steigende Preise nahezu vollständig abgebaut.

Auch die Bestände der weltweiten Platin-ETFs nahmen in Summe deutlich ab.

Während im ersten Quartal 2022 netto 60.000 Unzen in Form von Münzen und Barren von Anlegern akkumuliert wurden, kam es bei Platin-ETFs zu Netto-Abflüssen von 169.000 Unzen.

Erfahrungsgemäß führt das antizyklische Verhalten der Anleger in Barren und Münzen zu deutlich positiveren Anlageerfolgen als das zyklische Vorgehen der Terminmarktspekulanten und der kurzfristig orientierten ETF-Anleger.

Fazit

Trotz des massiven Gegenwinds für die Nachfrage nach Platin im ersten Quartal 2022 aufgrund gestörter Lieferketten und der sich eintrübenden Konjunktur konnte sich der Absatz relativ gut halten. Vor allem wegen der positiv zu wertenden Steigerungen im Automobilbereich.

Das Gleiche gilt für die Zuwächse bei den Netto-Käufen der Anleger in Münzen und Barren.

Als knappes Edelmetall und nützliches Industriemetall bleibt Platin ein spannendes Rohstoffinvestment, dessen Kurspotenzial sich vor allem aus dem großen Preisunterschied im Vergleich zum Palladium speist.

Der Substitutionseffekt schreitet hier stetig voran, ohne dass die Produktionskapazitäten in Südafrika flexibel genug darauf reagieren könnten. Platin fällt oft nur als Beiprodukt an und der quasi Monopolist Südafrika ist als Produktionsstandort nur bedingt zuverlässig, was vor allem auf die für die Minen wichtige Stromversorgung zutrifft.

Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Coin pas perdue | 03.06.2022, 01:32 Uhr Antworten

Vor einer Weile konnte man noch mit Endloszertifikaten auf Platin von BNP ein bisschen dazu verdienen. Leider wurden diese einfach aus dem Markt genommen, so dass man froh sein kann die Verbliebenen zu den aktuellen Preisen loszuwerden, da Nachkäufe, zumindest bei diesem Händler, nicht mehr möglich sind. Es folgt der Weg weg vom Papier hin zur Physik bzw. hier schön dargestellt "Chemie". Allerdings dann mit Gold, das sowohl als Papier wie auch in echt steuerbefreit ist.

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