GOLD | 2.337,94 $/oz | 2.186,55 €/oz | 70,30 €/g | 70.299 €/kg |
SILBER | 27,18 $/oz | 25,45 €/oz | 0,82 €/g | 818,24 €/kg |
Gemäß einem internen Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) an die obersten Finanzbehörden der Länder vom 27. September soll die Umsatzsteuer für Anlage-Silbermünzen aus Nicht-EU-Staaten deutlich ansteigen.
Bis Ultimo 2013 wurde auf Silbermünzen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent erhoben. Ab 1. Januar 2014 galt dann der reguläre Satz von 19 Prozent. Gleichzeitig wurde eine Sonderregelung für Silbermünzen eingeführt, die aus Nicht-EU-Ländern importiert wurden, z. B. aus Kanada, Australien oder den USA. Hier kam die sogenannte Differenzbesteuerung zur Anwendung.
Dadurch blieb die Umsatzsteuer für diese Silbermünzen bei ca. 7 Prozent. Das Gleiche galt für importierte Münz-Barren aus Silber. Auf normale Silberbarren ohne Münzprägung wird hingegen die volle Regelbesteuerung in Höhe von 19 Prozent fällig.
Gemäß dem Schreiben des BMF soll die Sonderregelung für importierte Silbermünzen und Münzbarren aus Nicht-EU-Staaten mit sofortiger Wirkung keine Anwendung mehr finden und der Regelsteuersatz erhoben werden, also 19 statt 7 Prozent.
Nach Recherchen der Redaktion ist bis dato dieses Schreiben aber weder auf den Seiten des BMF auffindbar, noch gibt es entsprechende Einträge im Bundessteuerblatt oder auf der Publikationsplattform des Bundesanzeigers.
Auch wurde bisher anscheinend keinem Edelmetall-Einzelhändler dieses Schreiben mit Anschrift zugestellt, weder den stationären noch den Online-Händlern. Das Schreiben existiert bisher nur als nicht verifizierbares PDF-Dokument, das im Internet kursiert.
Es wird weiter berichtet, dass von Händlern konsultierte Wirtschaftsprüfer davon ausgehen, dass die Neuregelung noch nicht rechtswirksam ist. Zumal für gewöhnlich Übergangsfristen gewährt werden.
Da es in dem Schreiben des BMF, das der Redaktion vorliegt, heißt:
„Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.“
(also unverzüglich) kam es ab vergangenem Freitag vor dem feiertagsbedingt verlängerten Wochenende zu großer Verwirrung, die dazu führte, dass einige Edelmetallhändler die proklamierte Neuregelung umsetzten, andere Händler jedoch nicht und wiederum andere die betroffenen Silbermünzen und Barren komplett aus dem Sortiment nahmen.
In der Folge sind die Aufgelder für Silbermünzen auf aktuell 44,67 Prozent und für Silberbarren auf 31,44 Prozent stark angestiegen. Bis zum Freitag, den 30. September, lagen die Aufgelder noch bei 30 bzw. 24 Prozent.
Da Silberbarren von der möglichen Neuregelung nicht betroffen wären, bilden sich hier die Aufgelder bereits wieder zurück.
Solange weder die Authentizität des BMF-Schreibens bestätigt wurde, noch der genaue Termin für das in Krafttreten der Neuregelung bekannt ist, wird die Verunsicherung wohl anhalten. Genau um ein solches Chaos zu vermeiden, gibt es normalerweise Übergangsfristen und vorherige öffentliche Bekanntmachungen.
Die Differenzbesteuerung ist eine Sonderform der Umsatzsteuer gemäß § 25a Abs. 3 UStG.
Die Umsatzsteuer ist als Verbrauchssteuer für den Konsumenten zu verstehen, die von allen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen für ihre Leistungen und Produkte erhoben und an den Staat abzuführen sind.
Die Höhe der anzuwendenden Steuersätze sowie welcher Steuersatz auf welches Produkt aufgeschlagen werden muss, wird im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt.
Im UStG gibt es zahlreiche Sonderformen, die sich aus dem Geschäftsalltag ergeben oder diesen vereinfachen sollen. Dazu gehören etwa die Reverse-Charge Regelung unter Firmen, bei der die Umsatzsteuer dann zwar gerechnet, aber nicht bezahlt wird, oder eben auch die Differenzbesteuerung.
Grundgedanke der Differenzbesteuerung ist es, eine steuergerechte Lösung für Waren in Sekundärmärkten zu bieten. Dabei wird die Mehrwertsteuer nicht auf den Gesamtpreis, sondern nur auf die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis (Händler-Marge) erhoben.
Bei Edelmetall-Händlern ist dies die Gewinnspanne zwischen dem Ankaufspreis bei Großhändlern und dem Verkaufspreis an die Endkunden.
Bei der Differenzbesteuerung ist ein weiterer Grundgedanke, dass bestimmte gebrauchte Waren, wie z. B. Autos, Kunstgegenstände, Schmuck oder numismatische Münzen, für die bereits zuvor von einem Konsumenten die Umsatzsteuer entrichtet wurde, bei einem neuerlichen Verkauf durch einen Händler nicht mehr mit der Mehrwertsteuer auf den Gesamtbetrag, sondern nur auf die Händlerspanne bezahlt werden muss. Das rechtlich Relevante dabei ist, dass die Mehrwertsteuer bereits einmal abgeführt wurde.
Genau dies trifft aber bei Anlagemünzen, die durch Großhändler von den Münzprägeanstalten erworben und an Einzelhändler und deren Kunden weiterverkauft werden, nicht zu.
Daher wird in dem Schreiben des BMF gefordert, die Differenzbesteuerung nur noch auf Münzen anzuwenden, die die folgenden zwei Kriterien erfüllen:
In dem Schreiben des BMF heißt es daher:
"Eine ermäßigte Besteuerung (Differenzbesteuerung, Anm. d. Red.) von Münzen, die keine Sammlungsstücke sind, sieht das Umsatzsteuergesetz nicht vor."
Diese Einschätzung entspricht dem eigentlichen Grundgedanken der Differenzbesteuerung, die eine doppelte Umsatzsteuerentrichtung verhindern soll. Damit wäre die Forderung nach einer Änderung der jetzigen Handhabung durchaus plausibel.
Die Attraktivität von Silbermünzen würde in Relation zu Silberbarren abnehmen, da beide mit dem gleichen Umsatzsteuersatz belegt wären, aber Münzen deutlich aufwendiger in der Produktion sind.
Allerdings bleiben die Vorteile der Münzen erhalten: ihre besonderen Sicherheitsmerkmale, die vor Fälschungen schützen und die höhere Fungibilität im Vergleich zu großen Gewichtseinheiten.
Gleichwohl sind in Reaktion auf die drastisch angestiegenen Aufgelder hierzulande auch bei den Händlern in der Alpenrepublik die Preise bereits deutlich angestiegen.
Für Anleger, die schon im Besitz von Silbermünzen sind, die sie entweder noch zum ermäßigten Umsatzsteuersatz vor 2014 oder danach differenzbesteuert erworben haben, würde sich beim Verkauf an private Käufer nach dem Wegfall der Differenzbesteuerung ein Zufallsgewinn ergeben.
Gewerbliche Edelmetallhändler erstatten die Umsatzsteuer beim Ankauf hingegen nicht zurück. Hier würde sich der sogenannte Spread zwischen An- und Verkauf bei Silbermünzen um 12 Prozent erhöhen.
Für Silber-Münzbarren aus Drittstaaten würde die Existenzgrundlage für neue Produkte in Deutschland komplett entfallen, da sie keinen Preisvorteil mehr gegenüber normalen Barren hätten.
Die im Raum stehende steuerliche Veränderung könnte zunächst für eine steigende Nachfrage bei Silbermünzen sorgen. Ob sich die Nachfrage nachhaltig ändern würde, bleibt abzuwarten. Längerfristig werden Anleger weiterhin in Silber investieren, sofern sie von dem Edelmetall und dessen Preispotenzial überzeugt sind.
Silberkäufe, die direkt in Zollfreilager z. B. in Kanada oder der Schweiz gehen, bieten die Möglichkeit, das Edelmetall gänzlich ohne Umsatzsteuer zu erwerben und so mehr Metall für das gleiche Geld zu erhalten. Allerdings müsste bei der Entnahme des Silbers aus dem Zollfreilager die landesübliche Umsatzsteuer und bei der Einführung nach Deutschland die Differenz zum deutschen Regelsatz entrichtet werden.
Aufgrund der Volatilität des Silberpreises ist es zudem möglich, den steuerlich bedingt höheren Einkaufspreis in einem günstigen Marktumfeld relativ schnell zu kompensieren. Allein am Montag dieser Woche stieg der Silber-Spot-Preis in Euro um 8 Prozent an, was exakt der Differenz zwischen der ermäßigten und der regulären Umsatzsteuer entsprechen würde (aber andere Gründe hatte).
Zunächst einmal bleibt aber abzuwarten, ob es tatsächlich zu einer rechtlich bindenden Regeländerung bezüglich der Differenzbesteuerung bei Silbermünzen und Silbermünzbarren aus Nicht-EU-Staaten kommt.
einerseits könnte man meinen, das viele jetzt den vorauseilenden Gehorsam zeigen. Andererseits hat es tatsächlich schon viele Regelungen und Gesetze gegeben, die zeitlich zurück anzuwenden waren, was eigentlich gar nicht geht. Wie dem auch sei, souveränes Agieren beim Regieren stelle ich mir anders vor. Leider trifft das auf immer mehr Bereiche zu.
Schon interessant, dass es lediglich ein "nicht verifizierbares PDF-Dokument, das im Internet kursiert" braucht, um solche Turbulenzen zu verursachen. Sollte sich da jemand einen Spaß erlaubt haben, lacht der sich gerade so richtig ins Fäustchen.
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