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Stand: 20.07.2022 von Hannes Zipfel
Mitten in den Kriegswirren versilbert die Ukrainische Zentralbank einen großen Teil ihrer Goldreserven. Auch die Bank of England verkauft Gold – mit unklaren Motiven. Dabei gäbe es sinnvollere Alternativen.
Ukraine verkauft Gold - England ebenfalls

Goldreserven der Ukraine schmelzen auf 6 % der Gesamtdevisenreserven

Die ukrainische Zentralbank (National Bank of Ukraine/NBU) hat seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar Goldreserven im Wert von 12,4 Milliarden US-Dollar verkauft, teilte die stellvertretende Leiterin der Zentralbank, Kateryna Rozhkova, am 17. Juli in Kiew mit. Rozhkova ist seit Juni 2018 „First Deputy Governor of the NBU“.

Zu den Gründen sagte sie im ukrainischen Fernsehen:

„Wir verkaufen dieses Gold, damit unsere Importeure notwendige Waren für das Land kaufen können. Das Gold wird nicht verkauft, um die ukrainische Währung Griwna zu stützen.“

Allerdings erscheint diese Begründung nicht ganz plausibel, da die Goldreserven der NBU nur 6 Prozent ihrer gesamten Devisenreserven in Form von Euro, US-Dollar, Japanischen Yen etc. ausmachen (Quelle: Gold.org).

Es könnten also auch politische Gründe gäben, warum sich die Ukrainer ausgerechnet für den Verkauf von Gold entschieden haben, und nicht für die Nutzung anderer Devisenreserven für die genannten Zwecke.

Gemäß dem letzten Bericht des World Gold Council von Anfang Juli 2022 hielt die NBU Ende Mai noch Goldreserven in Höhe von 27,1 Tonnen im Gegenwert von 1,45 Mrd. Euro. Insgesamt halten die Zentral- und Notenbanken weltweit 35.437 Tonnen Gold im Gegenwert von aktuell 1,9 Billionen Euro bei einem Preis von 1.676 Euro pro Unze.

Anteil Goldreserven an den Gesamt-Devisenreserven in Prozent

Bank of England verkauft ebenfalls Gold

Dass die Bank of England (BOE) bereits in der Vergangenheit ein schlechtes Timing bei der Veräußerung ihres Zentralbank-Goldes bewies, ist bekannt.

Die Absicht der britischen Regierung, die Hälfte ihrer Goldreserven zu verkaufen und den Erlös in Fremdwährungseinlagen, einschließlich Euro, zu reinvestieren, wurde am 7. Mai 1999 öffentlich gemacht, als der Gold-Spot-Preis nahe seines Zwanzigjahrestiefs bei 282,40 US-Dollar pro Unze notierte.

Für diese Entscheidung war der damalige Schatzkanzler und spätere Premierminister Gordon Brown verantwortlich, auf dessen Weisung die Bank of England (BOE) handelte. Daher ging dieses finanzielle Desaster für die BOE und den britischen Steuerzahler auch als „Brown's Bottom“ bezüglich des Goldpreises in die Geschichte ein.

Wobei die gesamte Vorgehensweise damals stark zum Nachteil der Erlöse beitrug: So erfolgte eine kontraproduktive Vorankündigung der umfangreichen Verkäufe, die den Goldpreis bis zur ersten Auktion am 6. Juli 1999 noch weiter nach unten trieb.

Da viele Goldhändler Leerverkäufe tätigten, erreichte der Goldpreis am 20. Juli 1999 seinen bis heute gültigen Tiefpunkt von 252,80 US-Dollar pro Unze.

Das Vereinigte Königreich verkaufte schließlich etwa 395 Tonnen Gold über 17 Auktionen von Juli 1999 bis März 2002 zu einem Durchschnittspreis von etwa 275 US-Dollar pro Unze, was einem damaligen Gegenwert von 3,5 Milliarden US-Dollar entsprach.

Heute wären diese 395 Tonnen Gold 21,8 Milliarden US-Dollar wert, also mehr als das Sechsfache.

Nun verkaufen die Briten erneut Gold. Und dass in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht, die britische Regierung de facto nach der Rücktrittsankündigung von Boris Johnson führungslos ist, Großbritannien mit den Folgen des Brexit zu kämpfen hat, die Wirtschaft in eine Rezession abzudriften droht und die Inflationsrate im Juni auf Jahresbasis auf 9,4 Prozent und damit den höchsten Stand seit 40 Jahren emporschnellte.

Goldbestände der Bank of England BoE

Da wie bei der Ukrainischen Zentralbank der Anteil der Goldreserven auch bei der BOE mit ca. 10 Prozent gemessen an den gesamten Währungsreserven relativ gering ist, liegt auch hier die Vermutung nahe, dass es der BOE um die Erhöhung des Angebots an Gold auf dem Weltmarkt ging und nicht um die reine Devisenbeschaffung. Dies wäre günstiger und schneller durch die Veräußerung von Fremdwährungen, wie dem US-Dollar möglich gewesen.

Die Goldverkäufe erfordern einen höheren Aufwand und bringen letztendlich auch nur US-Dollar als Erlöse ein, über die die BOE aber ohnehin reichlich verfügt.

Gold ist ein klassischer Krisen- und Inflationsindikator und daher auch ein „politisches Metall“. Langfristig haben die Versuche, den Goldpreis durch gezielte Verkäufe in Krisensituationen und damit einhergehenden Preisrückgängen als „Sicheren Hafen“ zu diskreditieren gleichwohl nie gefruchtet.

Quellen: Zentralbanken, Bank of England, Federal Reserve Bank of St. Louis, Internationaler Währungsfonds (IWF), Weltbank, World Gold Council (WGC), Gold.org
Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Ed P. | 21.07.2022, 14:33 Uhr Antworten

„Politisches Metall“. So ist es. Die Politik, die die gegenwärtige Misere zu verantworten hat, hat überhaupt kein Interesse daran, dass der Goldpreis-Indikator in die "falsche Richtung" weist (Anstieg). Immerhin haben sie wohl echtes Gold verkauft und nicht irgendwelche Zettel, auf denen ein Goldbesitz verbrieft ist, von dem kein Mensch wirklich sagen kann, ob dieses ganze Gold real wirklich existiert. Dieser Umstand macht den Verkauf im derzeitigen Umfeld umso erstaunlicher. Sie gewinnen damit jedoch nur wieder etwas Zeit. Ewig werden sie reale Werte jedoch nicht zugunsten der angeschlagenen Währungen drücken können - und das wissen sie auch. Dann werden sie vermutlich über Abgaben und Steuern verstärkt auf das Eigentum der Bürger zugreifen. Politiker verbocken es und die Bürger wird man es am Ende übelst ausbaden lassen. Jede Wette!

3 Antworten an Ed P. anzeigen
von Lupe | 23.07.2022, 16:31 Uhr Antworten

Gestern noch haben die Russen Verträge zur ukrainischen Getreide Ausfuhr über den Hafen von Odessa unterzeichnet. Und heute wird der Hafen von Odessa von russischen Marschflugkörpern angegriffen.

Wie "krank" kann nur so eine politische Führung im Kreml sein......
Es wird der Tag kommen und diese "Kranken" werden ihre gerechte Strafe erhalten.......
Ich hoffe dass das russische Volk den Vollzug der Bestrafung selber durchführt......





von Jack the Knife | 21.07.2022, 10:45 Uhr Antworten

Ja, morgen wird der Goldpreis sein Tief machen und dann, aber dann wirklich, wirklich !, versprochen, dann aber wirklich durchstarten..Aber ggf auch erst in ein paar Jahren wenn ...also wenn wieder irgendwas eintritt..falls nicht, dann halt nicht...aber irgendwann bestimmt...

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