GOLD | 1.957,19 $/oz | 1.812,16 €/oz | 58,26 €/g | 58.262 €/kg |
SILBER | 23,10 $/oz | 21,39 €/oz | 0,69 €/g | 687,70 €/kg |
Seit Mitte Dezember steigen die Spot-Preise für Gold in US-Dollar wieder an und liegen aktuell bei 1.832 US$/Unze (31,1 Gramm). Somit konnten die Notierungen vom Zwischentief am 15. Dezember 2021 um 54 US-Dollar bzw. 3,05 Prozent zulegen.
Im Vergleich zu anderen Rohstoffpreisen ist das zwar wenig spektakulär, in Anbetracht der verbalen Ankündigung einer raschen Zinswende in den USA hat dieser Anstieg gleichwohl viele Anlageexperten positiv überrascht.
Im Zuge der Aufwärtsbewegung konnte das gelbe Edelmetall die charttechnisch wichtigen gleitenden Durchschnitte (SMA 50 und SMA 200) nach oben überwinden. Ebenso wie die horizontale Widerstandslinie bei 1.832 US$/Unze, auf die der Kurs aktuell punktgenau wieder zurücksetzt.
Mit dem gestern erreichten Preisniveau ist Gold aber auch an den mittelfristigen Abwärtstrend der Korrekturbewegung seit August 2020 (rote gestrichelte Linie) herangelaufen und zunächst abgeprallt.
Die Oszillatoren (Stochastik und Relative Stärke/RSI) haben noch etwas Luft nach oben. Der Goldmarkt erscheint damit aus technischer Sicht zumindest noch nicht stark "überkauft" zu sein.
In der Gemeinschaftswährung gerechnet notiert der Goldpreis pro Feinunze aktuell bei 1.626,42 Euro.
Nach wie vor entwickelt sich der Goldpreis in Euro besser als in US-Dollar. Das liegt an der relativen Schwäche der Gemeinschaftswährung gegenüber der Weltleitwährung. Mit für diese Schwäche des Euro verantwortlich ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die im Gegensatz zu ihrem US-Pendant (Fed) keinerlei ernsthafte Schritte unternimmt bzw. ankündigt, um die Inflationsdynamik einzudämmen.
Für Anleger in der Eurozone und damit auch in Deutschland ist ein Goldinvestment daher bedingt durch die Wechselkurse und die gegensätzliche geldpolitische Ausrichtung der jeweiligen Zentral- bzw. Notenbanken aktuell interessanter als für US-Anleger, die in Zukunft zumindest wieder auf steigende Zinsen hoffen können. Ob diese Hoffnung berechtigt ist, dazu gleich mehr.
Zunächst aber zum Silberpreis, der ähnlich wie sein großer Edelmetallbruder im Zuge des jüngsten Kursanstiege an wichtige Marken herangelaufen ist. Mit knapp 24,40 US-Dollar pro Feinunze notiert das weiße Edelmetall aktuell nur knapp unter dem wichtigen gleitenden 200-Tage-Durchschnitt (rote Linie | SMA 200), der aktuell bei 24,63 US$/Unze verläuft.
Kurz darüber befindet sich die obere Kante des Abwärtstrendkanals im Zuge der Konsolidierungsformation, die bereits seit knapp einem Jahr besteht.
Anders als beim Goldpreis weisen die Oszillatoren bei Silber wegen des höheren Anstiegsmomentums bereits auf einen kurzfristig "überkauften" Markt hin. In Kombination mit dem Abprallen an der 200-Tage-Linie und der sehr nahe liegenden Abwärtstrendlinie besteht bei Silber aus charttechnischer Sicht ein erhöhtes Risiko für Kursrücksetzer bis in den Bereich der 50-Tage-Linie hinein.
Silber entwickelt sich in Euro aus den oben genannten Gründen ebenso wie Gold besser als in US-Dollar. In der Gemeinschaftswährung kostet eine Feinunze aktuell ca. 21,63 Euro. Auch im Euro-Chart trifft das weiße Edelmetall auf einen bedeutenden Widerstand: Bei 21,84 EUR/Unze verläuft die obere Begrenzung der Korrekturbewegung seit August 2020.
Reicht die Kraft der aktuellen Aufwärtsbewegung aus, um die diversen charttechnischen Widerstände bei Gold und Silber zu überwinden oder muss man sich auf einen signifikanten Preisrücksetzer gefasst machen?
Als Anlageform ohne regelmäßige Kapitalrückflüsse in Form von Zinsen, Dividenden, Mieten oder Pacht reagieren Edelmetalle sehr sensibel auf Veränderungen des Zinsniveaus. Insofern waren viele Anlageprofis überrascht, dass die Edelmetallpreise zuletzt trotz der gestiegenen Zinsen für Staatsanleihen in den USA und Europa zulegen konnten, wohingegen die großen Aktienindizes Schwäche zeigten.
Zunächst einmal ist aus rein saisonaler Sicht der Jahresauftakt für die Entwicklung der Edelmetallpreise in der langfristigen Betrachtung generell positiv. Das gilt für Silber zeitlich und prozentual sogar noch ausgeprägter als für Gold. Das gelbe Edelmetall zeigt bis Ende Februar eine positive Saisonalität.
Für die Entwicklung des Silberpreises ist die Zeit von Mitte Dezember bis Anfang Mai mit kurzen Unterbrechungen die beste Zeit in einem kompletten Jahreszyklus.
Allerdings existieren gerade für das monetäre Edelmetall Gold aber auch für Silber neben der Charttechnik und der Saisonalität andere wichtige Einflussfaktoren auf die Nachfrage und damit den Preis.
Sehr wesentliche Impulse, die die jüngsten Kursanstiege mit trugen waren die Folgenden:
Dies taten sie, wie die jüngsten Zuflüsse in Gold-Fonds (ETFs) und die sehr hohen weltweiten Verkaufszahlen bei Münzen und Barren zeigen, auch mit physischem Gold – dem Kriseninvestment schlechthin.
Interessant ist, dass die Kryptowährungen, wie z. B. Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH) oder Solana (SOL), dieser Funktion zumindest aktuell nicht gerecht werden und zusammen mit den Aktienmärkten deutlich Schwäche zeigen.
Das Maß an Verunsicherung an den Finanzmärkten ist momentan wegen der gleichzeitig auftretenden Risiken ungewöhnlich hoch und bildet sich für viele überraschend auch nicht wieder zurück. Dies gilt auch für die Entwicklungen am chinesischen Immobilienmarkt mit der drohenden Pleite diverser Immobilienentwickler mit ausstehenden Schulden in Höhe von 2 Billionen US-Dollar allein bei den 10 größten der Branche (davon 304,5 Milliarden US-Dollar bei Evergrande).
Zur Einordnung: Die gesamten Devisenreserven Chinas inkl. Gold umfassen aktuell 3,25 Billionen US-Dollar.
Dazu kommt als Risikofaktor noch die Energiekrise sowie anhaltende Lieferkettenunterbrechungen. Beides führt dazu, dass sich gerade eine Inflationsdynamik entwickelt, die sich wegen der bereits einsetzenden Lohn-Preis-Spirale, v. a. im angelsächsischen Raum, als nachhaltiger entpuppt als erwartet.
Die Zins- und Liquiditätsfalle, in der die Zentral- und Notenbanken sitzen und die durch ihre Handlungsunfähigkeit zum Ausdruck kommt, ist in dieser ausgeprägten Form sehr auffällig und führt ebenfalls zu steigendem Absicherungsbedarf.
Wie brisant die Lage ist, verdeutlicht folgende Zahl: Im Dezember 2021 stiegen die Erzeugerpreise in Deutschland, die den Konsumentenpreisen zeitlich vorauslaufen, laut DeStatis auf Monatsebene um 5 Prozent und auf Jahresebene um 24,2 Prozent an.
Eine derartig starke Verteuerung der Preise in der Industrie auf breiter Ebene über nahezu alle Kostenkategorien hinweg gab es seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1949 noch nicht.
Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut ifo mit Sitz in München wollen fast drei Viertel der befragten deutschen Unternehmen erst in diesem Jahr beginnen, diese Preissteigerungen auch an ihre Kunden weiterzugeben.
Diese zunehmende Erkenntnis in Sachen Inflationsaussichten trägt wesentlich zur aktuellen Nachfragestärke bei den Edelmetallen nicht nur in Deutschland bei.
Da der Markt für Gold und Silber kurzfristig sehr stark durch spekulativ motivierte Akteure dominiert wird, muss wegen der technischen Verfassung des Marktes, also primär wegen der erreichten Widerstände sowie der "Überkauftheit" mit Preisrücksetzern gerechnet werden.
Es stellt sich in Anbetracht der Gemengelage für Anleger allerdings die Frage nach der Alternative. Wer Gold und Silber physisch als Vermögensabsicherung und langfristige Kapitalanlage hält, für den macht ein Verkauf aktuell keinen Sinn.
Die Anleger sind konfrontiert mit historisch hohen Verbraucherpreissteigerungen, die die Zentralbanken wegen ihrer Rücksichtnahme auf Schulden- und Vermögenspreisblasen nicht adäquat bekämpfen können.
Gleichzeitig droht eine wichtige Säule des chinesischen Wirtschaftswunders, das Aufpumpen einer gigantischen Immobilienblase, wegzubrechen. Verhindert werden kann dies nur durch bereits begonnene Gegenmaßnahmen wie erneute Zinssenkungen, noch mehr Liquidität, noch billigere Immobiliendarlehen und neue schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme.
In Europa ist die Ohnmacht der Zentralbank (EZB) gegenüber der Inflation ebenfalls offensichtlich. Auch hier gilt es für die Geldpolitiker in der Vergangenheit aufgebaute Schuldenexzesse zu prolongieren, um einen Kollaps der Schuldner zu verhindern. Das hat für die EZB eine deutlich höhere Priorität als die Verteidigung der Kaufkraft des Euro.
In den USA kündigt die zuständige Notenbank Fed zwar aktuell vollmundig eine Trendwende bei der Bilanzausweitung (Gelddruckorgie) und den Zinsen an, aber ob und wie lange diese Wende realisiert werden kann, ist höchst fraglich. Denn die Schuldenproblematik, die die EZB, die Bank of Japan sowie die Peoples Bank of China und andere zum Festhalten an ihrer desperaten Geldpolitik zwingen, gilt ebenso für die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA.
Der zeitliche Zusammenhang zwischen der anstehenden Verlängerung der Amtszeit des Fed-Chefs Jerome Powell und seinem Umschwenken in Sachen Inflationsausblick auf Druck des Weißen Hauses war sehr auffällig. Der US-Präsident leidet unter schwachen Umfragewerten und widerspenstigen Senatoren aus dem eigenen Lager, die seine politische Agenda torpedieren.
Der Kurs auf den Jerome Powell die Fed nun auf Druck des Präsidenten geführt hat, ist also rein politisch motiviert. In der Realität reagieren die Aktien- und Hypothekenmärkte aber bereits äußerst nervös – noch bevor es überhaupt zur ersten Zinserhöhung durch die Fed gekommen ist.
Dies ist auch kein Wunder bei einer Gesamtverschuldung der USA in Höhe von aktuell 86,3 Billionen US-Dollar (US Total Debt) und einer daraus resultierenden jährlichen Zinsbelastung in Höhe von 3,325 Billionen US-Dollar, die zu über 90 Prozent in die Taschen weniger Superreicher fließt.
Demgegenüber steht ein US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von geschätzten 23 Billionen US-Dollar (Quelle: Statista | Schätzung: Bureau of Economic Analysis). Damit beträgt die Gesamtschuldenquote in den USA in Relation zum BIP 375 Prozent. Ein für Friedenszeiten einmalig hoher Wert.
Das bedeutet im Klartext, dass jede Zinserhöhung durch die US-Fed nicht nur die Blasen am Aktien- und Immobilienmarkt gefährdet, sondern auch zu einer schmerzhaften Erhöhung der Zinslast für die privaten und öffentlichen Haushalte führt.
Da die negativen Reaktionen an den Märkten und in der US-Volkswirtschaft bereits jetzt sichtbar werden und sich sehr schnell verstärken können, wird Jerome Powell den geldpolitischen Sonderweg der Fed nur für eine stark begrenzte Zeit durchhalten können.
Dies wird vor allem für seinen Boss, den US-Präsidenten, eine bittere Lektion: Die Vermeidung eines Schuldenkollaps hat eine wesentlich höhere Priorität als die Inflationsbekämpfung und seine politischen Ambitionen.
Für den nächsten Preisschub bei Gold und Silber wird der Zeitpunkt entscheidend sein, ab dem die Fed die Kontrolle über ihren aktuellen und zum Scheitern verurteilten Sonderweg unter den großen Zentral- und Notenbanken verliert. Also wenn die Aktienmärkte um mehr als 15 Prozent einbrechen (beim S&P 500 sind es bereits 7,3 Prozent).
Sobald klar ist, dass es erneut in Sachen Normalisierung der Geldpolitik bei leeren Versprechungen bleibt, ist der Weg für die Edelmetallpreise nach oben frei. Ob die Kurse bis dahin noch einmal korrigieren oder nicht, spielt insofern keine Rolle, weil das Timing aus Sicht eines Anlegers fast unmöglich und die Gesamtgemengelage bereits zu brisant ist.
Time to press the (buy) button.
Copyright © 2009-2023 by GOLD.DE – Alle Rechte vorbehalten
Konzept, Gestaltung und Struktur sowie insbesondere alle Grafiken, Bilder und Texte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Missbrauch wird ohne Vorwarnung abgemahnt. Alle angezeigten Preise in Euro inkl. MwSt. (mit Ausnahme von Anlagegold), zzgl. Versandkosten, sofern diese anfallen. Verfügbarkeit, Abholpreise, Goldankauf und nähere Informationen über einzelne Artikel sind direkt beim jeweiligen Händler zu erfragen. Alle Angaben ohne Gewähr.